Samstag, 210703, am Abend

Später Nachmittag. Unterwegs – wieder einmal. Alte Häuser, die Autobahn, der Nordhang. Schrebergärten, es riecht unglaublich nach blühenden Bäumen und Büschen. Die Luft klebt, von Westen her wird es dunkel am Himmel, aber die Eindrücke, die Schritte sind Balsam für mein Gemüt, geschunden von den morgendlichen Eindrücken beim Besuch der Ahnen.

Hier und da mischt sich der Geruch vom gehabten Schwein unter die Blütendüfte, grillende Schrebergärtner halt. Wobei die landläufig mit dem gehabten Schwein assoziierte Glückseligkeit eindeutig nicht auf Seiten des Tieres liegen wird. Die arme Sau. So Gerüche erinnern mich an ein früheres Leben, scheint es. So, wie die meisten Gerüche als Erinnerungen abgespeichert sind. Manchmal weiß ich es nicht so genau, bin ich eigentlich so animalisch, dass Gerüche so sehr über Sympathie oder Antipathie entscheiden können oder ist es mir vielleicht nur etwas bewusster als vielen anderen Menschen? Keine Ahnung, das Tier in mir orien-Tiert sich jedenfalls ein Stück weit der Nase nach. Verbranntes Fleisch fällt bei mir heute in die gleiche Kategorie wie zu stark parfümierte Frauen. Überwürztes Essen. So in der Art.

Bilder …

Die Resteverwerter bei der Arbeit.

Feuerwanzwehr…

Türme, mehr oder weniger abgefuckte Häuser und Treppen. Wuppertal …

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Mittwoch, 201223

Nebenan wird noch geschlafen, derweil ich schon einkaufen war. Früher Vogel und so. Um halb Acht machte der Markt auf, kurz nach halb war ich drin. Viertel nach wieder raus und schon stand alles Schlange. Unnötige, aber unvermeidliche Sozialkontakte, die wie ich gute Gründe haben, kurz vor den ganz stillen Tagen noch mal schnell den Kühlschrank zu füllen. Ein super Übungsfeld, den Impulsen der Ungeduld nicht nachzugeben und sogar hier und da ein mildes Lächeln zu verschenken. Frohe Festtage wünschen. Jemanden den Parkplatz vor der Tür überlassen. Geht doch, nett sein.

Während ich über meine Ausbrüche von Nettigkeit nachsinne, läuft im Hintergrund die per Zufall-Mix die Playlist aller drei Studioalben von den Sisters of Mercy. Musik, die meine derzeitige Stimmung aus Planlosigkeit und Fatalismus verstärkt. Wenigstens der schwarze Vogel hält sich zurück, gut so. Nickt nur manchmal und schaukelt leise auf meiner Schulter – bin noch da, keine Sorge. Auf den ist Verlass.

Sonst so? Wir nutzen die freien Tage zum gemeinsamen Essen und Filme gucken. Lassen uns gemeinsam berühren. So wie gestern, Enkel für Anfänger, nettes Filmchen mit ernsthaften Hintergrund, das zum lachen und zum nachdenken anregt. Nachspüren, fühlen, was gehen könnte, für die Zeit nach der Arbeit. Für das, was man Alter nennt. Jeder für sich und idealerweise gemeinsam. Kommt leider nicht all zu viel bei heraus, meinerseits, Planlos eben. Im Grunde war ich noch nie viel anders, was irgendwelche Visionen, Pläne oder Träume anging. Es gab nie welche, das wurde spätestens, nachdem die klassischen Lebensentwürfe sich als für mich nicht praktikabel herausgestellt hatten (so feine Bilder wie Vater-Mutter-Kind ), klar.

Orientierung war nie meine Stärke. Praktisch sichtbar wurde das in grauer Vorzeit, als es noch keine Navigation im Auto gab. Die zahllosen Ehrenrunden in fremden Gefilden sind aus heutiger Sicht ein passendes Sinnbild und gut übertragbares Gleichnis in Sachen Orientierung. Was hoffen lässt, ist die Tatsache, dass ich meinen Weg eigentlich immer gefunden habe, wenn auch mit etlichen Schleifen, seltsamen Abzweigungen, Umwegen und Hindernissen wie z.B. Baustellen oder Unfälle.

So Sachen werden immer dann klar, wenn gerade mal nichts abzuarbeiten ist. Also kein industrielles Gewerke, kein Elterndienst, kein sonst was. So wie jetzt eben. Was da bleibt, ist weiter auf Führung, auf innere Navigation vertrauen, darum zu bitten, weiter machen, wach bleiben, sich dem stellen, was ist.

Und – nach den Tagen wird es kälter, das passt gut.

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Neulich, im Maisfeld

Inspiriert von Sweetkoffie`s Besuch an selben Ort haben die Liebste und ich heute den letzten gemeinsamen freien Tag dazu genutzt, uns dort ebenfalls mal umzuschauen. Das Labyrinth ist Teil des Hielscher Hofes, mit einer Menge Tieren, Hofladen sowie ein Restaurant.

