Samstag, 210508

Auf dem Weg zum Einkauf hatte ich ihn heute früh plötzlich vor mir. Den „großen Bruder“ meines Lieblingsgefährtes der 80er, der mit einem kleinen V6er von gerade mal 2 Litern ausgestattet war. Die „jüngsten“ Exemplare liefen Anno 1985 vom Band, dann war Schluss. Eigentlich roch ich ihn schon, weit bevor ich ihn sah. 15 Liter Stadtverbrauch (meiner kam nur auf knapp 12…) ohne Kat, der Gestank der 80er zog gnadenlos durch die Lüftung ins Wageninnere. Anachronismus pur, drinnen saß ein Typ, alt und fett, auch irgendwie durch die Zeit gefallen wirkend wie sein Auto.

Aber – Emotionen bedient haben solche Autos. Mal davon abgesehen, dass ich damals noch keine 30 war – so viele Strafmandate in kürzester Zeit habe ich nie wieder gesammelt. Alles Geschwindigkeitsübertretungen und auch mal angerötete Ampeln. Jeden Sportfuzzi mit aufgeblasenen Golf GTI habe ich mit diebischer Freude an den Kreuzungen dank Automatik & Kickdown zumindest in den ersten Metern stehen lassen, an guten Tagen lässig den nicht benötigten linken Fuß mit den Wildlederfransenboots aus dem Fenster hängen lassend. Wollte ich wirklich mal einfach nur in aller Ruhe nach Hause oder sonst wo hin, wurde ich prompt von anderen Heißspornen herausgefordert – ein Gebaren, über das ich heute nur noch lachen kann. Aber mit Mitte 20 war ich vorne und wenn ich hinten war, war hinten vorne… Mein großes Kind in heute ebensolchen Lebensalter hat so rein nichts davon, zu meinem Staunen und zu meiner großen Freude.

Längst bin ich ein anderer Mensch, was Alltagsgegenstände angeht und auch sonst, Gott sei Dank. Pragmatisch, sparsam, zurückhaltend und zunehmend global denkend, mit Gruseln im Nacken, wenn ich an die Folgen unserer Sünden denke. Aber manchmal, wenn auch selten, beim Anblick eines Sportcoupes, dann kitzelt es noch ein wenig, so wie früher. Gut, nicht jeden Impuls nachgeben zu müssen, denke ich dann.

Sonntag Abend

*

Wann war ich eigentlich letztmalig im Melkweg/Amsterdam?

Das muss so um 1982 gewesen sein. Damals gab es keine Tash Sultana, es gab irgendwelchen Reggae, eine reichlich verkiffte Truppe aus dem Tal der Wupper, Erinnerungslücken, eine übervölkerte Ferienwohnung in Callandsoog nahe Amsterdam. Es gab einen stinkenden, rostzerfressenen Opel Rekord D/1700 Caravan in 70er-Orange, was gut mit dem Rost harmonierte. Übernachten darin war auch gut möglich, Schlafsack & Luftmatratze waren immer an Bord. Und – es gab gewisse Schwierigkeiten, den Wagen in Amsterdam zum einen wiederzufinden, zum anderen, aus der Stadt heraus zu finden. Wie das so ist, sein kann, stoned. Es gab interessierte Blicke der Zollbeamten an der Grenze auf der Heimfahrt, in Richtung Ladefläche des Caravan, derweil sich dort 3 Gestalten lang ausgestreckt vom Osterfest in NL erholten. Gelobtes Land, damals.

Hatten Sie einen angenehmen Aufenthalt in den Niederlanden?
Hatten wir.

*