Sonntag, 200628

Der Tag beginnt düster, draußen ist eine Luft, so eine gleich-geht`s-los-Luft. Könnte auch mal, hätte etwas befreiendes. Meine Übungen haben noch Zeit, ich spüre die Trägheit einerseits und andererseits die Neugier, hier zu lesen bzw. zu schreiben. Und so sitze ich erst einmal lieber hier am Schirm, lese unter anderen nebenan bei der Melina von einem Kurs im wundern, was mich sehr anspricht. Werde ich verfolgen und für mich aufnehmen, auch, wenn manches provokant klingt.

Sich zu wundern – in frühen Jahren verband ich damit hauptsächlich das so genante blaue Wunder, also keine so genannten unangenehmen Überraschungen, sondern eher die Folgen meiner Art, durch`s Leben gehen zu müssen, mangels besseren Wissens und Lebensgefühles. Das ist heute anders. Wundern setzte ich nun eher gleich mit Staunen, und das ist etwas sehr wichtiges in meinem Leben geworden. Staunen über all das, was uns Menschen ausmacht, staunen über all das, was so viel größer als ich zu sein scheint. Was Fragen aufwirft. Bedingt Staunen, wundern Unwissenheit? Wenn der Verstand alles (ok, fast alles 🙂 ) erklärt hat, hört dann das Staunen auf? Wohl kaum, sagt der Bauch und das Herz, so groß kann kein menschlicher Verstand sein, woraufhin immer noch leiser Protest vom Verstand folgt. Der ist zwar in Alltagsfragen ein wichtiger Berater, aber eben nicht Chef, und wird somit auf seinen Platz verwiesen.

Sonst so? Es ist Sonntag, wieder mal. Die Uhrzeit passt auch noch, also …

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PS: Passt so gar nicht dazu – also Achtung, Triggerwarnung. Wenn mir fad ist, grabe ich manchmal bei Youtube, so geschehen letzte Nacht. Wer dort nach den magischen 220 bpm sucht, also jener Frequenz, derer sich auch die Schamanen vieler Kulturen bedienen, kann sich auf einiges gefasst machen.

So etwas hier zum Beispiel…French Core nennt sich das, und ich wundere mich über die belebende Wirkung jetzt gerade. Womit der Kreis zum Thema oben wieder geschlossen wäre.

 

 

Samstag 200627

Keine besonderen Vorkommnisse. Früher wurde mir in solchen Lagen langweilig und so habe ich mein bestes gegeben, wieder ein ordentliches Mass Unruhe in mein Leben zu bringen. Was man so macht, wenn man jung ist. Neue Freundin, neue Wohnung, neue Arbeit, Alkohol- und Drogen-induzierte „Nebenkosten“ des Lebens, meist in Form von gewissen Beziehungskrisen, gesundheitlichen Herausforderungen oder außerplanmäßigen Rechnungen.

Boah. Toll, etwas älter geworden zu sein…

Sonst so? Manche Tagesmeditationen berühren mich mehr als andere. Diese hier zum Beispiel, für Zeiten abseits von keinen besonderen Vorkommnissen.

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Quelle: 24 Stunden am Tag – ein vergriffenes Buch der Gemeinschaft der anonymen Alkoholiker. Online hier und anderswo noch zu lesen.

Mittwoch 200624

Erinnerungen an meine Kindheit werden wach. Es ist nicht das entzückende Bild des liebevoll restaurierten, alten Gefährtes am Straßenrand auf meinem Arbeitsweg, es ist sein Geruch. Alte Dieselmaschinen strömen einen typische Geruch aus, einmalig irgendwie. Wenn ich den rieche, sitze ich wieder als 8-jähriger auf dem Radkasten, beim Heu machen und freue mich drauf, das Teil im Wechsel mit den anderen Kindern auch mal über`n Acker fahren zu dürfen. Gerüche sind nichts als Erinnerungen, die ständig anwachsen, wenn auch mit den Jahren langsamer…

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Sonst so? Der Schwarz-weiße kam mir schon um kurz vor Sechs entgegen, schön auf dem Zebrastreifen, wie es sich gehört, farblich fein abgestimmt. LKW fahren um ihn herum, es ist im gleich, die Gefahr ist ihm nicht bewusst. Er vertraut darauf, dass ihm der Kollege gleich `ne Dose aufreißt, darauf, dass er im Anschluss daran gebührend bekuschelt wird. Er lebt beispielhaft im Hier und Jetzt …

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Sonntag 200621

Besondere Erkenntnisse:

  • Ein Kleinstwagen von 3.4 Meter Länge kann relativ komfortabel (wenn man als Vergleichsgröße das zu-Fuß-gehen heranzieht) 4 Personen, davon 2 Mitte 80, transportieren.
  • Es dauert höchstens 5 Minuten, bis alle drin sind. Und nochmal 5 für`s aussteigen.
  • Eine Vorhangleiste hält keine 4 Kilo halbwüchsige Katze aus, die sich an den Vorhängen im klettern übt. Meine Norm-verdeutlichende Ansprache diesbezüglich hat sie aufmerksam, aber stumm zur Kenntnis genommen.
  • Wenn das Tier noch wächst, wovon auszugehen ist, baue ich Schlagläden, innen liegend. Überall.
  • Nein, sie wird vermutlich eher nicht ruhiger, die nächsten 5 Jahre.
  • Sommersonnenwende, letzte Nacht. Eher beiläufig bemerkt.
  • Krawall in Stuttgart. Überraschend ist nur der Ort, mal nicht Kreuzberg oder Schanzenviertel.
  • 17.00 Uhr ist eindeutig zu spät für „Sunday Morning
  • Alternde Kater schrumpfen, siehe Beweisfoto.
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Ölberg, Wuppertal, in der kürzesten Nacht 2020…

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Freitag, 200619

Besuch in der Werkstatt. Der Schwarz-Weiße kommt beinahe täglich, immer am frühen Morgen. Der Kollege füttert ihn und auch sonst hat der es richtig gut hier. Vernichtet in Rekordzeit Katzenfutter aller Art un leckt noch fein die Schüssel aus. Anschließend kraulen lassen und `n Runde dösen, schön in einer mit Arbeitswäsche gepolsterten Leergutkiste. Manchmal bringt er uns als Zeichen seiner Hochachtung eine Maus mit … er ist ein Gemüts-Kater mit einem friedlichen Wesen. Wir lieben ihn sehr …

So, un nu mit beiden Händen…Freitag.

Nachtrag: Der Kerl sieh aus wie der Schiffskater Namens Trim von Matthew Flinders ausgesehen haben soll – Werkstattkater … das Buch „Die Entdeckung der Langsamkeit“ habe ich gerade durch.

Manche Wortgebilde …

…sind es wert, mal hervorgehoben und schriftlich gewürdigt zu werden. So etwas hier zum Beispiel:

„Normverdeutlichende Ansprache“

(Falko Liecke, Bezirksstadtrat Berlin/Neukölln, im Zusammenhang mit der manchmal etwas schwierigen Überwachung von Quarantäne-Maßnahmen)

Boah, denke ich, mit leichter Begeisterung. Das macht ja was mit mir. Klingt wichtig, würdig, ernst und bei entsprechender Missachtung Maßnahmen provozierend, Waldpredigt light, Marsch blasen 2.0, sehr deutsch irgendwie. Der Traditionalist in mir jubelt – ja genau, jetzt mal laut und deutlich, wie das hier so zu laufen hat – der Anarchist mit seinem ausgeprägten Autoritätsproblem hingegen denkt genau in die andere Richtung – welche Norm, was glaubt der, wer er ist – jedenfalls freuen sich beide Persönlichkeitsanteile meiner gespaltenen Seele über die gute Wortwahl des Herrn Liecke.

Eine andere Wortschöpfung, nicht erst seit der Finanzkrise bekannt:

„Systemrelevanz“

Das hat sogar Nachwuchs bekommen, in Form der

„System-relevanten Berufe“

Das klingt für mich nach Selektion, nach wertem und weniger wertem Leben Tagewerk. Wer macht Sinn und wer eher nicht. Eine Betrachtung, die völlig außer acht lässt, dass alle demzufolge nicht-System-relevanten Tätigkeiten es durch ihre Steuer- und Sozialabgaben erst ermöglichen, dass die so genannten System-relevanten ihren Job machen können. Von der Gleichheit vor dem Herrn mal ganz abgesehen. Eine Begrifflichkeit, die ein flaues Gefühl im Magen weckt…

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Sonntag, 200614 – früher Abend

Ohne jede Erwartung fahre ich eine kleine Runde Rad, wieder einmal in den botanischen Garten, den Wetterradar im Auge. Es geht flott, keine 20 Minuten bis dahin. Ich nehme auf einer Bank am Teich neben einer etwas älteren Dame Platz, packe meine Thermoskanne aus. Oh, Selbstversorger, sagt sie, während sie mich freundlich aus kleinen, blitzenden grauen Augen, gerahmt in immer noch oder immer wieder blonden Haaren, mustert. Worauf ich um Verzeihung für meine Unhöflichkeit bitte, ihr in Ermangelung eines zweiten Bechers nichts anbieten zu können. Sie wolle eh gerade los, sagt sie, wegen ihrem Garten – das Wetter, sie müsse schauen, ob sich im Winde nichts verselbstständigen könne … ich bitte darum, doch noch einen Moment zu bleiben. Und so tauschen wir noch ein paar Sätze über das Wetter, während ich über die tiefen, aber feinen Linien in ihrem Gesicht staune, bevor sie aufbricht. Jedes ältere Gesicht ist ein kleines Kunstwerk – erzählt Geschichten aller Art, regt die Phantasie an.

