Dieser Eintrag ist Teil von Myriades Einladung zur Impulswerkstatt. Dort stehen inspirierende Bilder und Textfragmente zur Wahl, aus denen etwas gebastelt werden darf.
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Gespaltene Seele, immer schön an den Polen. Gerade noch gernegroß und schon wieder am Boden festgetreten. Ausgelassene, teils anmaßende Selbstüberschätzung vs. tiefste, angstbesessene Niedergeschlagenheit. Dazu passend Sternbild Zwillinge und völlig ahnungslos, was Themen wie Traumata, Suchterkrankungen sowie Angststörungen angeht. Das einzige, was klar war, war die Ablehnung meiner Selbst, des Menschen, der ich nicht sein wollte.
Mittenhinein kommt irgendwann mit 18 der Schädelspalter. Das ist natürlich kein Handelsname, sondern ein eher an der Wirkung angelehnter, umschreibender Begriff für hochpotente Cannabisprodukte. Was genau geschehen sollte, wusste ich zuvor nie so genau. Das hing immer ab vom Set und dem Setting, wie man das heute nennt, also meiner psychischen Verfassung und der physischen Umgebung.
Die Vorgeschichte lief immer gleich ab. Vorfreude, Gier, die Geilheit auf die Flutung, auf den Kick in der Birne. Feuerwerk der Hormone beim Geruch des Brösels in der Nase. Wenn es gut lief, fand das Ganze draußen statt, irgendwo in der idealerweise menschenleeren Natur. Oder im Kreise mehr oder weniger verständnisvoller Mitkiffer, passende musikalische Untermalung inbegriffen, Rock N Roll, man kennt das. Dann gab es noch die Ungeduld, wenn oral konsumiert wurde, lecker Keks oder Tee mit ordentlich Honig. Dann wurde schon mal vorneweg eine Tüte angefeuert und vielleicht das eine oder andere alkoholische Getränk dazu genommen. Was folgte, war eine unglaubliche Achterbahnfahrt im Kopf, zeitversetzt dem folgend, was gerade dran war. Ein Zustand, der, wenn die Liebe durch den Magen ging, auch schon mal bis zu 24 Stunden anhalten konnte.
Die Wirkung. Alles scheint zigfach größer, als es ist. Physisch ebenso wie mental – die eigene Großartigkeit ebenso wie die eigene Unzulänglichkeit. Mit etwas Glück tat sie sich auf, die schädelgespaltene Parallelwelt, die den Alltag ebenso aussperrte wie das als unzulänglich empfundene Selbst. Mit weniger Glück blieb die Tür verschlossen und der innere Unrat quadrierte sich selbst. Am Ende gab es die geliebte Euphorie nicht mehr, nur noch den eigenen quadrierten Irrsinn.
Als mir klar wurde, einem großen (Selbst-)Betrug aufgesessen zu sein, als mir klar wurde, dass ich leben wollte und nicht an mir selbst zu Grunde gehen, da konnte ich von alledem lassen. Blieb etwas zurück – ja sicher. Der Kick fehlte, hinterließ eine dauerhafte Lücke, die ansatzweise höchstens durch Sex oder Sport zu füllen war. Daneben gab und gibt es reichlich schwarze Schatten, als Teil meiner Selbst. Nicht, dass ich sie liebe, aber sie dürfen bleiben, wenn sie schon nicht gehen wollen. Über ihnen steht das Licht, das Gefühl, von irgendwo da oben geliebt zu werden. An guten Tagen kann ich das sogar weitergeben und weiß darüber hinaus die eigene Stille mehr denn je zu schätzen.
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