Komm doch näher!

Dieser Eintrag ist Teil von Myriades Schreibeinladung für die Monate Mai-Juni 2024. Dort stehen Bilder zur Wahl, die zum schreiben animieren sollen, ebenso wie Textbausteine, die genutzt werden können, aber nicht müssen.

Ach, mein Liebster, komm doch ein wenig näher! Wenn Du etwas weniger denkst, ist deine Stirn nicht so hoch und wir haben mehr Raum, uns wirklich zu begegnen. Wie schön wäre es, würde ich deine Lippen spüren können.

Du meine Liebste, da magst Du schon recht haben. Aber allein meine Stirn ist nicht das einzige Hindernis auf dem Weg zu deinen köstlichen Lippen. Wo ich mit meiner hohen Stirn zu viel denke, misstraut deine spitze, ängstliche Nase der sinnlichen Berührung unserer Lippen.

Nachdem sie beide eine Weile so verharrten, wurden ihnen gewahr, tatsächlich nicht nur aus dem gleichen, sondern auch aus demselben Holz geschnitzt zu sein. Diese Erkenntnis macht sie beide sprachlos und sehr traurig, ihre Tränen durchweichten das Holz, aus dem sie beide gemacht wurden. Am Ende schien die Sonne derart warm auf das tränennasse Holz, das daraufhin tat, was Holz dann gerne tut – es verzog sich – auf eine Weise, die es ihren Lippen gestattete, sich ausdauernd und innig zu berühren.

Romantische Metapher, gelebte Erfahrung oder gar Kitsch?
Entscheide ein jeder für sich.

Sonntag, 231203, erster Advent

Passt irgendwie in diese besinnliche Adventszeit.

Die weiße Wand

Für B., für alle anderen, die damit etwas anfangen können, und für mich zur Erinnerung.

Zweimal in meinem Leben stand ich vor den Trümmern meiner bisherigen Glaubenssätze, meines bisherigen Verhaltens. Nicht mehr weiter zu wissen, nicht mehr vor und zurück zu können, das waren die Merkmale dieser Lebenslagen. Kapitulation, wie man sagt – ich habe aufgehört, zu kämpfen.

Das erste Mal war vergleichsweise überschaubar, es ging um nichts weniger als um weiter leben oder langsam zu sterben. Natürlich ist das Leben an sich ein langsames Sterben, es kommt halt ganz auf die Qualität dessen an. Dazu kam, dass sich mein mögliches Ende durch mein Verhalten enorm beschleunigt hatte – Alkohol- und Drogen-induzierter geistiger, emotionaler und auch körperlicher Verfall ließen irgendwann eine Entscheidung unerlässlich werden. Ich durfte mich für das Leben entscheiden, ohne einen Plan, ohne die geringste Vorstellung davon, wie ich dies trocken, abstinent und klar im Kopf, zumindest im Sinne von chemischer Unklarheit bewerkstelligen sollte.

Dies war wirklich vergleichbar mit einem Raum, aus dem ich sämtlichen alten Krempel auf die Straße schmiss, anschließend neu strich, um dann rat- und planlos vor der weißen Wand zu sitzen. Du musst jetzt raus, irgend etwas unternehmen. Versuch und Irrtum ist die einzige Wahl, wenn man keinen Plan hat. Was folgte, war eine Art Auslese. Dies möchte ich nicht, das ist nichts für mich, aber hier fühlt sich etwas gut und richtig an, also geht es da weiter. Gewähr? Gibt es keine, dafür ein unbestimmtes Gefühl von Vertrauen und Schutz, von Beistand. Bild- und namenlos, vielleicht eine Kraft, die mir immer schon beistand, ohne dass ich ihr gewahr wurde. Jedenfalls erwies sich dieses ungewohnte Gefühl als überraschend tragfähig.

Das zweite Mal war scheinbar komplizierter, auf jeden Fall vielschichtiger. Es ging um nichts weniger als meine erlernten Beziehungsmuster. Zunächst zum anderen Geschlecht und – 10 Jahre zeitversetzt – auch zum eigenen Geschlecht (was eine Geschichte für sich ist).

