Montag, 220613

Wegen ausstehender Rechnungen setze ich mich an den Rechner, diese dann erfolgreich verdrängt und lieber bloggen. Es ist beinahe Vollmond, und der ist bekanntlich alles schuld. Darüber hinaus erinnert mich der 13te 6te an nunmehr schon zwei Menschen, die an diesem Tag Geburtstag haben und nicht mehr unter uns sind. Beide hatten und haben ihren Platz in meinem Leben, der eine über viele Jahre als mein treuer Saufkumpan und Berufskollege, die andere virtuell hier auf dieser Plattform. Macht es gut, gleich, wo ihr jetzt seid.

Sonst so?

Vollmond macht regelmäßig komische Sachen mit mir, vor allem in Sachen Nachtruhe. Außerdem fördert diese intensiv gefühlte Zeit allerlei Emotionen und das gerne unmäßig. Fressattacken sind noch die eher harmloseren Auswüchse dieser Zeitqualität. Seis drum, geht auch wieder vorbei.

Kleines Highlight am späten Nachmittag: Ich liege auf dem Sofa und versuche, den mangelhaften Nachtschlaf auszugleichen. Es klingelt, wie so oft, wenn ich ruhen möchte. Barfuß, in einem viel zu großen T-Shirt mit regionalen Bezug und mit einer unfrisierten, an ein geplatztes Sofakissen erinnernde fluchtwilligen Jungkatze unterm Arm öffne ich dem Paketboten die Tür. Sein Gesicht bei dem sich ihm bietenden Anblick – unbezahlbar. Gelacht haben wir beide – Originalgetreues fotografisches nachstellen des Auftritts wegen unwilligen Getier nicht möglich.

So ähnlich jedenfalls …

Montag, 211101

Allerheiligen, der Beginn des stillen Monats, mehr oder weniger. Zum Gedenken der Toten brauche ich persönlich keinen besonderen Tag, das mache ich unregelmäßig das ganze Jahr über verteilt. Es beschäftigt mich mehr der Umgang mit den Lebenden, und ja, es gibt eine Brücke zum heutigen Tag. Menschen gehen meist zu verschiedenen Zeiten und die so genannten Hinterbliebenen dürfen nicht nur derer gedenken, die voraus gegangen sind, sondern auch ihres eigenen Verhaltens ihnen gegenüber, sofern die Reflexion dazu ausreicht. Darin übe ich mich, mit Blick auf meine Eltern, ohne Streben nach Perfektion. Dazu ist meine Seele in Teilen zumindest noch zu aufgewühlt. Fortschritt ist machbar, das geht.

Was mich auch beschäftigt – ich habe dieser Tage mehrfach von Menschen gelesen, die wieder so sein möchten, wie sie einst waren, vielleicht in einer etwas reiferen Ausgabe. Mir persönlich gruselt es bei dem Gedanken. Noch einmal so Angst-erfüllt, blockiert, gehemmt, sprachlos, ohne Worte, ohne irgend einen Sinn? Meine natürlich letztendlich erfolglose „Therapie“ bestand aus einer 22-jährigen Saufzeit, ohne die ich mich möglicherweise umgebracht hätte. Konjunktiv, was solls. Noch mal zurück? Niemals, egal wohin, dorthin jedenfalls nicht mehr.

Bleibt der Blick in die Gegenwart und nach vorne. Es geht mir gut, vergleichsweise. Kann manchmal den Nebel lichten und Brücken im Kopf bauen, Worte finden für das gefühlte. Lerne Vergebung, mir selbst und anderen gegenüber. Was Zorn nicht ausschließt, der darf sein, vor der Vergebung und auch danach, wenn sie noch nicht vollständig ist.

Man fordert Frühstück – Ende der Worte.

Sonntag, 201101

Der stille Monat beginnt heute und diesmal in mehrfacher Hinsicht. Das Gedenken der Toten am heutigen Tag ist eines, etwas anderes ist es, zu spüren, wohin Mensch sich gerade entwickelt, angesichts der Lage im Land, auf der ganzen Welt, wie es scheint.

Gestern Abend. Wir essen und schauen fern. Im WDR läuft irgendetwas mit Musik von 60 Jahren. Wieder mal, denke ich, irgendwie entwickelt sich West3 gerade zum Alte-Leute-Sender. Bedenklich finde ich, dass mich, uns, so vieles vom gesehenen und gehörten schon berührt – die scheinen es also auf uns abgesehen zu haben. Wohl voraussetzend, dass unsereins die stete Verhaftung mit der Vergangenheit innig liebt und die Erinnerung mangels prickelnder Gegenwart braucht wie das täglich Brot. Sei`s drum, der Sender läuft und die Kost ist leicht verdaulich. Auch mal gut.

Zu sehen sind viele Künstler ihrer Zeit, Werdegänge, Interviews, Vitas und natürlich viel Musik, auch Konzertmitschnitte. Unter inneren Protest macht sich aufgewärmtes, längst vergangenes Lebensgefühl, teils von Gänsehaut begleitet, breit. Und – da ich nun mal strebe, in der Gegenwart zu sein, denke ich, es fehlen heute wichtige Kanäle, den Frust loszuwerden. Dem (geselligen) Hedonismus wird gerade aus guten Gründen der Kampf angesagt und im Topf steigt der Druck, wie mir scheint. Nicht alle realisieren die Gebote der Stunde. Hätte ich in jüngeren Jahren vermutlich auch nicht gekonnt und einfach weiter gemacht. Wir waren mindestens so kreativ im umgehen von Regeln wie die Kid`s heute.

Sonst so? Es ist ruhig hier, Dank einer abgesagten Reise sind wir daheim und das ist gut so. Finden im übrigen auch unsere Mitbewohner…

Liegen bleiben bis zum Frühjahr wäre schön…

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