Flauschige Gesellen, sehr sympathisch.

Was soll ich sagen, mein Orientierungssinn ist unterirdisch ausgeprägt, darum waren mir Labyrinthe immer schon suspekt, legen sie doch solcher Art Defizite gnadenlos offen. Rückblickend kann ich kaum glauben, dass ich bis 2009, als die eineinhalbjährige Pendelei von und nach Berlin begann, nur nach Karte Auto gefahren bin. Angekommen bin ich eigentlich immer, aber wie …

Also machen wir uns auf, die Vorgabe lautet, 9 Schilder zu finden und passende Fragen dazu beantworten, was nur mit Hilfe des Gelesenen geht. Alles so Themen aus der Natur, schon interessant, hat man alles erfolgreich bewerkstelligt, kann man an einem Preisausschreiben teilnehmen und eine Schachtel Eier, Korb mit Zeug oder sonstwas gewinnen. Wohlan…

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Es ist sehr warm, und schon nach kurzer Zeit wird klar, es ist, wie erwartet, nicht ganz so leicht, sich zurechtzufinden. Irgendwie wie früher, beim kiffen, alles grün und keinen Plan.

Mais ist ein seltsames Gewächs, mit Frisur wie die seligen Punks, und Füße dran, die erwarten lassen, verfolgt und ergriffen zu werden. Die Assoziation kann allerdings auch mit meiner derzeitigen Lektüre zusammenhängen, da bitte ich um Nachsicht.

Und los geht der Irrweg. Wir laufen auf`s Geratewohl hinein. Drehen Ehrenrunden, finden so nach und nach einige Schilder mit besagten Fragen. Die erste Stunde ist es noch ganz nett, dann, so langsam, sticht die Sonne und es wird arg warm. Die Ausblicke entschädigen zunächst …

Später dann – mittlerweile haben wir, wie Hänsel und Gretel im Wald umher irrend – 8 von 9 Schilder aufgetrieben und fein die Karte ausgefüllt. Nur Schild Nummer 3 ist unauffindbar. Eine Menge dummes Zeug geht mir beim umherlatschen auf dem staubigen, heißen Grund durch den Kopf… feine Hänsel und Gretel gäben wir ab, nach Tagen vergeblichen Umherirrens müssten wir erst einmal kräftig gemästet werden, um den kulinarischen Vorstellungen der ollen Hexe gerecht zu werden, ausgezehrt, wie man uns finden könnte. Weiter fällt mir ein Bett im (Mais-)Kornfeld und irgendwas mit Popkorn ein, was der Orientierung auch nicht gerade förderlich ist.

Irgendwo am Himmel kreisen ein paar Vögel, aha, denke ich, die Geier warten schon. Fernab bellt ein Hund … Leichenspürhund, geht mir durch den Kopf. So verdienen die also ihr Geld hier. Schicken nach Tagen die Töle in`s Feld, menschliche Überreste finden und mit erstandenen Kreditkarten die Hofkasse aufbessern. Schild Nummer 3 bleibt derweil unauffindbar.

Allmählich komme ich zu der Überzeugung, hier wird Gaslighting der übelsten Art betrieben, um uns so langsam in den Irrsinn zu treiben. Schild Nummer 3 ist bewusst entfernt worden oder wenigsten fahrlässig gestohlen, um uns Besucher kirre zu machen. Dafür haben sie andere Schilder doppelt, drei- oder sogar vierfach aufgestellt, so oft, wie wir sie finden. Von weiter weg dringt Gelächter zu uns, ja, lacht ihr nur, gerade frisch angekommen wohl. Das legt sich mit der Zeit. Pinkeln muss ich auch, was ich mir tunlichst verkneife, wäre zwar nicht zu sehen, aber mit Sicherheit zu hören, beim schiffen in die Botanik. Auch, wenn`s vielleicht eine kleine Orientierungshilfe wäre…

Und solcher Art demoralisiert verlassen wir nach ca. zwei Stunden den Ort der Verwirrung auf rechtem Wege und entschädigen uns erst einmal mit leckeren Essen, nebenan, im Restaurant, was Lebensgeister und Zuversicht wieder zurück bringt. Dann eben kein Korb mit Zeug oder sonstwas, war trotzdem ein guter Tag.

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Nicht noch ein Eintrag, der „Sonntag“ heißt

Momentan gehört unser Abenteuerspielplatz von Wohnung den beiden Fellnasen und mir – in dieser Reihenfolge, alle Katzenliebhaber werden das bestätigen können. Die Liebste ist in Sachen Familie unterwegs, so wie auch ich in letzter Zeit, wenn auch aus anderen Anlass.