Ich hatte irgendwann wirklich alle Varianten des mir Vertrauten durchlebt. Ihnen gemeinsam war das Grundgefühl, nicht zu genügen, stets im Mittelpunkt von Wertung und Urteil zu stehen. Ablehnung, wechselseitige Erhöhung und Erniedrigung, Machtspiele in allen Farben. Und – bei alledem Beistand um jeden Preis, gleich wie gruselig es sich auch anfühlen mag. Damit meine ich nicht jene Treue und Beständigkeit, die beide den Boden für jede Beziehung bilden, sondern die eher degenerative Variante dessen, Vasallentreue vielleicht. Was lässt in solchen Lagen verweilen, was lässt Menschen aneinander „kleben“, die sich alles andere als gut tun? Im Grunde ist es nur die Angst vor etwas vollkommen Neuen, gerne in Kombination mit der Angst vor dem allein sein. Die Angst vor der weißen Wand, gepaart mit dem Unvermögen, sich vorstellen zu können, wie es sich anders anfühlen mag. Das Alte ist zwar leidvoll, aber wenigstens vertraut. Scheiße hält halt warm, wie schon kleine Kinder wissen.

Bis auch hier irgendwann der Leidensdruck zu groß wurde. Bis die Vorstellung von einem so genannten Single-Dasein keinen Schrecken mehr verbreitete, sondern im Gegenteil eine erlösende Variante zu sein schien. Bis ich für mich ganz klar hatte – so wie gehabt nie wieder, dann lieber allein. So wirklich allein fühlte ich mich zu dieser Zeit schon lange nicht mehr, unabhängig von meinem jeweiligen Beziehungspartnern. Dieses innere „verlorene Kind“ schien irgendwie Halt gefunden zu haben. Ich kann das bis heute nur schlecht beschreiben. Die Worte Hoffnung und Zuversicht auf und für etwas völlig Unbekanntes beschreiben es am nächsten.

In der Folge durfte ich mich von allen mir vertrauten und bekannten Vorstellungen einer „Partnerschaft“ – ein Wort, das heute für mich eher zur Geschäftswelt passt – zu verabschieden. Wobei „Partnerschaft“ in Beziehungen, auch in meinen vergangenen, durchaus etwas von Handel hat, hatte. Die weiße Wand, die totale Leere, in der nichts unmöglich scheint, war auch hier die Grundvoraussetzung für wirkliche Veränderung.

*

Nachtrag: Das Gleichnis der weißen Wand scheint ein guter Weg, der eigenen Endlichkeit besser ins Auge sehen zu können.

Samstag, 230128

Nebenan bei meiner hoch geschätzten Blog-Freundin Christine läuft so etwas wie eine konzertierte Aktion in Sachen Frieden. Da darf ein jeder, der sich berufen fühlt, seinen Teil zu beitragen, nicht nur musikalisch, auch sonst wie, je nach Talentlage. Nun kann ich nicht gut dichten und singen überhaupt mal gar nicht, aber Worte kann ich, vorzugsweise geschrieben, weil da in der Regel (der Weise ist sich nie sicher) mehr Zeit zum vorherigen Nachdenken zur Verfügung steht.

Wohlan, hier also mein Beitrag dazu. Die Form mag humoristisch erscheinen, der Inhalt ist es sicher nicht.

Also – ich arbeite bekanntermaßen in einer Fabrik. Da werden eine Menge sinnhafter Dinge produziert, die in großen Kisten umherstehen oder gefahren werden. Manchmal fällt aus so eine Behältnis etwas heraus und bleibt achtlos auf dem Boden liegen, bis irgendwer sich berufen fühlt, die Bude zu fegen. Oder, wenn einer schneller als der Besen ist und zudem noch in tiefer Demut den Blick auf den Boden gerichtet hat. So wie ich zum Beispiel, der solcherart Dinge manchmal aufhebt, sie gedankenverloren betrachtet und sie allermeist wieder in den dafür vorgesehenen Behälter befördert, ordnungsliebend, wie ich bin. Hin und wieder allerdings stecke ich mir so ein Artefakt ein, erinnert es mich doch an was auch immer. So wie neulich eben, und nun erfüllt mich tiefe Freude, dass dieses alberne Selfie unten doch noch einen Sinn macht.

