Sonntag, 240407

Es gab mal eine Zeit, da habe ich so Sinnsprüche verschlungen. Wie überhaupt alles, was nach Weisheit auf dem Weg der Heilung klang. Unter anderen auch die Geschichte von dem Typ, der in einer Gefängniszelle sitzt und aufgehört hat, an die Freiheit zu denken, sich nicht einmal vorstellen kann, wie das ist, nicht eingesperrt zu sein. Irgendwann stand sogar seine Zellentür offen, aber er wollte nicht hinaus. Fragt mich nicht nach der Quelle, die habe ich vergessen.

Wie frei bin ich denn, mein Gefängnis zu verlassen? Kann ich wirklich das eine oder andere transzendieren, auflösen, um dahinter weiterzugehen? Oder ist es am Ende doch nur transformierter alter Wein in neuen Schläuchen? Rückschau hilft und die Antworten sind nicht homogen. Ist das, was ich einst als Gefängnis meiner Selbst empfand, nicht zur Basis eines neuen Lebens geworden? Wie kann man von ständigen loslassen sprechen, ohne in die Falle des Verdrängens zu laufen?

Es geht wirklich, neuronale Netzwerke entstehen neu, neue Erfahrungen überschreiben zwar nicht die alten, sonst könnte ich mich nicht erinnern. Die Frage ist, wie erinnere ich mich. Fühlt sich etwas immer noch schambesetzt oder angstbehaftet an, oder spüre ich mit Blick auch mal weit zurück den ersehnten Frieden? Oder neige ich zum vergessen, weil sich das am leichtesten anfühlt? Die medizinische Entsprechung wäre dann am Ende die der Demenz.

Ich spüre keine Erlösung, aber Fortschritt. Und Neugier, das Leben ist spannend, auch mit Blick auf dich, der Du das gerade liest. Auch Du kommst irgendwo her, bist irgendwo und sehnst dich irgendwo hin, lässt die Resignation nicht gewinnen und lebst Hoffnung.

Dann wären wir schon zu zweit 🧑‍🤝‍🧑​ 🙂

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Zum Ende noch Lichtspiele eines frühen Frühjahrsmorgens. Immer nur für ein paar Minuten zu sehen, ich liebe es, die bildhaft festzuhalten.

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Donnerstag, 231221

Der zweite werkfreie Tag, für mich, der ich keine Geschenke mache und erwarte, zumindest ohne den üblichen Punk kurz vor Schluss. Anstelle zahlloser Stehrumchen und Vollstaubchen habe ich wieder für unsere Nachbarschaftshilfe gespendet, die richtig gute Quartiersarbeit leistet.

Aktionsabschluss pünktlich zum Jahresende, nach mehrwöchiger Ordnungsaktion mit mehreren gut gefüllten Mülltonnen:

Das Werkzeugregal in der Wohnung ist leer (kann dann weg) und die neu erworbenen Alu-Truhen im Keller nummeriert, mit Rollen versehen, sinnvoll gefüllt sowie inhaltlich fotographisch dokumentiert, damit ich einst noch etwas wiederfinde. Das letzte Rad und der Montageständer werden im Frühjahr veräußert und dann ist Radfahren für mich erst einmal Geschichte. Was bleibt, sind ein kleines Auto, ein Deutschlandticket und gute Schuhe. Mobilität ist also gesichert.

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Befinden? Gut, dass morgen Sonnenwende ist, auch wenn Mensch davon zunächst nicht viel spürt. Gestern war ich nicht draußen und heute beim Blick aus dem Fenster könnte es ähnlich ausschauen. Das und die vorweihnachtliche Stimmung schlägt mir ein wenig aufs Gemüt, der schwarze Vogel lässt grüßen. Ich halte mal dagegen mit ausgedehnter Morgengymnastik und Meditation und – schreiben hier. Chef ist er nicht, der Schwarze.

