Donnerstag, 210715

Land unter im Tal der Wupper, das ist seit dem Bau der Wuppersperre 1987 noch nicht vorgekommen. Die Nacht lief die Sperre wohl kurzzeitig über, jedenfalls mussten die Betreiber in kurzer Zeit eine große Menge Wasser ablassen, um schlimmeres zu verhindern. Wir wohnen am Berg, diesmal blieb sogar der Keller trocken. Weiter unten sieht das teilweise nicht so gut aus.

Sonst so?

Dienstag war ein freier Tag. Ich hätte sonst was erledigen können, tat ich aber nicht. Traf mich mit einem Jugendfreund, nebenan, in Remscheid. Das wird übrigens mit einem kurzen „e“ ausgesprochen, Nicht-Eingeborene machen da gerne „Rehmscheid“ draus. Wie auch immer. Habe lange in der Stadt gewohnt und komme so nach Jahren mal wieder dort hin.

Zwei nette ältere Herren mit Tagesfreizeit treffen sich. Es gab einen nichtöffentlichen Teil, sozusagen, und einen öffentlichen, beim Spaziergang in der Stadt und umme Ecke, in der Eisdiele. Da saß schon wer, einer der üblichen Verdächtigen. Man kennt sich, großes Hallo. Stühle-rücken, setzt euch, töttern (das ist Solinger Slang und meint Smalltalk machen) Der geneigte Leser erinnert sich, ich übe mich gerade in Sachen flach, das kann durchaus erheiternd sein, zeitweise. Und lustig hat es nicht so oft, also üben.

Der Verdächtige hat dito Tagesfreizeit und ist neugierig. Kennt er doch den Kumpel nur ohne Begleitung oder wenn, dann in Begleitung seiner Konkubine, die aber heute verhindert ist. Woher kennt ihr euch, wird gefragt. Wuppertal, Remscheid?

Nein, sage ich. Das war göttliche Fügung. Es begab sich einst im Jahre des Herrn 1969, mein Vater parkte seinen ersten Wohnwagen in den finsteren Wupperbergen nahe einer Hofschaft. Da gab es nur ein paar Hunde und halt Freund A., genau zwei Monate jünger als ich. Die Hunde wollten nicht mit mir spielen, trotz Kotelett um den Hals. Da blieb nur A. übrig und seitdem kennen wir uns.

Gelächter, der Verdächtige hat keine weiteren persönlichen Fragen mehr und das Gespräch verliert sich im Ungefähren, was uns allen recht ist. Fazit: Ich könnte mich daran gewöhnen, zumindest zeitweise mal so richtig nichts zu tun außer dem Herrn die Zeit stehlen, in einer Remscheider Eisdiele. Töttern, Leute angucken. Mich in der deutschen Sprache üben: Lass mich arbeiten oder lass mir arbeiten? Lass andere arbeiten, so heißt das!

Der winkende Grüßonkel in Miniatur bin übrigen ich…

Remscheid, Theodor-Heuss-Platz, städtische Webcam…

*

Stahl

Seit 39 Jahren begleitet er mich. Ohne ihn wäre mein Beruf undenkbar. Er ist die Basis allen so genannten Wohlstandes, seit vielen Generationen nicht mehr weg zu denken aus unserer Konsum-Gesellschaft.

Bilder vom Stahlwerk, der einzigen Fabrik, deren „Werkstücke“ an der Straße herumliegen, unverdächtig, gestohlen zu werden. Ich mag deren Rauheit, vor allem aber mag ich den Geruch von Stahl.

Sie sprechen für sich …

20170605_155149

20170605_154744

20170605_154758

20170605_154814

20170605_154852

20170605_154902

20170605_154913

Und wieder bereit zur Schmelze…

20170605_155255

20170605_155314

20170605_155341

*

Netzfund mit Erinnerung

Remscheid, 1988

Unsere Aufgabe als Helfer des THW damals war unter anderen das suchen von Munition und anderen technischen, militärischen Gerät, welches über die Unglücksstelle verstreut lag. Zu diesen Zweck begleitete uns ein sachkundiger Soldat. Man erzählte uns zuvor etwas von „Übungsmunition“, welche der Flieger an Bord gehabt haben sollte. Klang harmlos, aber die Aussage des Soldaten belehrte uns eines besseren. Einzig das Projektil dieser Waffen sei ein anderes, Spreng- und Treibsatz der gleiche.

Ferner hatten wir menschliche Überreste einzusammeln. Zu diesem Zweck standen überall „Fleischwannen“ umher, in welchen dieses zu deponieren sei. Eine Szenerie wie in einem schlechten Horrorfilm, für mich unvergesslich.

Unvergessen auch das Auftreten der Amerikaner. Sie sperrten das ganze Viertel weiträumig ab, hinderten Anwohner daran, ihr Hab und Gut zu sichten, während durch die Hinterhöfe die Plünderer sprangen und sich bedienten. Hier erfuhr ich erstmalig live, was es heißt, in einem besetzen Land zu leben. Unvergessen auch der unselige Auftritt des damaligen Verteidigungsministers Rupert Scholz am darauf folgenden Wochenende in Remscheid, dem ein wütender Empfang bereitet wurde.

Es wurde in diesem Zusammenhang gelogen, das sich die Balken bogen…seit dieser Zeit kann ich nur jedem raten, im Falle eines solch großen Unglücks mehr seiner Intuition zu trauen als irgendwelchen staatlichen Institutionen.