Samstag, 211127

Der Herr schenkt mir Rosen, zum drüber nachdenken. Meine Freude hält sich in Grenzen und ich darf zum Noch-Hausarzt, der keinen Nachfolger findet und solange weiter machen möchte, bis sich ein anderer Idealist gefunden hat, der für relativ wenig Geld relativ viel Arbeit und Ärger möchte. Ich bin früh vor Ort und habe meinen dreibeinigen Falthocker dabei, so n Jägerding, weil Schlange stehen ja ab nun überall angesagt ist, mehr oder weniger. Beim Arzt auch, die Menschen stehen bis auf die Straße, auf meine Nachfrage hin alle zur Anmeldung.

Kommt ein Kerl, vielleicht Anfang, Mitte 60, sieht die Schlange und will daran vorbei, zur Anmeldung, er hätte einen Termin. Den bremse ich ab, er solle sich zur Anmeldung anstellen, wie alle anderen auch. Das bräuchte er nicht, weil er einen Termin hätte. Ich sehe mich aufstehen, von meinem Dreibein, nicht gut, im sitzen zu streiten. Und während ich da stehe, wiege ich den ausgezogenen Hocker in der Hand, wohlwollend prüfend und feststellend, ja, es ginge durchaus, dem noch ungeduldigeren Arschloch (relativ zu meiner eigenen Ungeduld) das Teil bei Bedarf über die Rübe zu ziehen, auf dass er einen Grund hätte, für seinen Besuch, zusätzlich zu seinem Termin. Worte fliegen hin und her, andere mischen sich ein und der terminierte Herr stellt sich hinten an. Geht doch.

Es findet sich ein Sitzplatz im Warmen, während draußen die Schlange immer länger wird. Das Arschloch diskutiert währenddessen fortlaufend mit der Anmeldung, als er denn endlich dran ist. Nie hätte ich gedacht, dass jemand 16 Mal (ich habe mitgezählt) in fünf Minuten das Wort „Termin“ benutzen kann und wird.

Tja. Sonst so? Ich darf daheim bleiben und dicke antivirale Bomben fressen, im 5-Stunden-Takt, auch in der Nacht. Und so habe ich Zeit, neben dem Rosenkrieg über mein gestörtes Verhältnis zur Umwelt nachzudenken. Die Liebste versorgt mich mit Mitgefühl, das klingt dann je nach Kontext entweder nach „Du darfst jetzt auch ein wenig weinen“ bis hin zu „Heul doch!“ Man kennt sich halt.

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Schritte der Geduld

Geduld ist meine Stärke nicht. Das liegt sozusagen in der Familie, da hat sich mein Schöpfer etwas bei gedacht, mich diesbezüglich so mangelhaft auszustatten. Also bekomme ich Übungsaufgaben, die ich ihm liebend gerne zurückgeben würde, frei nach dem Motto: Was soll ich mit dem Scheiß… Das hat er aber nicht so vorgesehen, also muss ich da durch. Stichworte? Familiärer Fahrdienst Wochentags um 17.00 durch die Innenstadt. Anliegen bei Behörden, Krankenkassen, und einiges dergleichen mehr. Als wenn das an sich nicht reichen täte, soll ich die frohe Botschaft der Geduld gleich weitergeben, an meinem kranken Vater, der mich in Sachen Geduld noch locker toppt, rückwärts betrachtet.

Analogien helfen beim Verstehen. Im letzten Jahr ging ich eine Weile regelmäßig zu einer kontemplativen Meditationsgruppe, was mir gut getan hat, aber leider aus Zeitgründen eingeschlafen ist. Im Bewusstsein geblieben ist mir die Praxis dort schon. Sitzen, schweigen, unterbrochen von Geh-Meditation, im Kreis durch den Raum, mal etwas zügiger, auf ein Zeichen dann so langsam als möglich. Jetzt habe ich wieder Gratis-Stunden, nur in einem etwas anderen Umfeld. Statt alter, heimeliger Kirchengemäuer findet die Geh-Meditation in der nicht ganz so heimeligen Geriatrie eines Krankenhauses statt, es riecht nicht nach Weihrauch, sondern nach ganz anderen Sachen. An der Seite meines Vaters dort, der mit seinem Rollator in etwa die Geschwindigkeit des achtsamen Gehens trifft.

An guten Tagen verliert sich so das Gefühl, Vollgas mit angezogener Handbremse durch das Leben gehen zu müssen und wird ausgetauscht von der Ruhe, die ich damals in der alten Kirche empfunden habe. Alles macht seinen Sinn, solcher Art.

Und – stimmt, es ist Sonntag…

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Noch ein wenig einkaufen…

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Gut, dass ich ein Gemütsmensch bin. Also, will sagen, ich habe eines, von der Qualität dessen möchte ich im Zusammenhang mit vorweihnachtlichen Einkaufsschlachten lieber nicht sprechen. Jedenfalls bin ich wieder wohlbehalten daheim, der Kühlschrank ist voll und weder habe ich mich an wem vergangen noch umgekehrt. Nur eine halbe Stunde nahm die Parkplatzsuche in Anspruch, mit nur wenig Gefluche meinerseits, gut so (Hätte auch das Rad nehmen können, fühlte mich aber nicht ganz so in Form…). An der Supermarktkasse brauchte ich bloß eine weitere halbe Stunde warten, wie schön!

Ein kleines Highlight während des Wartens war der Moment, an dem ich schon fast ganz vorne war und mit mir der Typ hinter mir, dem laut einfiel, er hätte jetzt das Toilettenpapier vergessen. Da konnte ich hören, wie es in ihm denkt, welch Freude, noch einmal anzustehen … um keinen Preis, denkt es dagegen in mir. Lieber die Verdauung massiv einschränken oder nach allen möglichen nutzbaren Alternativen suchen (Putzlappen aus klein geschnittenen alten T-Shirts fänden so auch noch Verwendung), als noch einmal das Ganze… es juckt mich, das Thema mit meinem Hintermann auszudiskutieren, was ich dann aber lasse – bin gleich dran.

Wie war das mit der Geduld?
Muss mal meinen Bruder fragen…

Bröselzeit

Es ist ein Lebensgefühl, derzeit. Mein Lebensgefühl. Das sich alles, was keinen Bestand hat, auflösen möchte. Schaue ich bei mir, sehe ich meine Ohnmacht den Problemen anderer Menschen gegenüber. Meine zeitweise Ungeduld. Mein Unvermögen, anderen ihre eigene Geschwindigkeit zu lassen.

Das breitet sich nach außen Trichter-förmig aus.
Von Politik will ich erst gar nicht reden.

Zeit des Umbruchs, so scheint es.
Auf allen Ebenen.

So geht Evolution …

Quelle (sehenswert!):

http://www1.wdr.de/fernsehen/abenteuer-erde/sendungen/tierisch-genial-intelligenz-mit-fell-und-federn-100.html

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