Donnerstag, 220630

Meine Reisetaschen stehen bereits im Wohnzimmer, aber noch ist nichts entschieden. Am Nachmittag bin ich wieder in der Klinik. Mutter sagte am Telefon, Vater dürfe morgen wieder heim, die Schwester auf Station meint dagegen, mal sehen, CT stünde noch aus. Kaum bin ich im Zimmer, wird er auf den Flur gerollt, zum Transport in die Radiologie, am anderen Ende der Klinik. Wir warten auf den Transporteur, wir kennen uns schon. Ein kräftiger Kerl, der in seiner Zweidrittel-Stelle am Tag ca. 12 Km macht, im Stechschritt. Es geht über den Aufzug in den Keller und quer durch das marode Geschoss, die Klinik steht kurz vor dem Umzug in einem Neubau andernorts. Warten vor der Radiologie, Vater schimpft über das ständige warten. Im Prinzip ein Zeichen allmählicher Erholung, die Menschen auf Station nehmens gelassen, sie sind einiges gewohnt.

Wieder auf Station frage ich den behandelnden Arzt, ob er schon etwas sagen könne, aber es dauert noch, die Bilder gehen erst zu den Radiologie-Ärzten und von dort auf Station. Morgen wisse man mehr, wir vereinbaren einen Telefon-Anruf. Wenn nichts gravierendes dagegen spräche, könne Vater morgen heim. Ich bleibe noch eine Weile, erfahre, dass er Hilfe beim waschen bekam, mal sehen, wie das daheim weiter geht. Schluckauf hat er wieder, beim letzten Mal haben sie ihn schon diesbezüglich untersucht, Magenspiegelung eingeschlossen, ohne Befund. Psychosomatisch, meinen sie. Ich sage, warte mal ab, bis du in ein paar Tagen daheim zur Ruhe kommst, das gibt sich. Benommen mache ich mich auf dem Heimweg.

Zuhause halten wir Rat. Die Liebste sagt, wir bleiben hier. Alles so unsicher, Ruhe würde ich keine finden und sie hätte auch keine Freude an mir, dann. Sie kennt mich, und so entscheiden wir uns, zu bleiben. Mutter ist erleichtert, obgleich sie es sehr schade findet. Aber es fühlt sich für mich richtig an, das allein zählt. Die Wahrscheinlichkeit, dass er in ein paar Tagen erneut fällt, ist nicht gering, hatten wir alles schon. Und wieder höre ich diese Worte: Ich tue meine Pflicht, sagt sie. Das sage ich auch oft, meine ich, und dass es schon etwas mehr wäre. Wir sprechen über vergangenes, das angesichts seines Zustandes mehr und mehr verblasst. Vergebung geht, vergessen niemals, darin sind wir uns einig.

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Es fehlen ein paar Dinge und wir machen uns gemeinsam auf in die Stadt. Hunger stellt sich ein und wir beschließen, irgendwo einzukehren. Gar nicht so einfach, Laden 1 will uns einen Katzentisch anbieten, Danke nein. Laden 2 ist leer, an der Wand steht was von Flammkuchen, aber der Kellner meint, Koch krank und die tägliche Lieferung sei auch ausgeblieben. Schlussendlich kehren wir in eine uralte Studentenkneipe ein, die sich tatsächlich über die Jahrzehnte behaupten konnte. Ein freie Tisch wartet auf uns, weiter hinten, wir nehmen Platz. Es ist laut und voll, alles redet durcheinander und ich höre ein paar despektierliche Bemerkungen über den Umstand, dass ich offensichtlich der einzige Maskenträger hier bin. Ein dummes Lied fällt mir ein und eine komische Pflanze. Eine Weile sitzen wir da und warten auf das Essen, das alsbald kommt und so langsam entrollen sich die Blätter der komischen Pflanze wieder.

