Samstag, 201031

Besondere Erkenntnisse der Woche:

Alle lassen es noch einmal so richtig krachen. Die Kinder und wir waren gestern den Geburtstag der Liebsten feiern. Zu viert. Unser Luisenviertel was rappelvoll. Alle Kneipen hatten nochmal Hochkonjunktur, um 11 Uhr Abends stand alles auf der Straße, schön voll und gesellig, ohne Masken und Mindestabstand, dafür gut gelaunt. Die Rechnung kommt später. Wenn dann abgerechnet wird, geht es wieder los. Das Endlosgelaber über die Sündenböcke.

Auf dem Punkt gebracht heißt das:

Danke, Browser Ballett.

Sonst so? Manchmal wird mir seltsam zumute. So geschehen Anfang dieser Woche. Meine Füße stecken hier daheim seit Ewigkeiten schon in asigen Adiletten. Damit mache ich wirklich alles, weil die Dinger gefühlt ewig halten. Nur gefühlt aber – nach vielen Jahren harten Tragens haben auch sie irgendwann das Ende ihrer Lebensdauer erreicht.

Am Montag, glaube ich, streife ich die Latschen ab und sitze barfuß am Schirm, so wie meistens. Das dauert nicht ewig und so stehe ich irgendwann wieder auf, schlüpfe in besagte Fußbekleidung und gehe zwei Schritte, um mich dann zu wundern, warum ich mit einem Fuß wieder auf den Dielen stehe. Sehe den Latschen und wiederhole den Vorgang, mit demselben Ergebnis … zu meiner Entschuldigung muss gesagt werden, es ist 5 Uhr früh. Langsam realisiere ich das Malheur und wundere mich, wie lang der Weg von den Füßen zum Kopf sein kann. Mittlerweile ist der Schaden wieder behoben, die nächsten Schlappen stehen am Start, diesmal in Signalfarbe. Was bleibt, ist eine diffuse Angst vor`m Älter-werden …

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Sonntag, 201025

Wieder Winterzeit, inklusive Rückgabe der im Frühjahr gestohlenen Stunde. Wie wäre es eigentlich mit Zinsen, verehrte graue Herren? Sei`s drum, ehrliche Kaufleute seid ihr eh nicht. Mal davon abgesehen, dass diese eh schon nicht ganz so zahlreich sind, maßt ihr euch den Handel nur an. Mal sehen, ob sich eure Erschaffer doch noch einigen, diesen Unsinn zu beseitigen.

Sonst so? Wir haben Freunde besucht, gestern Abend. Das soll man sein lassen, lassen wir aber nicht. Die guten gemeinsamen Stunden sind Labsal für die Seele, was wiederum das Immunsystem kräftigt. Das gilt im weitesten Sinne auch für den Umgang mit meinen greisen Eltern, bzw. deren Seelen. Ok, auch für die Meinige, gibt es mir doch das gute Gefühl, alles mir mögliche zu tun. Selbstlosigkeit geht, wenn überhaupt, dann nur im Affekt. Plane ich einen Besuch, bin ich schon darüber hinaus, irgendwie. Sei`s drum. Meine Seele ist schon etwas älter und alles andere als unbefleckt. Aber auf einem guten Weg, glaube ich. Sollte reichen, weil vom strengen Richten wird sie auch nicht Reiner. Nomen est Omen wäre nett, erscheint mir allerdings illusorisch. Besser, wir sind gute Freunde, meine Seele und ich.

Und – weil`s irgendwie passt:

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Samstag, 201024

Gedanken über manch Anhaftung an die Vergangenheit. Für B., aber auch für mich, zur Erinnerung.

Wo bin ich, wenn nicht im Augenblick, in der Gegenwart? Mal versuche ich mir die Zukunft vorzustellen. Pläne gibt es keine mehr, eine Vision, eine Ahnung vielleicht, verbunden mit der Hoffnung, damit zumindest in etwa richtig zu liegen. Wohl wissend, das letzte Wort habe nicht ich.

