Donnerstag, 230105

Aus aktuellem Anlass, im Interesse aller beseelten Geschöpfe mit Nerven sowie im Interesse der inneren Sicherheit: Petition für ein Böllerverbot – bitte unterzeichnen und nach Kräften teilen.

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Meiner Vorliebe für dunkle Ecken sei Dank finde ich immer kleine bildhafte Mitbringsel. So wie der hier – ein Geist oder eher ein Engel, der mutmaßlich im Stromkasten wohnt. Da macht er sich gut und hat auch irgend etwas Zeitgemäßes an sich.

Oder der Briefkasten hier, kein Name, aber so eine Art 3D-Avatar, finde ich gut gelungen, so der Adressat sich damit identifizieren kann und das vielleicht sogar optisch unterstreicht.

Früher war ich mal stolz darauf, über Grenzen denken zu können, tatsächlich oder vermeintlich. Heute sehe ich vieles differenzierter, es reicht meist völlig, innerhalb der „Grenzen“ zu denken, meist ist dort mehr zu finden als vermutet. Außerdem sind (persönliche) Grenzen keine statische Angelegenheit, sie verändern sich mit den Jahren durchaus. Und – wenn ich mir heute die Menschen anschaue, die von sich behaupten, „jenseits der Grenzen“ denken zu können, dann wünsche ich ihnen, doch erst einmal das Land innerhalb der Grenzen (der Naturgesetze, der menschlichen Psyche) kennenzulernen.

Auch das hier ist zeitgemäß – heute gibt mal nichts.

Da geht man zielgerichtet seines Weges und steht plötzlich vor einer geballten Ladung deutscher Geschichte, das kommt gefühlt nirgends krasser und häufiger vor als in Berlin. Die Reste des ehemaligen „Volksgerichtshofes“ – die Farce einer Justiz, die denen blüht, die heute lautstark gegen die Demokratie protestieren.

Und zum Schluss:
Berlin bietet so vieles mehr ❤️ 
# dunkle Ecken

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Neulich, im Maisfeld

Inspiriert von Sweetkoffie`s Besuch an selben Ort haben die Liebste und ich heute den letzten gemeinsamen freien Tag dazu genutzt, uns dort ebenfalls mal umzuschauen. Das Labyrinth ist Teil des Hielscher Hofes, mit einer Menge Tieren, Hofladen sowie ein Restaurant.

Flauschige Gesellen, sehr sympathisch.

Was soll ich sagen, mein Orientierungssinn ist unterirdisch ausgeprägt, darum waren mir Labyrinthe immer schon suspekt, legen sie doch solcher Art Defizite gnadenlos offen. Rückblickend kann ich kaum glauben, dass ich bis 2009, als die eineinhalbjährige Pendelei von und nach Berlin begann, nur nach Karte Auto gefahren bin. Angekommen bin ich eigentlich immer, aber wie …

Also machen wir uns auf, die Vorgabe lautet, 9 Schilder zu finden und passende Fragen dazu beantworten, was nur mit Hilfe des Gelesenen geht. Alles so Themen aus der Natur, schon interessant, hat man alles erfolgreich bewerkstelligt, kann man an einem Preisausschreiben teilnehmen und eine Schachtel Eier, Korb mit Zeug oder sonstwas gewinnen. Wohlan…

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Es ist sehr warm, und schon nach kurzer Zeit wird klar, es ist, wie erwartet, nicht ganz so leicht, sich zurechtzufinden. Irgendwie wie früher, beim kiffen, alles grün und keinen Plan.

Mais ist ein seltsames Gewächs, mit Frisur wie die seligen Punks, und Füße dran, die erwarten lassen, verfolgt und ergriffen zu werden. Die Assoziation kann allerdings auch mit meiner derzeitigen Lektüre zusammenhängen, da bitte ich um Nachsicht.

Und los geht der Irrweg. Wir laufen auf`s Geratewohl hinein. Drehen Ehrenrunden, finden so nach und nach einige Schilder mit besagten Fragen. Die erste Stunde ist es noch ganz nett, dann, so langsam, sticht die Sonne und es wird arg warm. Die Ausblicke entschädigen zunächst …

Später dann – mittlerweile haben wir, wie Hänsel und Gretel im Wald umher irrend – 8 von 9 Schilder aufgetrieben und fein die Karte ausgefüllt. Nur Schild Nummer 3 ist unauffindbar. Eine Menge dummes Zeug geht mir beim umherlatschen auf dem staubigen, heißen Grund durch den Kopf… feine Hänsel und Gretel gäben wir ab, nach Tagen vergeblichen Umherirrens müssten wir erst einmal kräftig gemästet werden, um den kulinarischen Vorstellungen der ollen Hexe gerecht zu werden, ausgezehrt, wie man uns finden könnte. Weiter fällt mir ein Bett im (Mais-)Kornfeld und irgendwas mit Popkorn ein, was der Orientierung auch nicht gerade förderlich ist.

Irgendwo am Himmel kreisen ein paar Vögel, aha, denke ich, die Geier warten schon. Fernab bellt ein Hund … Leichenspürhund, geht mir durch den Kopf. So verdienen die also ihr Geld hier. Schicken nach Tagen die Töle in`s Feld, menschliche Überreste finden und mit erstandenen Kreditkarten die Hofkasse aufbessern. Schild Nummer 3 bleibt derweil unauffindbar.

Allmählich komme ich zu der Überzeugung, hier wird Gaslighting der übelsten Art betrieben, um uns so langsam in den Irrsinn zu treiben. Schild Nummer 3 ist bewusst entfernt worden oder wenigsten fahrlässig gestohlen, um uns Besucher kirre zu machen. Dafür haben sie andere Schilder doppelt, drei- oder sogar vierfach aufgestellt, so oft, wie wir sie finden. Von weiter weg dringt Gelächter zu uns, ja, lacht ihr nur, gerade frisch angekommen wohl. Das legt sich mit der Zeit. Pinkeln muss ich auch, was ich mir tunlichst verkneife, wäre zwar nicht zu sehen, aber mit Sicherheit zu hören, beim schiffen in die Botanik. Auch, wenn`s vielleicht eine kleine Orientierungshilfe wäre…

Und solcher Art demoralisiert verlassen wir nach ca. zwei Stunden den Ort der Verwirrung auf rechtem Wege und entschädigen uns erst einmal mit leckeren Essen, nebenan, im Restaurant, was Lebensgeister und Zuversicht wieder zurück bringt. Dann eben kein Korb mit Zeug oder sonstwas, war trotzdem ein guter Tag.

~

Sonntag, 200719

Stille. Die werkfreien Tage laden um innehalten ein. Keine große Reise, nur wenige äußere Reize, Familie, Besinnung auf das wesentliche oder besser das, was ich dafür in dieser Zeit halte.

Gedanken über Gruppen-Zugehörigkeit, Sehnsucht nach Gemeinschaft. Derzeit fühle ich mich von den gewohnten Strukturen  – ja, wie genau – entfremdet, das passt am ehesten. Was bleibt, ist meine Zugehörigkeit zu der Schöpfung, zu meiner höheren Macht, zu meinem Gott. Kosmopolit passt vielleicht auch. Was trägt, ist das Gefühl, im Moment genau richtig zu sein. Viel mit mir allein und dennoch verbunden.

Sonst so? Interessante Botschaft am schwarzen Cafe zu Berlin … Schweigen = Verrat? Kommt auf den Kontext an, lohnt sich auf jeden Fall, drüber nachzudenken.

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Und ja, Sonntag ist auch…

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