Das folgende wäre so nie geschehen, hätten wir uns entschieden zu fahren. In dem Fall hätten wir ein Restefest aus dem Kühlschrank gestartet und ansonsten Zeug zusammengesucht. Und auch der Katzentisch sowie der leidende Koch aus Laden 2 passen in das Bild, wir sollten genau dort sein, wo wir letztendlich landeten. Während wir noch auf den Espresso warten, steht urplötzlich eine junge Frau vor uns, begrüßt uns freudestrahlend, fragt, wie es uns geht. Die Liebste ist ratlos und selbst brauche ich einen kleinen Moment. Diese Augen. Es sind die Augen der Mutter meines Sohnes, der Halbschwester meines großen Kindes, zu der ich seit damals aus vielerlei Gründen keinen Kontakt mehr habe. Eine Passage in meinem (nassen) Leben, die ich nicht ungeschehen machen kann und für die ich mich immer noch schäme. All dies ist für einen Moment nicht existent, ich stehe auf und wir nehmen uns herzlich in die Arme. Sie ist mit einer Freundin dort, am Nachbartisch, ich hätte sie nicht erkannt, wäre sie nicht auf uns zugegangen. Wir wechseln ein paar freundliche Worte, bevor sie wieder Platz nimmt und ich spüre, wie mir die Augen feucht werden.

An der Stelle schließt sich in mir innerlich ein Kreis. Vergebung und vergessen. Sie wird niemals vergessen, aber diese Augen lassen auf Vergebung schließen. Ich bin tief bewegt – was für eine Zeit!

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Mittwoch, 220629

Gespannte Ruhe. Schnelltest, Umhergemurkse beim schlussendlich erfolgreichen herunterladen des Ergebnisses. Urlaub-Storno ins Auge gefasst. Geld, viel Geld wäre weg. Geld ist wichtig, hat er gesagt. Deswegen müsse ich immer arbeiten gehen, weil, wenn ich mit meinem Lebenswandel ein Sozialfall würde, kämen sie zu ihm und nähmen ihm alles weg. Wo ich so hinkäme, mit einem solchen Lebenswandel, dem ich prinzipiell nicht abgeneigt war, das interessierte nur peripher, wenn überhaupt. Kam ich nicht hin, wo ich hätte hinkommen können, Gott sei Dank. Und er? Realisiert so langsam, dass Geld nicht alles ist.

Sonst so?

Drama auch zuhause. Die Katzenfriseuse war da, die Jungkatze neigt zum filzen, da helfen irgendwann auch Kamm und Bürste nicht mehr weiter. Die mag sie nicht sonderlich und da, wo der Einsatz am nötigsten wäre, überhaupt mal gar nicht. Also muss alljährlich geschoren werden, unter Einsatz von leichter Sedierung, die Friseuse möchte nach getaner Arbeit ja auch noch halbwegs nett ausschauen.

Und – das Ergebnis:

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Dienstag, 220628

Kein Rollator da, sagt die Dame am Empfang der Notaufnahme, in der sich mein Vater befinden soll. Die Bude ist rappelvoll mit allerlei Volk, Verband hier, Aua dort, ich stehe eine knappe halbe Stunde an und bin dankbar, selbst nix zu haben. Neben mir steht der Koffer, den Mutter immer griffbereit hat, für solche Fälle, die in Takt und Folge allmählich an Fahrt gewinnen. Rein darf ich nicht, frage, wie es ihm geht. Ansprechbar, sagt die junge Dame, kann sich an nix erinnern aber meckern ginge wieder. Da ist ja noch Hoffnung, sage ich und grinse. Sie gibt mir eine Mailadresse für Dokumente wie Medikationsplan, Vollmachten, Verfügungen und so weiter. Kopfverletzung, sagt sie, nix dolles. Einblutungen auch wieder, aber nicht OP-bedürftig. Sie wollen ihn in eine Herzklinke verlegen, Pumpe angucken. Ich bedanke mich und verschwinde.

