Montag, 210920

Die Bahn hat ein Sonderangebot. Bis zum Wahlsonntag darf Mensch mit einem regionalen Ticket bundesweit umherfahren, Nahverkehr, versteht sich. Die Intention dahinter? Schlechtes Gewissen, Fahrgäste frohlocken angesichts der Pandemie-Einbrüche oder schlichtes gnädig-stimmen des Wahlvolkes. Keine Ahnung, jedenfalls sind wir gestern spontan nach Köln gefahren, ziehllos durch die Stadt gelaufen.

Bahnhofs-Impressionen

Zwischendurch finden sich immer wieder Reste des alten Köln, sei es Kopfsteinpflaster oder schmale alte Häuser, die wieder aufgebaut wurden. Die Stadt hat ein liebenswertes, tolerantes Flair, ich kann unsere Kinder verstehen, dass es sie dort hin zieht. Für uns leider eine Spur zu teuer, das Leben dort. Schade eigentlich.

Nach unserer Heimkehr gestern Abend schaut mich die Liebste an und bricht in Gelächter aus. Wie siehst DU denn aus ?!? Meine Nase – die Scheiß-Maskentragerei in den Zügen. Ich bin entstellt, der Riechkolben lässt auf eine Ahnengalerie schließen, in der auch Rudolf, Pinocchio und Pumuckl vorkamen. Danke, deutsche Bahn, Danke Merkel … ich geh mich jetzt pudern.

Es wird langsam…

*

Samstag

Um 8 schon Katzensteine gekauft, mit einem Sack alten, ausgeleierten Schlauchschal vor `m Gesicht, der noch genug Luft zum atmen lässt. Anschließend heldenhaft noch einige Kleinigkeiten im Supermarkt besorgt, Outfit siehe oben. Die Eltern mit Erdbeeren, Blaubeeren, Tageszeitung und meiner ca. zehnminütigen Anwesenheit beglückt, anschließende sehr kurze Stippvisite bei Freunden im selben Dorf.

Brunch mit der Liebsten und – Nicht mein Tag auf dem Schirm. Ein auch vom zeitlichen Rahmen feiner Film zum Brunch, kein Klischee bleibt unbedient, tolle Szenen, rührender Klamauk. Gekonnt an Brötchen und Ei vorbei gelacht, Erinnerungen an meine Zeit mit dem Maurerporsche in den 80ern Revue passieren lassen. Bestimmt nicht meine beste, aber die verrückteste Zeit.

In meinem Kopf brummt es noch von dem Film gerade eben. So eine Ohrwurm-Melodie, im Film zwar nur kurz angespielt, aber sofort bei mir festgesetzt. Musik zum staubsaugen gleich…

Aber erst mal:

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So ruhig

Und das am einen ersten Mai, hier auf dem Ölberg. Sonst um diese Zeit ein Sammelpunkt für jene, die keine Lust haben, ihre berechtigte Kritik am Kapitalismus auf konventionelle Weise zu artikulieren. Lediglich ein paar Autos von Polizei und Ordnungsamt fahren Streife über`n Berg, zum Äußersten bereit, was Gruppenbildung angeht. Nicht nur, was die Autonomen betrifft. Nicht, dass ich mich hier als heimlicher Sympathisant oute, mit Krawall und brennenden Autos habe ich es nicht so. Nur so wie bislang scheint es nicht weiter zu gehen, soviel ist klar.

Vieles soll ich glauben, dieser Tage. Offen gesagt bin ich mittlerweile voller Zweifel, wenn ich mir das Elend um mich herum anschaue. Die einen müssen sich mit etwas mehr als die Hälfte ihres oft schon nicht üppigen Gehaltes durchschlagen (ok, mit Blick nach USA, wo diese Menschen sofort auf der Straße stehen, schon mal etwas), andere haben noch und halten den Beutel zu, weil, wer weiß, wie lange noch. Konsum ist eh gerade nicht so leicht, selbst für den, der kann und will. Von den immer zahlreicheren Mitmenschen, die respektlos als „abgehängt“ tituliert werden, nicht zu reden. Auch nicht von den zahllosen Klein-Selbstständigen, die oft vor den Trümmern ihrer Existenz, ihres Lebenswerkes stehen.