Dies ist also mein Beitrag zu Christines Aufruf. Ein bildhaftes Statement an alles, die es angeht. Das sind in allererster Linie die, welche glauben, Gewalt sei tatsächlich eine Lösung, egal, auf welcher Seite sie stehen. Es ist auch eine Botschaft an jene, die unter dem Deckmantel der Freiheit andere Völker verführen, um ihren eigenen Machtbereich zu erweitern. Es ist eine Botschaft an alle, denen nicht klar zu sein scheint, dass mit jeder Granate, mit jedem sinnlos geopferten Menschenleben das einzige, was wirklich friedensschaffend wirken kann, auf Generationen zerstört wird – gegenseitiges Vertrauen!

Anatomische Grundkenntnisse sind bei der Deutung des Bildes sicher hilfreich 😉

Donnerstag, 221103

Ein typischer November-Eintrag.

Heimkommen. Im mehrfachen Sinne. Windige, meerige Familientage sind vorüber, Geselligkeit hatte ebenso ihren Platz wie das Alleinsein und die Trauer. Die ist immer wieder zu Gast und das wird so lange dauern, wie es dauert. Ein Teil davon ist mir im Laufe meines Lebens zur zweiten Natur geworden, obgleich ich Humor habe und gerne lache. Das Loch von einst gibt es nicht mehr in gehabter Form, ich fühle mich schon getragen und geborgen, alles in allem. Mit den wahrscheinlich bei allen Menschen üblichen Schwankungen.

Bei aller Vertrautheit um mich herum fühlt sich diese Zeit für mich immer auch nach Abschied an, und damit meine ich nicht nur den Tod meines Vaters und den hoffentlich noch ein Weilchen dauernden Seitenwechsel meiner Mutter. Abschied von so mancher Körperlichkeit, auch von der eigenen Vitalität, der zunehmend degenerative Kräfte zu schaffen machen. Abschied von manchen Beziehungsbild, den ich so vor 10 oder 15 Jahren nicht hingenommen hätte. Aber etwas anderes gesellt sich zu mir – Tiefgang, im Rahmen des mir möglichen. Auch wenn alter Pessimismus sich immer wieder Bahn brechen möchte, spüre ich doch Vertrauen in den großen Plan, Zuversicht und Hoffnung. So kann das gerne weitergehen, allerdings wird mir zunehmend klarer – von allein wird das nicht unbedingt etwas. Eine gerichtete Lebensführung ist unerlässlich dazu, gelegentliche Pendeleien inbegriffen.

Mittwoch, 220928

Im Jahr des Wassertigers 2022 regieren kranke Egos und verletzte Emotionen. Der Blick in die Nachrichten macht Gänsehaut, die Welt scheint weit weg von Nächstenliebe oder wenigstens ein Mindestmaß an Verstand. Sei`s drum, alles Dinge und Umstände, die ich nicht ändern kann. Das zu unterscheiden ist für mich fundamental wichtig. Warum sich nen Kopp machen über etwas, was nicht im geringsten in meiner Macht liegt. Vorbereiten? Auf was? Ich gehe hier nicht weg. Wohin auch. Baue keine Bunker außer den einen für meine Seele. Einen kleinen Vorrat Trinkwasser lege ich an und horte für ein paar Tage dröges Zeug zum essen, fertig.

Gern hätte ich es nett und vor allem vorhersehbar. Seit das mit dem Weihnachtsmann klar ist, hasse ich Überraschungen. Beständig auskömmlich hätte ich es gern. Was ich schon gerne hätte – Drauf geschissen, das gibt es nicht. Also weitermachen, Nachrichten limitieren und die innere Emigration vorbereiten. Und – ganz wichtig – vertrauen, auf den großen Plan. Das ist, auch wenn ich das so oft mißbrauchte Wort hasse – alternativlos.

So, und jetzt etwas erbauliches in Sachen technische Schönheit. Blau ist bekanntlich die Farbe der Introvertierten und der Psychopathen. Also, mir als Blogger gefällt das Bild 😉

Schräge Musik zum schrägen Eintrag.