Mit Mutter stehe ich telefonisch in Kontakt, erfahre, dass das Herzzentrum sich bei ihr gemeldet hätte. Ausländischer Arzt, sie hört eh schlecht und versteht kaum ein Wort. Der Rollator sei wundersamer Weise wieder aufgetaucht, aber nun ist der Koffer weg. Dokumente gibt es auch keine.

Ich telefoniere selbst mit der Klinik. Warteschleife, verbunden mit Station und abgewimmelt, keine Zeit, halbe Stunde bitte. Ok. Kann ich verstehen und füge mich, um 30 Minuten später rückzurufen, die Durchwahl habe ich. Der Koffer sei da, sagt sie. Wie es ihm geht? Unruhig. Na klar, denke ich, wenn der selbsternannte Mittelpunkt der Welt nicht sofort, auf der Stelle und gefälligst zielführend behandelt wird, dann wird er eben unruhig. Das sage ich der Schwester am Telefon natürlich nicht, verkneife mir auch, ihr noch viel Freude mit meinem Vater zu wünschen. Anstelle dessen vereinbare ich einen Besuchstermin. Heute Nachmittag, eine Person, eine Stunde, nur mit Termin, abgesprochen mit Station, und natürlich einem aktuellem Schnelltest, nicht älter als 24 Stunden. Dokumente abliefern und nach dem rechten sehen. Paar mehr oder weniger aufbauende Worte da lassen und Mutter informieren. Sein Phon ist auch weg oder leer, jedenfalls ist er persönlich nicht erreichbar. Mensch kann mit Sturheit sehr alt werden, um dann doch möglicherweise an selbiger zu sterben. Kein Widerspruch in sich, nur ein Seil mit zwei Enden.

Geil, denke ich. Wenigstens hat er mit dem neuesten Umfaller gewartet, bis ich Urlaub habe, auf das ich keine kostbare Arbeitszeit verpasse. Sein Verdienst, dass mir diese kostbar ist, bis heute. Das klingt im übrigen negativer, als es gemeint ist.

Tja. Wie hieß das in der Kack-Werbung? TUI – schöne Ferien. Man wird sehen, erst mal das meine tun.

Sonst so?

Mache ich sonst nicht mit, aber heute juckt es.
Zeichenzähler

Sprichwörter gehen ihm auf die Nerven, vor allem altväterliche. Der vom Krug zum Beispiel, der solange zum Brunnen geht, bis der Apfel vom Baum fällt. Muss noch nicht einmal ein Springbrunnen sein, die können eh nicht so weit springen, wie der Name rückschließen lassen könnte. Und überhaupt – wie alt muss ein Vater eigentlich werden, bis er glaubhaft ins Reich der Sprüche eingeht? Wer denkt sich solche Bezeichnungen eigentlich aus? Alter = Weisheit? Er muss schief grinsen. Manches Alter hat eine Menge Atemzüge voraus, sonst eher wenig. Was manche Greise so absondern, denkt er und hofft auf Gnade für sich selbst.

Und – weil es gut passt, nicht nur für heute:

AA GEDANKEN ZUM TAG
28. JUNI

Du kannst dir selbst den schlagenden Beweis dafür liefern, wie sehr dein Leben deiner eigenen, inneren Haltung entspricht, Versuche nur einmal, dich daran zu erinnern, was dich vor einer Woche am meisten beunruhigt hat. Wahrscheinlich fällt dir das schwer. Warum also dann sich unnütz über Probleme aufregen oder ärgern, die heute auftauchen? Ändere statt dessen lieber deine Einstellung zu ihnen, indem du dich mitsamt deinen Sorgen in Gottes Hand begibst und fest darauf vertraust, daß sich alles zum Besten fügen wird.

Hat sich meine innere Einstellung gewandelt?