Weit mehr Raum nimmt manche Erinnerung an die Vergangenheit ein. Je älter ich werde, desto mehr kommt zusammen, damit kann ich locker die Tage füllen, wenn ich es denn zulasse. Kann alles noch einmal präsent werden lassen, all die alten Irrwege und Wunden noch einmal spüren, ebenso wie die tatsächlichen oder vermeintlichen Fortschritte. Mal hat das seinen Sinn, für eine Zeit. Und ja, manches verblasst und hinterlässt allenfalls diffuse Bilder oder auch Schuldgefühle. Je mehr Zeit vergeht, desto unscharfer wird manches Bild.

Für mich ist wichtig, stets die Brücke zur Gegenwart im Auge zu behalten, denn gleich, in welche Richtung ich nun schaue, eines ist beiden gemein: Der Blick zurück, so sinnvoll er von Zeit zu Zeit auch sein mag, um mich neu zu verorten, er entfernt mich ebenso aus der Gegenwart wie zuviel Sandkastenspiele im Kopf, was die Zukunft angeht. Gehe ich nicht über die Brücke, laufe ich Gefahr, den Nebel der Vergangenheit mit in meine Gegenwart zu nehmen.

Als ich noch trank, sah ich keine Brücke. Alles war grau-schwarz, ein aufgewühltes, trübes Meer aus verpassten Gelegenheiten, gelebte, gefühlte Scham und vor allem Selbstmitleid, kombiniert mit teilweisen Realitätsverlust und beginnender Paranoia. Allein in diesem trüben Ozean, weit und breit kein Horizont in Sicht, weil die eingesetzten Mittel jeden schärferen Blick verhinderten. Das schlimmste daran war, mit den rechten geistigen Kniffen ließ es sich darin aushalten,, sich darin einrichten, der einsame Wolf lässt grüßen. Heute drücke ich es anders aus, Scheiße hält eben warm, zumindest eine Weile.

All dies ist lange her, meine Gegenwart heute ist, Gott sei Dank, eine andere. Die Fallstricke sind geblieben, aber sichtbar und lebbar. Der Hang zum grübeln scheint mir eigen zu sein, gleich wie der schwarze Vogel, der untrennbar zu mir gehört. Schatten sicher, aber auch das Licht ist in mir, reduzierter Sozialkontakte und manch Alltags-bedingt auf ein natürliches Mass geschrumpfter Träume zum Trotze. Leben ist – hier, jetzt. Im Licht, wenn gerade auch nur die Schreibtischlampe. Jemand liest all dies vielleicht bis zum Ende hier, und schon ist eine Verbindung da, wenn auch nicht sicht- und greifbar 😉

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PS: Gerade gelesen – Warum Deutschland drei mal mehr Corona-Kranke als Japan hat, trotz vergleichbar überalterter Gesellschaft. Eine Mischung aus gravierenden Unterschieden in Bürokratie und Verwaltung einerseits, aber – und das macht mich schon nachdenklich – auch in dem Sozialverhalten, dem Verantwortungsgefühl jedes Einzelnen. HIER für euch ohne Bezahlschranke bei den Krautreportern nachzulesen.

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Corona — deborrah’s

Ich liebe diese Sprache. Wenn es nicht so ernst wäre…

Wohlan, laßt uns herniederfahren und ihre Sprache daselbst verwirren, daß sie einer des anderen Sprache nicht verstehen! 1 MOSE 11:7 ELB Die Menschheit leidet gerade an einer babylonischen Sprachverwirrung namens Corona. Die Menschen verstehen oder wollen nicht verstehen, was eine Pandemie bedeutet. Mit babylonischer Konsequenz.

Corona — deborrah’s

Sonntag, 201018 – am Abend

Ungewissheit.

Letztens las ich irgendwo, Menschen, die sich mit dem Unplanbaren, dem Ungewissen leichter tun, kämen nun besser auch durch diese Zeit. Da mag etwas dran sein.