~

Nachtrag: Seit sofort gibt es die Wupperpostille werbefrei. Kostet 48€/Jahr und hat dann 6GB Datenvolumen statt 3 zuvor. Achtung, Kostenfalle: Eine für das erste Jahr kostenlose Domain lässt sich anwählen, muss aber nicht gewählt werden. Kostet nämlich ab dem zweiten Jahr extra, ab 15€, je nach Endung. Hier sieht man mein Vertrauen in eine glanzvolle Zukunft über ein Jahr hinaus – ich habs gelassen, mit der eigenen Domain 😉

Dienstag, 220628

Kein Rollator da, sagt die Dame am Empfang der Notaufnahme, in der sich mein Vater befinden soll. Die Bude ist rappelvoll mit allerlei Volk, Verband hier, Aua dort, ich stehe eine knappe halbe Stunde an und bin dankbar, selbst nix zu haben. Neben mir steht der Koffer, den Mutter immer griffbereit hat, für solche Fälle, die in Takt und Folge allmählich an Fahrt gewinnen. Rein darf ich nicht, frage, wie es ihm geht. Ansprechbar, sagt die junge Dame, kann sich an nix erinnern aber meckern ginge wieder. Da ist ja noch Hoffnung, sage ich und grinse. Sie gibt mir eine Mailadresse für Dokumente wie Medikationsplan, Vollmachten, Verfügungen und so weiter. Kopfverletzung, sagt sie, nix dolles. Einblutungen auch wieder, aber nicht OP-bedürftig. Sie wollen ihn in eine Herzklinke verlegen, Pumpe angucken. Ich bedanke mich und verschwinde.

Mit Mutter stehe ich telefonisch in Kontakt, erfahre, dass das Herzzentrum sich bei ihr gemeldet hätte. Ausländischer Arzt, sie hört eh schlecht und versteht kaum ein Wort. Der Rollator sei wundersamer Weise wieder aufgetaucht, aber nun ist der Koffer weg. Dokumente gibt es auch keine.

Ich telefoniere selbst mit der Klinik. Warteschleife, verbunden mit Station und abgewimmelt, keine Zeit, halbe Stunde bitte. Ok. Kann ich verstehen und füge mich, um 30 Minuten später rückzurufen, die Durchwahl habe ich. Der Koffer sei da, sagt sie. Wie es ihm geht? Unruhig. Na klar, denke ich, wenn der selbsternannte Mittelpunkt der Welt nicht sofort, auf der Stelle und gefälligst zielführend behandelt wird, dann wird er eben unruhig. Das sage ich der Schwester am Telefon natürlich nicht, verkneife mir auch, ihr noch viel Freude mit meinem Vater zu wünschen. Anstelle dessen vereinbare ich einen Besuchstermin. Heute Nachmittag, eine Person, eine Stunde, nur mit Termin, abgesprochen mit Station, und natürlich einem aktuellem Schnelltest, nicht älter als 24 Stunden. Dokumente abliefern und nach dem rechten sehen. Paar mehr oder weniger aufbauende Worte da lassen und Mutter informieren. Sein Phon ist auch weg oder leer, jedenfalls ist er persönlich nicht erreichbar. Mensch kann mit Sturheit sehr alt werden, um dann doch möglicherweise an selbiger zu sterben. Kein Widerspruch in sich, nur ein Seil mit zwei Enden.

Geil, denke ich. Wenigstens hat er mit dem neuesten Umfaller gewartet, bis ich Urlaub habe, auf das ich keine kostbare Arbeitszeit verpasse. Sein Verdienst, dass mir diese kostbar ist, bis heute. Das klingt im übrigen negativer, als es gemeint ist.

Tja. Wie hieß das in der Kack-Werbung? TUI – schöne Ferien. Man wird sehen, erst mal das meine tun.

Sonst so?

Mache ich sonst nicht mit, aber heute juckt es.
Zeichenzähler

Sprichwörter gehen ihm auf die Nerven, vor allem altväterliche. Der vom Krug zum Beispiel, der solange zum Brunnen geht, bis der Apfel vom Baum fällt. Muss noch nicht einmal ein Springbrunnen sein, die können eh nicht so weit springen, wie der Name rückschließen lassen könnte. Und überhaupt – wie alt muss ein Vater eigentlich werden, bis er glaubhaft ins Reich der Sprüche eingeht? Wer denkt sich solche Bezeichnungen eigentlich aus? Alter = Weisheit? Er muss schief grinsen. Manches Alter hat eine Menge Atemzüge voraus, sonst eher wenig. Was manche Greise so absondern, denkt er und hofft auf Gnade für sich selbst.