MEDITATION

Du kannst nicht in die Zukunft sehen. Und das ist ein wahrer Segen. Du könntest es nämlich nicht ertragen, die ganze Zukunft zu kennen. Darum enthüllt Gott sie dir nur von einem Tag zum anderen. Dein Tag sollte stets damit beginnen, dass du Gott deinen Willen darbietest und ihn entscheiden lässt, was gut für dich ist. Sei gewiss, wenn du ihm vertraust, wird sein Tun nur zu deinem Besten sein. Sodann musst du fest davon überzeugt sein, dass bei Gott kein Ding unmöglich ist. In seiner Macht steht, alles ja das schier Unmögliche in deinem Leben zu vollbringen. Darum überlass getrost alles andere ihm.

GEBET

Ich bete, dass ich meine Zukunft bereitwillig in Gottes Hand belassen möge. Ich bitte, dass ich zuversichtlich der guten Dinge harre, die auf mich zukommen werden, solange ich auf dem richtigen Weg bin.
Quelle

Was gelegentliche Anfälle von Sarkasmus nicht ausschließt…
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Montag, 220627

Magischer Realismus, las ich gerade bei der Familienbande. Habe ich noch nie gehört, was mir aber oft so geht, mit meiner ausbaufähigen Halbbildung. Magischer Realismus also, eine Stilrichtung der Kunst, in der Malerei ebenso anzutreffen wie in der Literatur. Kennzeichnend ist die Vermengung von Realität und Phantasie, bildhaft oder verbal. Das spricht mich sehr an, weil es sich trefflich ins Emotionale, in die Wahrnehmung unserer selbst und der Welt übertragen lässt. Erweitert den Fokus und schürt die Hoffnung, dass daraus etwas Neues entstehen möge, im Idealfall besser als das alte. Realität + Phantasie schaffen in der Summe mindestens Visionen, zünden manchmal Ahnungen, wie etwas werden könnte. So mag ich den Konjunktiv 🙂

Sonst so? Schuhe einlaufen, auch bei fragwürdiger Wetterlage.

Die alten düsteren Steine laden zum träumen ein, einmal mehr. Rapunzel fällt mir ein, und Hölderlin. Klar haben die zwei nicht viel gemein, von ihrem mehr oder weniger unfreiwilligen Habitat mal abgesehen. Einer ging freiwillig in einem Turm, und es bekam ihm nicht sonderlich. Hauptsache, er selbst war bekömmlich, am Ende, das verrät uns die alte Legende nicht. Aber immerhin ein drastisches Beispiel, wie extremer Zynismus zum Verursacher zurückkommen kann.

Da bleibe ich lieber bei der magischen Realität.
Ohne Turm.
~

Sonntag, 220626

Ein loser Start in den Tag, allein mit den beiden Fellnasen. Hat auch seine Vorzüge in Sachen Zeiteinteilung. Die kommenden freien Tage machen sich darüber hinaus mit einer gewissen Leichtigkeit und auch Gleichgültigkeit bemerkbar. Wer mich näher kennt, weiß, das ist relativ zu sehen, je nach Temperament und inneren Zuschnitt. Eine Feder lebt Leichtigkeit in ihrem Flugspiel im Wind, ein Fels freut sich, wenn ihn die Sonne wärmt und Eidechsen auf ihm dösen. Meine Leichtigkeit ist jetzt gerade, die Wohnung mal so zu lassen, wie sie gerade ist, mit einer Menge Katzen-, Kopf-, und anderen Haaren. Fünfe werden dadurch nicht gerade, aber man kann ja mal so tun, als ob.

Die Zeit nutze ich, neue Wanderschuhe einzulaufen und nebenbei ein paar Bilder zu machen.

Zeit fließt, Katzen dösen,
Gedanken irrlichtern und lösen sich auf.

Und – Fundstück nächtlicher Wühlaktionen. Manchmal kann ich es nicht glauben, die eine oder andere Kapelle noch nicht gekannt zu haben, bis dahin. So wie die hier, Social Distortion, soziale Verzerrung – genannt auch Social D. – passt immer noch gut in die Zeit (Tschulligung, Leichtigkeit). Die gibt es tatsächlich schon seit Ende der 70er und sie machen immer noch Musik. Der Sänger ist mein Jahrgang und hat eine spannende Lebensgeschichte. Jedenfalls mag ich sein Auftreten und sein 1A-Genuschel. Das Filmchen ist 25 Jahre alt, neuere Bilder zeigen durchaus auch die Zähne der Zeit.