Von wegen schreiben – der gute Wortman macht die Drabbelei noch bis einschließlich 2ten Januar weiter (Danke dafür!), ab dem 9ten übernehme ich wieder. Aus Zeitgründen lasse ich das mit den Buchpräsentationen und bildhafter Illustration der Begriffe mal fort, sprich, ich mache es einfacher. Gestern habe ich ein Bildchen vorbereitet, das ihr gern übernehmen könnt, wenn ihr möchtet. Ich werde es als Header nutzen. Das mit dem Wasserzeichen konnte ich mir nicht verkneifen und leider musste es aus Hintergrundgründen mitten in die Sonne 🙂

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So. Das Leben ist ja schwer genug, darum zum Ende mal etwas Mutmachendes und nicht ganz so ernstes:

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Endlich hat die Diskussion ein Ende, Öl, Gas, Kernkraft, erneuerbare Energien, alles Schnee von gestern. DER Treibstoff ist unendlich vorhanden.

Damit die Vorweihnachtszeit nicht zu kurz kommt:

Noch ein allerletztes Statement:

Kommt gut durch die Tage!

Sonntag, 231203, erster Advent

Passt irgendwie in diese besinnliche Adventszeit.

Die weiße Wand

Für B., für alle anderen, die damit etwas anfangen können, und für mich zur Erinnerung.

Zweimal in meinem Leben stand ich vor den Trümmern meiner bisherigen Glaubenssätze, meines bisherigen Verhaltens. Nicht mehr weiter zu wissen, nicht mehr vor und zurück zu können, das waren die Merkmale dieser Lebenslagen. Kapitulation, wie man sagt – ich habe aufgehört, zu kämpfen.

Das erste Mal war vergleichsweise überschaubar, es ging um nichts weniger als um weiter leben oder langsam zu sterben. Natürlich ist das Leben an sich ein langsames Sterben, es kommt halt ganz auf die Qualität dessen an. Dazu kam, dass sich mein mögliches Ende durch mein Verhalten enorm beschleunigt hatte – Alkohol- und Drogen-induzierter geistiger, emotionaler und auch körperlicher Verfall ließen irgendwann eine Entscheidung unerlässlich werden. Ich durfte mich für das Leben entscheiden, ohne einen Plan, ohne die geringste Vorstellung davon, wie ich dies trocken, abstinent und klar im Kopf, zumindest im Sinne von chemischer Unklarheit bewerkstelligen sollte.

Dies war wirklich vergleichbar mit einem Raum, aus dem ich sämtlichen alten Krempel auf die Straße schmiss, anschließend neu strich, um dann rat- und planlos vor der weißen Wand zu sitzen. Du musst jetzt raus, irgend etwas unternehmen. Versuch und Irrtum ist die einzige Wahl, wenn man keinen Plan hat. Was folgte, war eine Art Auslese. Dies möchte ich nicht, das ist nichts für mich, aber hier fühlt sich etwas gut und richtig an, also geht es da weiter. Gewähr? Gibt es keine, dafür ein unbestimmtes Gefühl von Vertrauen und Schutz, von Beistand. Bild- und namenlos, vielleicht eine Kraft, die mir immer schon beistand, ohne dass ich ihr gewahr wurde. Jedenfalls erwies sich dieses ungewohnte Gefühl als überraschend tragfähig.

Das zweite Mal war scheinbar komplizierter, auf jeden Fall vielschichtiger. Es ging um nichts weniger als meine erlernten Beziehungsmuster. Zunächst zum anderen Geschlecht und – 10 Jahre zeitversetzt – auch zum eigenen Geschlecht (was eine Geschichte für sich ist).

