Samstag, 210911

Und gestern war Freitag, obgleich im Titel Donnerstag stand. Hat wahrscheinlich keiner gemerkt, mich selbst eingeschlossen, oder es wollte netterweise keiner klugscheißen, wie auch immer. Danke dann dafür 😀

Wenn ich mich hier so umschaue, staune ich immer wieder, ob der vielen Talente, die hier präsent sind. Joachim zum Beispiel kann toll zeichnen und hat darüber hinaus ein paar grundlegend gute Ansichten, die ich teile. Ähnlich verhält es sich bei Ines, deren Präsens hier ich seit Anbeginn an begleite. Uns verbindet darüber hinaus der Wille zu überleben, trotz oder gerade wegen einer ähnlichen Grunderkrankung. Xeniana ist eine Weltgewandte und Reisefreudige, Alice kann Bilder und Geschichten – Vier Beispiele von so vielen, die Liste ließe sich endlos verlängern.

Und ich? Kann Worte, mittlerweile habe ich welche. Kann plaudern, Kleines groß machen, umherphilosophieren, Stichworte zu ganzen Sätzen aufplustern und manchmal heiße Luft zum stinken bringen, das geht unter anderen auch mit Worten. Darüber hinaus sagt man mir ein gewisses Maß an Mitgefühl nach, kann schon sein, dass es sich so verhält. Heute ist das ja ein Thema, Hochsensibilität nennt es sich. Darüber reden und schreiben in erster Linie Frauen, Männer haben es damit nicht so oder besser, sie verpacken es gut, damit es keiner so schnell mitbekommt. Bloß niemanden eine Angriffsfläche bieten, ganz wichtig. Oder sie machen eine Menge Getöse, unter anderen auch mit Worten (!) Da ist schreiben ein echter Vorteil, lässt sich dabei doch ein wenig mehr Zeit zum nachdenken finden, bevor sie final an die Öffentlichkeit geraten. Wobei ich dem alten Motto nicht mehr folge, von wegen woher soll ich wissen, was ich denke, wenn ich nicht höre, was ich sage. Kann in Gesellschaft ziemlich einsilbig sein oder werden, das hat mehrere mögliche Gründe. Manchmal bin ich derart damit beschäftigt, die Lage zu sondieren und zu verstehen erfassen, was um mich herum gerade geschieht – und manchmal ist dieser Prozess gerade abgeschlossen und ich langweile mich enorm. Mal bin ich auch stumm vor Glück, wie man so sagt, Ergriffenheit pur. So kann mein Schweigen durchaus mehrfach die Motivation wechseln und manchmal kann man das sogar meinem Gesicht ansehen. Sei`s drum.

Sonst so? Gibt naturgemäß auch einiges, was ich überhaupt mal gar nicht kann.
Tanzen zum Beispiel.

*

Alles gesagt …

… wenn auch nicht von mir.

So kommt es mir immer öfter vor, hier ebenso wie in der Welt da draußen. Was mich zunehmend schweigsamer werden lässt. Nicht jedes Thema, nicht jedes Argument, nicht jede Meinung oder Haltung muss bejubelt oder verrissen werden. Wenn ich manche Überschriften der Nachrichten lese, weiß ich schon, was mich im Leser-Kommentarbereich erwarten würde, so ich ihn dann lesen würde. Meist reichen mir die Headlines, um die Seite zu verlassen. Klick, fertig. Ist ganz einfach. Gilt auch für den täglichen Umgang mit meinem „sozialen Umfeld“: Umdrehen, stehenlassen und weitermachen. Geht leichter als man mir das einst vermitteln wollte.

Ein schweigsamer Blogger – gibt es etwas widersprüchlicheres? Na ja, manchmal geht plaudern. Oder blödeln ebenso wie ernsthaft zuhören/lesen und mir ausreichend Zeit nehmen für eine mögliche Antwort, entgegen dem beliebten Motto: „Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage.“ Was übrigens ein unschätzbarer Vorteil des Schreibens ist. Die Zeit zum Denken zu haben 🙂

Sonst so? Schweigen kann durchaus heilsam sein, wie ich diese Woche erfahren durfte, bei meinem ersten Besuch einer kontemplativen Meditationsgruppe. Werde ich ab nun, wenn immer möglich, regelmäßig machen. Auch zuhause, nach manch langen Tagen hilft das, wieder zu mir zu finden.

Und – Sonntag ist.

*

 

Schweigen

*

Wenn du viel redest – außen und innen – hörst du nichts.
Wenn du nichts Essentielles zu sagen hast, schweig doch mal.
Schweigen ist Luxus.
Sei mutig.
Halt hin und wieder die Klappe.
Lausche.
Dem Wind.
Deinem Herzschlag.
Deinem Liebsten.
Der Fremden.
Dem Schmerz
und der Hoffnung.
Dem Leben.
Vielleicht wirst du überrascht sein, wie deutlich tatsächlich Alles mit dir spricht.
Immer.
Jetzt zum Beispiel.
Lass dich berühren und führen.
Wie eine Geliebte, die sich beim Tanz der kleinsten Regung ihres Partners hingibt.
So entsteht Vertrauen.
Nicht in dein kleines Ich, sondern in Alles.

(Veit Lindau, im Dezember 2017)

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Chief Luther Standing Bear (Oglala-Lakota-Sioux) | Stille — Heavens Food

Für die Dakota war das Schweigen von größerer Kraft als das Wort.

Lesenswert.

Danke, Heavens Food.

“Erziehung zur Stille, zum Schweigen begann schon sehr früh. Wir lehrten unsere Kinder, still zu sitzen und Freude daran zu haben. Wir lehrten sie, ihre Sinne zu gebrauchen, die verschiedenen Gerüche aufzunehmen, zu schauen, wenn es allem Anschein nach nichts zu sehen gab, und aufmerksam zu horchen, wenn alles ganz ruhig schien. Ein Kind, das […]

über Chief Luther Standing Bear (Oglala-Lakota-Sioux) | Stille — Heavens Food