Love is a burning thing…

Zum Schluss – Danke, Roman Pestak, für unten stehende Zeilen.
Für ein dünnes Grinsen reicht es derweil schon.

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Samstag, 220625

Urlaubszeit, seit gestern – was heißt, ein recht loser Tagesrhythmus und kein Wecker. Politik beschäftigt mich, es juckt zum schreiben, Stichworte Abhängigkeiten, von militärischen Schutz, von Energie, von inneren Frieden. Das lasse ich jetzt, vielleicht später, ich mag mir nicht den Morgen verderben.

Innerer Friede ist ja nicht nur gesellschaftspolitisch ein Begriff, sondern lässt sich trefflich aufs Individuum herunterbrechen. Das ist naheliegend, in diesen Zeiten. Ich mag Orte, die dabei unterstützen können, eben jenen inneren Frieden wieder zu sammeln. So wie diesen hier:

Need no attachment
My mind at ease
My mind at ease
My mind at ease
Gotta find my inner peace

Und – dann wäre noch die hier. Darf nicht fehlen. Sie weiß, dass sie da nicht hin soll. Allein es ist ihr Wurscht. Sie tut es dennoch, guckt frech und kommt heraus, wann es ihr beliebt, die Lilith, dunkle Seite des Mondes …

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Donnerstag, 220623

Wieder ein 23ster, meine Schicksalszahl. Der Sohn hat an einem 23sten Geburtstag, seine Mutter dito. Dann hat es noch den gleichnamigen Kultfilm und, ganz wichtig, den Psalm 23. Der regte einst auch große musikalische Geister an, und sei es nur für Schmähtexte, wie in dem Song „Sheep“ von Pink Floyd. Dennoch ein tolles Lied von einem tollen Album – mein erstes, anno 1977. Das erste von allen anderen Studio-Alben der Kapelle, bevor mich Jahre später härtere musikalische Spielarten begeisterten.

Musik & Geburtstage. Campino hatte gestern, noch so ein 60ster. Wir sind gemeinsam alt geworden, jeder auf seine Art. Auch, wenn du das nie ernsthaft in Erwägung gezogen hast, je deinen 60sten feiern zu können, alles Gute nachträglich!

Und noch einer hat Geburtstag, heute punktgenau. Hannes Wader wird 80, hätte er selbst wahrscheinlich auch nie gedacht. Herzlichen Glückwunsch, Held meiner Jugend, Monsieur Rotzig 🙂

Ein Lied, für das heute jeder in der Luft zerrissen würde, von Tierschützern und Feministen gleichermaßen mindestens gevierteilt. Ich find es toll, immer noch, sorry, meine Damen 🙂

Ene mene Mackel – die Sau machts mit nem Dackel

Sonntag, 220619

Doof aufm Ohr, Neugier & Nachhaltigkeit

Es hat Tradition, dass ich abgelegte Mobilphone übernehme, Resteverwerter, der ich sein kann. Und so kam ein Samsung A50 zu mir, zu schade für die Schublade und mit mehr Speicher ausgestattet als mein altes (!) S7. Alles wunderbar, es hat eine Migrations-App, die meine alten Einstellungen auf das neue Phon transferiert. Bis der erste Anruf kommt, es soll ja tatsächlich noch Menschen geben, die lieber reden als schreiben wollten, und das sogar in Echtzeit, also nicht als Sprachnachricht. Klassischer Dialog! Mein Headset hatte ich schon ausprobiert, das ging. Den Lautsprecher am Phon auch, in Ordnung. Wer nun aber weder die Ohrplöppel parat hat noch das versammelte soziale Umfeld an dem Gespräch teilhaben lassen möchte, der muss sich das Brikett ganz altmodisch ans Ohr halten. Und – ich höre kaum was, trotz hektischem Gefummel an dem Lautstärkeschieber. Also laut gestellt und erst mal kurz die Einsamkeit gesucht – und danach frustriert das Phon rückgetauscht. Kommt Zeit, kommt der passende Gedanke, meistens.