Ich hatte irgendwann wirklich alle Varianten des mir Vertrauten durchlebt. Ihnen gemeinsam war das Grundgefühl, nicht zu genügen, stets im Mittelpunkt von Wertung und Urteil zu stehen. Ablehnung, wechselseitige Erhöhung und Erniedrigung, Machtspiele in allen Farben. Und – bei alledem Beistand um jeden Preis, gleich wie gruselig es sich auch anfühlen mag. Damit meine ich nicht jene Treue und Beständigkeit, die beide den Boden für jede Beziehung bilden, sondern die eher degenerative Variante dessen, Vasallentreue vielleicht. Was lässt in solchen Lagen verweilen, was lässt Menschen aneinander „kleben“, die sich alles andere als gut tun? Im Grunde ist es nur die Angst vor etwas vollkommen Neuen, gerne in Kombination mit der Angst vor dem allein sein. Die Angst vor der weißen Wand, gepaart mit dem Unvermögen, sich vorstellen zu können, wie es sich anders anfühlen mag. Das Alte ist zwar leidvoll, aber wenigstens vertraut. Scheiße hält halt warm, wie schon kleine Kinder wissen.

Bis auch hier irgendwann der Leidensdruck zu groß wurde. Bis die Vorstellung von einem so genannten Single-Dasein keinen Schrecken mehr verbreitete, sondern im Gegenteil eine erlösende Variante zu sein schien. Bis ich für mich ganz klar hatte – so wie gehabt nie wieder, dann lieber allein. So wirklich allein fühlte ich mich zu dieser Zeit schon lange nicht mehr, unabhängig von meinem jeweiligen Beziehungspartnern. Dieses innere „verlorene Kind“ schien irgendwie Halt gefunden zu haben. Ich kann das bis heute nur schlecht beschreiben. Die Worte Hoffnung und Zuversicht auf und für etwas völlig Unbekanntes beschreiben es am nächsten.

In der Folge durfte ich mich von allen mir vertrauten und bekannten Vorstellungen einer „Partnerschaft“ – ein Wort, das heute für mich eher zur Geschäftswelt passt – zu verabschieden. Wobei „Partnerschaft“ in Beziehungen, auch in meinen vergangenen, durchaus etwas von Handel hat, hatte. Die weiße Wand, die totale Leere, in der nichts unmöglich scheint, war auch hier die Grundvoraussetzung für wirkliche Veränderung.

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Nachtrag: Das Gleichnis der weißen Wand scheint ein guter Weg, der eigenen Endlichkeit besser ins Auge sehen zu können.

Donnerstag, 221103

Ein typischer November-Eintrag.

Heimkommen. Im mehrfachen Sinne. Windige, meerige Familientage sind vorüber, Geselligkeit hatte ebenso ihren Platz wie das Alleinsein und die Trauer. Die ist immer wieder zu Gast und das wird so lange dauern, wie es dauert. Ein Teil davon ist mir im Laufe meines Lebens zur zweiten Natur geworden, obgleich ich Humor habe und gerne lache. Das Loch von einst gibt es nicht mehr in gehabter Form, ich fühle mich schon getragen und geborgen, alles in allem. Mit den wahrscheinlich bei allen Menschen üblichen Schwankungen.

Bei aller Vertrautheit um mich herum fühlt sich diese Zeit für mich immer auch nach Abschied an, und damit meine ich nicht nur den Tod meines Vaters und den hoffentlich noch ein Weilchen dauernden Seitenwechsel meiner Mutter. Abschied von so mancher Körperlichkeit, auch von der eigenen Vitalität, der zunehmend degenerative Kräfte zu schaffen machen. Abschied von manchen Beziehungsbild, den ich so vor 10 oder 15 Jahren nicht hingenommen hätte. Aber etwas anderes gesellt sich zu mir – Tiefgang, im Rahmen des mir möglichen. Auch wenn alter Pessimismus sich immer wieder Bahn brechen möchte, spüre ich doch Vertrauen in den großen Plan, Zuversicht und Hoffnung. So kann das gerne weitergehen, allerdings wird mir zunehmend klarer – von allein wird das nicht unbedingt etwas. Eine gerichtete Lebensführung ist unerlässlich dazu, gelegentliche Pendeleien inbegriffen.