Und ich? Komme derzeit zurecht und bin dankbar dafür. Gehe voller Widerwillen einkaufen, weil ich Masken hasse. Sie verunsichern mich, meine maskierten Mitmenschen, weil ich ihre Gesichter nicht wirklich sehen kann. Gestörtes Frühwarnsystem. Habe selbst mit Tüchern umherexperimentiert und noch keine wirklich praktikable, schnell einsetzbare, hygienische und einigermaßen formstabile Lösung gefunden, die mir nicht Atemnot verursacht und nicht auf Dauer beim drehen des Kopfes verrutscht. Abstand halten geht in Ordnung, nicht nur wegen der Viren. Gut wäre auch ein Redeverbot in den Läden, oder wenigstens ein beschränken auf das Unvermeidbare. Wenn alle ihre Gosche halten würden, würden weniger keimbelastete Aerosole versprüht, Mundschutz ein Stück weit obsolet und als Beifang sozusagen hier und da auch die psychische Hygiene gepflegt.

Was bleibt, ist dieses Gefühl von Unsicherheit, weil die reale Gefahr so schwer einschätzbar und die zahlreichen Expertenmeinungen (setze ich bewusst nicht in Anführungsstriche) für einen virologisch Unbedarften schwer nachvollziehbar sind. Unsicherheit auch politisch, weil ich real die Gefahr sehe, dass Versammlungsverbote manchen möglicherweise nicht nur der Ansteckung wegen recht sind. Unsicherheit auch, weil unklar, welcher Partei von alledem auf Dauer profitieren wird. Derzeit noch schart sich die Mehrheit um die Regierenden, die zwar ihr Bestes geben, aber auch keinen Königsweg im Umgang mit der Pandemie wissen. Beneidenswert sind sie nicht, in diesen Tagen. Tägliches Abwägen der verschiedenen Risiken, auf der einen Seite massives menschliches und wirtschaftliches Elend, auf der anderen Seite die Möglichkeit eines Kollapses der medizinischen Versorgung. Sie sind gefordert, einerseits abseits von Dogmen und Überzeugungen pragmatische und Partei-übergreifende Lösungen zu finden und andererseits zu verhindern, das interessierte Kräfte die Gunst der Stunde nutzen, den Staat nach ihren Vorstellungen umzubauen, siehe Ungarn oder Polen, Länder, die ich nicht mehr als demokratisch bezeichnen würde, was mein Grundverständnis desse angeht.

Soviel Politik … gelacht habe ich heute Morgen aber auch schon. Nebenan bei Ines  findet sich ein guter Beitrag zum Tage, was künstlerisch wertvollen Umgang mit Kapitalismuskritik angeht. Während ich also dort andächtig Funny van Dannen lausche, schaue ich, wem der Beitrag sonst noch so gefällt. Als ich dort die Produkttesterfamilie entdecke, bricht besagte Heiterkeit aus, und dass das jetzt bloß keiner persönlich nimmt 🙂

 

 

Und wieder Sonntag

So einer mit viel Sonne. Da denke ich, ein wenig mehr Regen wäre gut für die Erde, verbunden mit ein wenig mehr Sonne in den Herzen. Bei mir angefangen, wo sonst. Ja, die Zeiten sind unüberschaubar, verunsichernd und auch beängstigend. Merkwürdiger Weise macht es mit mir weniger als erwartet, weil innerlich vertraut. Mal `ne Krise von außen statt von innen – der einzige Unterschied ist teilweise verschiedene Herangehensweise. Akzeptanz und Annahme ist innen wie außen der erste Schritt. Äußere Krisen sind im Vergleich zu inneren Krisen mit einem höheren Grad an Anpassung verbunden und auch mit vergleichsweise größeren Risiken, gesellschaftlich.

Was hilft – neben Hoffnung, Glaube und Vertrauen: Ein bei aller Emotionalität etwas realistischer Blick auf die Dinge. Es ist nur ein VIRUS, keine Weltverschwörung, wie einige selbst aus meinem Umfeld zunehmend glauben. Natürlich gibt es Kräfte, die diese Lage für ihre Zwecke nutzen wollen. Und wieder – Vertrauen, hier auf die Gegenkräfte, ganz konkret unsere Verfassung und deren Vertreter. So lahm und quer, wie unsere Demokratie oft auch rüber kommt, mit ihrer Langsamkeit und föderalen Struktur, zu jeder Kraft gibt es eine Gegenkraft. Nicht nur in der Physik.

Hier ein guter, wenn auch langer Artikel zum Thema, für euch freigeschaltet auf

Krautreporter

Sonst so? Alte Rezepte wirken immer noch. Selbst ein maskiertes Lächeln bekommt Antwort, selbst eine freundliche Bemerkung hinter einer ehemaligen Unterhose im Gesicht findet Resonanz. Geht doch! Und ja, ich schreibe das hier hauptsächlich auch für mich, damit ich das nicht vergesse.

Denen hier ist die Gesamtlage übrigens wurscht. Wenn ich bei ihnen liege, spüre ich das. Positive Vibrations. Zumindest für eine kleine Weile …

Auch ja, falls es jemand vermisst …

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