Erste Frage – wie heißt das Ding überhaupt, was möglicherweise kaputt sein könnte? Ohrhörer, Ohrmuschel, Ohrlautsprecher, so in der Art. Nächste Frage, wie kriege ich raus, ob das Teil defekt ist, zumal das Phon erstmal keine Simkarte hat? Das Netz verrät eine Samsung-eigene Testfunktion, die man mit *#0*# auf der Telefon-Tastatur aufrufen kann. Eine Menge Felder zum drauf rumdrücken, natürlich alle in englisch. Versuch macht klug und der richtige Button hat die Bezeichnung „Receiver“, woraufhin ein kläglich leiser auf- und abschwellender Prüfton erklingt, Aha, da ist also noch Hoffnung, vielleicht ist das winzige Ding (im Vergleich zur S-Klasse) schlicht nur verdreckt, Ohren können ja ordentliche Keimträger sein. Nächste Frage, wie bekomme ich den Schmand da heraus, ohne die filigrane Technik zu ramponieren? Klebeband, sagt das Netz. Ne olle Zahnbürste, sehr achtsam eingesetzt, sei auch hilfreich. Am besten sei allerdings so genannter Typenreiniger, eine Naturkautschuk-Knetmasse, an der so ziemlich alles hängen bleiben soll. Kann man kaufen, hab ich aber nicht, also versuche ich mich mit Zahnbürste und Klebeband, schön vorsichtig. Siehe da, nach zig Versuchen erscheinen winzige Löcher in dem Spalt, aha. Zur Unterstützung nehme ich den Sauger, auf schwächster Stufe – damit es mir nicht das komplette Teil entkernt. Es folgt ein weiterer Selbsttest und ein WLAN-Probeanruf, siehe da, man brüllt mich regelrecht an.
Gut so.

Sonst so?

Unheimliche Begegnung hier aufm Berg gestern, ein Motorrad wie aus einem Werner-Film, Auf Nachfrage Baujahr 1946, eine uralte Indian, nackt, ohne Farbe, unbeschreiblicher Sound. Musste leider schnell gehen, daher ein wenig unscharf, aber immerhin.

Und – Foto-Session mit Jungkatze, auf mehrfachen Wunsch.
Bitteschön.

Donnerstag, 220616

Eigentlich wollte ich über so Banalitäten schreiben. Meine Blutspende gestern. Die Schlägerei auf der Gathe auf dem Weg dorthin, die ich mit dem Rad umfahren habe. Die Erkenntnis, dass dieses alte Rad nicht mehr zu mir passt. Über komische Radiobeiträge der Katholen zum Feiertag heute.

Und dann schaue ich das Filmchen weiter unten und vergesse irgendwie alles andere. Berührt mich tief im innersten, geht es doch um nichts weniger als irgendwo dazugehören, zuhause sein, seinesgleichen finden. Trauer leben, Hoffnung finden, Allein sein, All-eins sein, fliegen lernen.

I can`t change?
Ein Film über einen komischen Vogel ❤
Danke dafür, liebe Springerin.

Mittwoch, 220615

Das Befinden? Müde, kaputt, Aua hier und da. Altersgemäß halt. Son Tag für Augen auf und durch. Das ist dann jetzt so. Damit unzufrieden zu sein, ist auch keine Lösung – Perferktionswahn & Superlativen – willkommen im derangierten Ego.

Und wenn es nicht so wurde, wie es sollte, dann sollte es so werden, wie es wurde. Das anzunehmen, ist hohe Kunst, wenn Mensch von Haus aus eher anders gestrickt ist. Dann lass ich das jetzt so, dann isses halt Kacke? Zack – schon wieder ne Bewertung drin. Besser ist, es gut sein lassen., in beiden möglichen Deutungen.