An solchen Tagen ist die große Kleine noch verschmuster, kommt zu mir in`s Bett und wartet, sucht fordernd mit ihrem Kopf meine Hand, um mit selbigen darin höhlengleich zu verschwinden. Warm und dunkel … irgendwie zieht es alle Geschöpfe aus Fleisch und Blut gelegentlich wieder dahin zurück. Eine glaubwürdige  Quelle hat mir mal ernsthaft versichert, Heroin hätte die gleiche Wirkung … nur gut, dass ich diese Erfahrung nicht teilen musste, ich habe andere, eigene, die mir durchaus genügen.

Und während der Flauschball dicht neben mir dunkel wie ein gut laufender Elektromotor ununterbrochen schnurrt, geht mir die gestrige Visite bei den Eltern nicht aus den Kopf. Oder besser, ein Gedanke währenddessen, der schon so etwas wie ein Grundsatz für mich geworden ist, mit den Jahren. Mit Grund- oder Glaubenssätzen bin ich vorsichtig geworden, das Leben ist zum einen dafür zu sehr in steter Veränderung, zum anderen werden aus Grundsätzen und auch bewährten Traditionen schnell Dogmen, die wiederum eine andere Liga bilden. Anstelle Halt und Orientierung schaffen sie Erstarrung und Ausgrenzung, keine gute Basis für die stete Veränderung um und mit uns. Einige wenige haben dennoch alle Zeiten überdauert, haben sich bewährt, im Wandel der Zeit. So der hier zum Beispiel.

Zu tun, was ich kann.

Das zieht sich durch alle Lebensbereiche, fängt bei den 51% an, die immer mir gehören, als mein eigener Mehrheitseigner. Wenn wer meint, alles geben zu müssen, schüttle ich nur den Kopf, keine gute Idee, bleibt dann doch recht wenig für den Akteur übrig. Oder für irgendwas zu brennen, auch keine gute Sache, in kurzer Zeit sozusagen ausgebrannt als Haufen Asche zu enden. Will sagen, Achtsamkeit im Umgang mit mir selbst ist die Basis für alles andere, für die 49% Außen-Gerichtetheit meinetwegen.

Im Außen geht es mir darum, das mir mögliche zu tun, ohne mir einst vorwerfen zu müssen, gegen besseres Wissen etwas unterlassen zu haben. Gleich, ob es um Verantwortung für diejenigen geht, die sich nicht (mehr) selbst helfen können oder darum, eine Arbeit zu meiner Zufriedenheit zu erledigen. Früher war dieses Streben mit Exzessivität und Perfektionismus verbunden, mit Euphorie und totalen Abstürzen, gefolgt von ebenso exzessiven Belohnungen oder eben (Selbst-)Bemitleidigungen. Mit den besagten 51% hatte ich damals nix am Hut… die Erinnerung macht mich hier beim schreiben schon dankbar, heute anders leben zu dürfen.

Noch einer zum Schluss? Ok, der ist auch gut, klingt zwar flapsig, ist auch nicht von mir, aber von mir zu eigen gemacht.

Zwei Dinge über Gott: Es gibt ihn und – ich bin es nicht.

In dem Sinne wünsche ich uns allen einen guten Sonntag …

 

Aufruf der Hopi – Indianer an die Menschheit

Quelle: https://dannygross.wordpress.com/2015/03/24/14/
Danke für die Erlaubnis, zu teilen.
So sehr wahr in diesen Zeiten!

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Wir befinden uns in einem reißenden kosmischen Fluss.
Dieser ist so stark und mächtig,
dass ihn viele Menschen fürchten werden.
Sie werden versuchen, sich am Ufer festzuhalten.
Sie werden auch das Gefühl haben,
auseinander gerissen zu werden und
werden aus diesem Grund auch sehr leiden.

Wisse, dass der Fluss seine Absicht und sein Ziel hat.
Die Weisen der Hopi-Indianer rufen dazu auf, sich vom Ufer loszulösen
und in die Mitte des Flusses reißen zu lassen.

Wir sollen unsere Häupter über dem Wasser halten,
um den Blick für jene freizuhalten, die wie wir selbst
mit Vertrauen und Freude im Flusse treiben.
In dieser Zeit sollten wir nichts persönlich nehmen
und auf uns alleine beziehen. Tun wir das dennoch,
beginnen unsere spirituelle Reise und unser Wachstum zu blockieren.

Die Zeit des einsamen Wolfes ist vorbei.
Orientiert euch an der Gemeinschaft, an den Mitmenschen.
Streichen wir doch das Wort ‚Kampf’ aus unserem Vokabular,
aus unserem Bewusstsein.

Alles, was wir im Alltag machen,
sollte als heiliger Akt betrachtet werden.
Suche keinen Führer abseits deiner selbst.
Gewinne deine eigene Kraft zurück
und erhalte sie für deine Entwicklung.

Es gibt keine Landkarten mehr,
keine Glaubensbekenntnisse und keine Philosophien.
Von jetzt kommen die Anweisungen geradewegs aus dem Universum.
Der Plan wird offenbar, Millisekunde auf Millisekunde,
unsichtbar, intuitiv, spontan, liebevoll.
Gehe in deine Zelle und deine Zelle wird dich alles lehren,
was es zu wissen gibt.

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