Mit 19 zog ich von meinen Eltern fort und hatte nicht den geringsten Plan. Außer vielleicht den festen Haushaltsposten für Alkohol und Drogen. Viel später ließ ich mich auf familiäre Zustände ein und wusste nicht, was ich tat. Dazwischen lagen die 80er, wo ich, zusammen mit so vielen anderen, nicht wusste, ob der heutige Tag vielleicht nicht doch der letzte sein sollte, dem „kalten Krieg“ sei Dank.

Mit 36 lebte ich wieder allein, wollte an die alten Zustände anknüpfen und scheiterte erneut grandios. Eineinhalb Jahre später sagte ich laut „Ja“ zum Leben und hatte wieder keine Ahnung, wie ein Leben ohne Rausch aussehen könnte. Ich ließ mich darauf ein, weil ich nicht elendig auf allen Ebenen zugrunde gehen wollte. Es folgten viele Jahre großer Ungewissheit. Anwaltliche Auseinandersetzungen mit der Mutter meines Sohnes mit völlig ungewissen Ausgang. Bauchschmerzen vor dem Briefkasten. ES hat sich gefunden.

Beziehungs-Chaos. Versuch und Irrtum. Wieder keine Gewissheiten, nicht die geringsten, weil meine jeweiligen Gegenüber mir so ähnlich sahen (daher kommt der von mir so oft zitierte Spruch „Gleiches sucht und findet Gleiches“). Und wieder fand ES sich.

Es folgten berufliche Ungewissheit und zwischenmenschliche Herausforderungen unterschiedlichster Art. ES hat sich gefunden und – ich sollte lernen, die Unwägbarkeiten besser anzunehmen, Vertrauen zu lernen, weil Leben nun einmal keinem festen Plan folgt. Ein Weg, den ich bis heute beschreite. ES findet sich, wenn ich meiner Intuition, meinem Glauben folge.

Und nun herrscht eine große, gesellschaftliche Krise. Neu daran ist, das dieses Mal so viele um mich herum mit den Flügeln schlagen. Mich lässt es nicht kalt, sicher nicht. Aber innerlich weiß ich, ES wird sich finden. Wie auch immer.

Sonntag, 201018

Ein paar werkfreie Tage gehen zu Ende, ich bin dankbar für unsere Kinder, die Corona zum Trotz hier her finden. So wie ich es im übrigen mit meinen Eltern halte. Es ist nicht an uns, uns vollständig zu isolieren, das macht auf Umwegen ebenso krank. Zweifel gehören dazu. Was ist, wenn. Nicht für mich, für uns. Für die Alten. Es ist, wie es ist und ich lasse mich führen.

Sonst so? Es scheint heute doch noch heller zu werden. Es braucht Licht, Luft und vielleicht auch Sonne.

Samstag, 201017

Es will nicht wirklich hell werden, da draußen. Sei `s drum, es ist halt spät im Jahr. Die Zeit am Schirm nutze ich, einen älteren Artikel beim Wassertiger , die Selbsthilfe betreffend, mit einem Update zu versehen. Stelle ich der Einfachheit halber hier mit hinein:

Mit der Zeit komme ich zu einigen, für mich sehr interessanten Erkenntnissen:

  • Es geht mir auch ohne Gruppe gut, meinem Glauben sei Dank. Die üblichen Schwankungen, denen alle Menschen ausgesetzt sind, inbegriffen. Teilen und weitergeben ist mir immer noch wichtig, aber weniger aus einem persönlichen Bedürfnis, aus eigener Not heraus, mehr mit der Hoffnung verbunden, anderen Mut zu machen, ihren Weg weiter zu gehen.
  • Ich bin und bleibe ein süchtiger Mensch, der nur durch Gottes Gnade im Leben so etwas wie Halt gefunden hat.
  • Es fühlt sich so an, als ob nun das Gelernte der letzten 20 Jahre auf seine Ernsthaftigkeit, seine Tragfähigkeit hin geprüft wird.
  • Konspirative Freundschaftstreffen (inoffizielle Meetings) in ominösen Hinterhöfen, ohne Bekanntgabe meiner persönlichen Daten, haben auch ihren gelegentlichen Reiz. Natürlich immer unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen wie Abstand und Maske. Und – was in den oft sehr vertrauensvollen Runden echt schwer fällt – niemanden drücken oder herzen. Auch interessant – früher konnte ich das nicht, heute fehlt es mir.
  • AA ist in erster Linie eine Zweckgemeinschaft, wer sich abwendet, existiert für die meisten anderen nicht mehr wirklich. Oder aber mein persönlicher Zuschnitt, meine gelegentliche Impulsivität, Arroganz, Distanz, verhinderte tiefere Bindungen über die Jahre. Wahrscheinlich ein Mix aus beiden.
  • Die gewonnene “freie” Zeit kommt mir sehr gelegen, mit Blick auf familiäre Verpflichtungen.