Und – weil es gut passt, nicht nur für heute:

AA GEDANKEN ZUM TAG
28. JUNI

Du kannst dir selbst den schlagenden Beweis dafür liefern, wie sehr dein Leben deiner eigenen, inneren Haltung entspricht, Versuche nur einmal, dich daran zu erinnern, was dich vor einer Woche am meisten beunruhigt hat. Wahrscheinlich fällt dir das schwer. Warum also dann sich unnütz über Probleme aufregen oder ärgern, die heute auftauchen? Ändere statt dessen lieber deine Einstellung zu ihnen, indem du dich mitsamt deinen Sorgen in Gottes Hand begibst und fest darauf vertraust, daß sich alles zum Besten fügen wird.

Hat sich meine innere Einstellung gewandelt?

MEDITATION

Du kannst nicht in die Zukunft sehen. Und das ist ein wahrer Segen. Du könntest es nämlich nicht ertragen, die ganze Zukunft zu kennen. Darum enthüllt Gott sie dir nur von einem Tag zum anderen. Dein Tag sollte stets damit beginnen, dass du Gott deinen Willen darbietest und ihn entscheiden lässt, was gut für dich ist. Sei gewiss, wenn du ihm vertraust, wird sein Tun nur zu deinem Besten sein. Sodann musst du fest davon überzeugt sein, dass bei Gott kein Ding unmöglich ist. In seiner Macht steht, alles ja das schier Unmögliche in deinem Leben zu vollbringen. Darum überlass getrost alles andere ihm.

GEBET

Ich bete, dass ich meine Zukunft bereitwillig in Gottes Hand belassen möge. Ich bitte, dass ich zuversichtlich der guten Dinge harre, die auf mich zukommen werden, solange ich auf dem richtigen Weg bin.
Quelle

Was gelegentliche Anfälle von Sarkasmus nicht ausschließt…
*

Samstag, 220402

Der Blick aus dem Fenster gleicht einem schlechten Witz – selbst hier unten im Tal alles weiß. Ungewohnt, weil schon lange nicht mehr gesehen um diese Jahreszeit, früher dagegen nicht ungewöhnlich. Dann ist das jetzt so – banales Spätwinterscheißwetter. Ohne Fellbewuchs ist die Wohlfühlspanne eh sehr klein, bei mir geht sie so von 20-24 Grad, darunter fängt Frisch heute an, darüber Boah, ist dat warm. Eigentlich sind wir kaum lebenstüchtig ausgestattet, armselige Geschöpfe mit einem viel zu großen Kopf, der hilfreich zwar beim jagen, sammeln und erfinden von allerlei Nützlichen (Kunstfell), aber ansonsten nur schwer auf dem Hals sitzt.

Zu viel Kopf (und zu wenig Vertrauen), auch im übertragenen Sinn ein Thema. Ein paar Gedanken dazu stehen hier beim Wassertiger. Erinnert an die alte Menschheitsfrage nach dem Ei und dem Huhn. Wer war zuerst da, die Glaubenssätze oder die dazu passenden Ereignisse?

Gute Nachrichten hat es auch. Geht los mit grünen Wasserstoff, in Frankreich. Vielleicht auch bald hier, wenn die hiesigen Klagemöglichkeiten gegen Windräder endlich mal eingestampft werden sollten. Wäre ein Treppenwitz der politischen Geschichte, wenn ausgerechnet die nun gerade mitregierenden Grünen das in der jetzigen Lage mitverantworten müssten. Gemeinwohl vor Wohl des Einzelnen, bisken aus der Mode gekommene Weisheit, aber immer noch aktuell.

Zum Schluss noch Gedanken zur menschlichen Unschuld, ein Thema, das auch mich bewegt. Hier bei der lieben Luxus nachzulesen.

If you made them
and they made you
Who picked up the bill,
and who made who?

~

Samstag, 220108

Zwischenzeit, Zeit zwischen Bürostuhl und Stuhlgang, also Zeit mit freien Händen zum schreiben, bevor es gleich erst los und dann heraus geht, Mehrfachdeutung möglich. Das werte Befinden? Der Alltag hat mich wieder, unerlässliche Routine, die Schränke füllt, Seele ermüdet und Kreativität tötet. Es grüßt das Murmeltier aus dem Hamsterrad, frei drehend dank Novalgin, für die immer noch gereizten Nerven.