Was bleibt, ist das Rauschen der riesigen Rhabarberblätter im auffrischenden Wind, vermischt mit türkischen Wortfetzen im Hintergrund. Zeit, für den Heimweg, sagt die Wetter-App.

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Sonntag 200614

Es ist ein wenig so, als ob die Zeit still stünde. Wenn ich nachdenke, was den Unterschied macht, zu längst vergangenen Zeiten – ich bin allein, ja. Derzeit ohne eine feste Bindung zu einer Gemeinschaft der Wahl, wenn ich von meiner Zugehörigkeit zur hiesigen Gemeinde mal absehe. Anders als in jungen Jahren fühle ich mich nicht einsam. Da ist Familie – sowohl als Blutsverwandtschaft mit auf dem Weg bekommen als auch selbst gewählt. Seelisch-geistige Verwandtschaft? Gibt es immer noch und immer wieder, leider derzeit gerne maskiert, was die Sache der Erkennung nicht immer leicht macht. Dinge, die ich nicht ändern kann.

Etwas hält mich von Aktion aller Art derzeit ab. Ich kenne solche Zeiten aus der Vergangenheit. Da geht irgendwie nichts, zu allem fehlen die rechte Überzeugung und die rechte Gelegenheit. Stillstand, den ich gut hinnehmen kann, heute. In solchen Zeiten bitte ich um Führung und lasse es gut sein, an guten Tagen. Weniger gute Tage sind auch schon mal mit Zweifel und Ungeduld gefüllt, das gehört dazu.

Es findet sich.

Sonst so? Der neue Editor hier geht mir auf die Nerven. Noch etwas, was ich nicht ändern kann. Verfluchte Daseinsberechtigungsaktionen der Softwareschmieden – kenne ich auch beruflich. Alles neu, alles anders und nichts wirklich besser. Wir arbeiten daran, lautet die Botschaft. Sind unser Geld wert. Glauben sie… derzeit schreibe ich meinen Kram teils offline vor, macht es leichter.

Und – für alle, die es noch hören mögen/können…

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Fronleichnam 2020

Der Titel trägt die Themen schon in sich – werden, vergehen, wiederkommen, bleiben. Was bewegt mich in dem Zusammenhang?

  • Der Zustand meines Vaters. Die Art, wie er mit dem Bewusstsein umgeht, dass dies sein letzter Sommer sein könnte, sein wird. Irgendwo zwischen Verzweiflung, Angst und Zorn über seine Schwäche auch so etwas wie Ergebenheit in das Schicksal, Spuren inneren Friedens. Ich sehe es und denke, erfassen werde ich es erst wirklich, wenn es mich selbst betrifft.
  • Der Zustand der von den Corona-Auflagen zerschossenen Selbsthilfegruppen, in meinem Fall die der anonymen Alkoholiker. 20 Jahre haben ein durchaus tragfähiges Fundament in mir geschaffen, was bleibt, ist keine Angst, eher Respekt und Achtung vor jeder Art Stoff, der Bewusstsein manipuliert.
  • Die Gewissheit, dass es weiter gehen wird und ich auf neue Art teilen lernen werde, virtuell mit den gängigen Plattformen. Erste Erfahrungen stimmen hoffnungsfroh, Spiritualität kann durchaus auch am Monitor gelebt und geteilt werden. Mögliche Eigeninitiative steht im Raum, ist aber noch nicht spruchreif. Ist auch nicht so dringend, Kontakte zu den Freunden bestehen – aber andere suchen …
  • Was mich trägt, ist der, dessen Bleiben heute gefeiert wird, mal stark vereinfacht ausgedrückt. Wird mir immer klarer, gerade in Momenten, in denen ich mit mir komplett allein sein darf, mich neu ausrichte und sortieren darf. Neu daran ist – Angst und Scham mag es noch geben, haben keine Gewalt mehr. Danke dafür.

Sonst so? Erste Erfahrungen bei „Zoom“ gesammelt. Mich über den verräterischen Kamera-Hintergrund unserer sehr individuellen Wohnung nicht gerade geärgert, nein. Geht nur niemanden etwas an, irgendwie. Sagt ein Blogger 🙂 Gesucht und wertvolle Tipps bekommen bezüglich virtueller Hintergründe und ihrer Anwendung. Dinge, die ich nicht im Ansatz verstehe, aber in ihrer Anwendung sagenhaft finde.

Unter Wasser…

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Unfug treiben lässt sich damit auch …

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