Sonst so? Auch ich spüre dieses Grummeln im Bauch, angesichts der Pandemie-Entwicklung. Das Tal der Wupper ist mit knapp 100 Neuinfektionen/100 000 Einwohner in den letzten 7 Tagen der Favorit in NRW, kurz vor dunkelrot in den einschlägigen Karten. Ein Promille also, ab 0.5 wird`s rot. Fast wie im Straßenverkehr…stärkt mich in den Entschlüssen, weiter auf meinen Schöpfer zu vertrauen, mich von Zahlenwerken nicht über Gebühr beeindrucken zu lassen und meinesgleichen so gut als möglich/unausweichlich zu meiden. Inner Circle von Familie und Freunden ausgenommen.

Mittwoch, 201014

Wenn ich sehe, was derzeit Pandemie-bedingt durch die Schutzmaßnahmen an Existenzen vernichtet wird, wird mir flau. Die vielen Menschen im Veranstaltungs- und Gastgewerbe haben mein Mitgefühl. Gleichzeitig spüre ich tiefe Dankbarkeit, seinerzeit einen Beruf mit „Substanz“ ergriffen zu haben und darüber hinaus eine Menge glückliche Fügungen erlebt haben zu dürfen, die mich bis heute seit nunmehr 42 Jahren ununterbrochen erwerbstätig sein ließen.

Lange Zeit habe ich Menschen ein wenig beneidet, die beruflich „irgend etwas kreatives“ lebten. Oder in direkter Weise an der hedonistischen Maxime unserer Gesellschaft ihr Auskommen hatten. Indirekt trifft das auch auf mich zu, mache ich doch seit Urzeiten schon „irgendwas mit Autos“. Und – zu meiner eigenen Gewissensberuhigung bin ich an der Wertschöpfung von Fahrzeugteilen beteiligt, die unabhängig von der Antriebsart in allen Fahrzeugen benötigt werden. Auch ein Segen, in der Zeit heute.

Und nein, ich bin kein Feind von Vergnügungen. Obgleich spät evangelisch getauft, auch kein Vertreter von purem beten & arbeiten. So wie Millionen andere bin ich in einer Welt aufgewachsen, deren Hauptzweck, so wurde es mir vermittelt und rundherum vorgelebt, darin bestand, sich die Taschen zu füllen, weil das letzte Hemd eben keine solchen hat. Die Frage nach einem wie auch immer gearteten tieferen Sinn, in Kombination mit meinem persönlichen Zuschnitt als süchtiger Mensch hat mich an Abgründe gebracht, die ich nicht nur überleben, sondern auch an ihnen wachsen durfte. Stofflicher Genuss hat heute für mich da seine Grenzen, wo er anfängt, mein Bewusstsein zu manipulieren. Darüber hinaus weiß ich heute freie Zeit sehr zu schätzen, bin mir selbst zunehmend mehr ein Freund und brauche nicht viele Mittel, um Frieden zu finden.

Die Mischung macht es. Ich wünsche uns ein wenig mehr Bodenständigkeit, in Verbund mit spiritueller Tiefe, die nicht erst am Boden der Abgründe zu finden ist.

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PS: Die Grinsekatz gibt es nun auch wieder bei Facebook.