Dagegen halten also, hier und jetzt. Der Tag wird sich finden, es gibt einen Plan und es gibt das Chaos. Es gibt Vertrauen darauf, dass es gut wird, so oder so. Demut – war ein Thema, zu dem ich in einem Forum etwas schreiben wollte, aus Zeitgründen aber nicht dazu kam. Die Definition ist verschieden, sie hat einen Geschmack, die Demut. Viele denken an zu-Kreuze-kriechen, an Unterwerfung. Andere picken sich den Mut heraus und verknüpfen ihn beliebig, das verneinende „De“ davor außer acht lassend. Für mich heißt Demut, das meine zu tun, nach Stand der Erkenntnis und bestem Wissen und Gewissen. Tun, was ich kann, Ergebnis-offen, auch wenn es starke Wünsche oder Visionen davon gibt, und – meinem Schöpfer das seine überlassen, verbunden mit dem Wunsch, das wie auch immer geartete Ergebnis in Frieden annehmen zu können. Vom grollen und hadern wird es auch nicht besser, falls das Ego Gründe dafür sieht.

Überhaupt, das Ego. Es hält per se nicht viel von Demut, sie ist nicht seine Natur. Was soweit in Ordnung geht, demütig erlegt man keinen Säbelzahntiger. Oder so. Einzig die Grenzen sind wichtig, zu wissen, wo hört meine persönliche Macht auf, wo fängt göttliche Fügung an. Bis dahin darf man auch schon mal Spaß machen, King for a Day, Balsam für das Ego, das geht auch ohne Leder-String 😉 Danke für die musikalische Inspiration und die Erinnerung an längst vergangene Zeiten, VVN 🙂

*

Freitag, 210917

Ein Musterbeispiel meines Verhaltens als Internet-Nutzer.

Da lese ich Die Kartenlegerin, nebenan bei Gisela. Das Bild dominiert, na klar, ich bin weder selig noch heilig gesprochen. Es folgt das überfliegen des Textes, das kenne ich. Woher nehmen, wenn es fehlt, das Vertrauen in den großen Plan? Da bieten sich solche selbst ernannten Weissager an, die im günstigsten Fall über eine ausgeprägte Intuition und Menschenkenntnis verfügen. Oder sogar ausnehmend hübsch sind, wie hier in diesem Fall. Wobei ich beim Maler, Georg Hom, ankomme, der mir bis dato unbekannt ist, was aber nicht viel heißt, Kunstbabause, der ich bin. Wer so toll malt, also aus meiner beschränkten Sicht, dem lohnt es sich nachzuspüren. Viel ist von ihm nicht überliefert, außer eben seine Bilder, und- er hatte einen Sohn, der früh verstarb und das Joachimsthalsche Gymnasium zu Berlin besuchte. Mich interessiert diese alte Schule, zumal geschlossen und dem Verfall preisgegeben. Ich lese über die Historie des Ortes, bin fasziniert von dem schönen alten Gemäuer und freue mich über Pläne zur neuen (Schul-) Nutzung. Zur Schule gehört ein Garten sowie ein Leitspruch, als dessen Schöpfer ein gewisser Johann Michael Moscherosch überliefert ist (ich hatte kein Latein, aber diese alte Sprache fasziniert mich, offenbart sie doch zahllose Wortwurzeln unserer gegenwärtigen Sprache):

Dic cur hic
Sag, warum du hier bist.

So Aufforderungen am frühen Morgen, da denke ich schon ewig drüber nach, vielleicht fällt mir nach der Morgentoilette etwas mehr dazu ein. Vorerst gehe ich ein wenig jagen und sammeln, das allein kann zwar nicht der Grund meines Daseins sein, ist aber unerlässlich, um den Kühlschrank voll zu bekommen.

Zum Schluss nochmal zurück zu Giselas Eintrag von der Wahrsagerin und nein, nicht wegen dem Bild – jedenfalls nicht nur 😉 – meine ich doch die Weisheit in den Schlusszeilen:

Vergesst nicht euer tiefes Wissen,
das selber ihr in euch verspürt!
Wegweiser werdet ihr nicht missen,
wenn euer Weg zu MIR euch führt.

Darum geht es, nicht nur für die letzte Stunde. Der Weg zu ihm kann schon zuvor beschritten werden, jeden Tag neu. Danke für`s erinnern, Gisela!