Freitag, 221014

Vater. Die Bilder gehen mir nicht aus dem Kopf. Ablenkung hilft auch nur bedingt. Mir fallen die Worte einer schon lange verstorbenen Freundin wieder ein. Wenn ich meinen eigenen Körper nicht mehr tragen kann, ist es schnell vorbei. War es bei ihr auch, aber das scheint nicht allgemeingültig zu sein. Dazu ist er recht klar im Kopf, trotz fortschreitender Demenz. Wenigstens erkennt er mich und meine Mutter. Sprechen fällt ihm sehr schwer, Toilettengänge sind unmöglich geworden, mit allen daraus folgenden Konsequenzen, auch mit Blick auf die Personaldecke der Station. Was für ein Elend. Wir waren uns den größten Teil unserer gemeinsamen Zeit nicht grün, aber das habe ich ihm nie gewünscht.

Dazu kommt ein mittlerweile wieder stattlicher Stapel Post, den es abzuarbeiten gilt. Pflegeheim, Krankenkasse, Pflegedienst für die Mutter, alle haben Wünsche. Lesen, verstehen, Rechnungen begleichen, alles scannen und ab in die Cloud, damit alles jederzeit und überall greifbar ist. Hat sich schon so oft als sehr nützlich herausgestellt. Nützlich – machen – kann ich. Nur das Elend kann ich nicht beseitigen. Beten kann ich, aber der große Chef hat seine eigene Vorstellung von Zeit.

Draußen singt ein Vogel wie im Frühling. Junge, stell mal deinen Kalender nach, möchte ich ihm sagen. Mach ich natürlich nicht, zum einen wärs ihm sowieso gleich, ob da ein Mensch was sagt oder nicht, zum anderen gefällt mir sein Gesang. Nach Lage der Dinge bekommen wir hier wohl ganzjährig Wachstumssaison. Urwald bergisches Land oder so. Am Unterlauf der Wupper sieht es eh schon aus wie am Amazonas.

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Sonntag, 220807

Sepia

Draußen blendet gleißendes, helles und sehr klares Sonnenlicht, während ich den Tag beginne. Undiszipliniert, für meine Verhältnisse. Die eigene Fassade teilsaniert, die morgendlichen Übungen fürs schreiben unterbrochen, bevor sich die Worte wieder dadurch tun. Die Liebste ist in Sachen Familie und Kunst unterwegs, das ist schade, weil ich nicht mit kann und gut, weil ich so auf niemanden Rücksicht nehmen muss. Auch mal nett, allein einfach das zu tun, wonach gerade der Sinn steht. Nicht im Sinne von sich selbst finden (Hallo, hier bin ich), sondern schlicht der sein, den es im Augenblick gibt. Kommt in letzter Zeit nicht so oft vor, scheint es – aber auch das ist nicht stimmig, bin ich doch auch in meinen familiären und beruflichen Eigenschaften der, der ich bin, auch wenn jeweils andere Facetten sichtbar sind.

Gestern saßen wir zusammen und lasen vom Pfarrer Heinz Kappes, seine Ausführungen innerhalb der Gemeinschaft der anonymen Alkoholiker, die weit über das Thema Suchterkrankungen hinausgehen, hin zu universaler Liebe, die keine Religion braucht. Eine gemischte Alt-Herren-Damen-Runde in sehr überschaubarer Zahl. Ich mag dieses gemeinsame lesen und anschließendes Gedanken-teilen sehr, wohl wissend, die Zeit wird unsere kleine Runde gnadenlos biologisch zerlegen. Dann ist das so, selbst gehe ich nach solch einem Treffen immer gefüllt mit guten Gefühlen meiner Wege. Gefüllt mit einem Gefühl von Orientierung.

Orientierung ist etwas, woran es mir „von Haus aus“ mangelt. Das spiegelt sich vielleicht auch in diesen Zeilen wieder. Wo stehe ich, mit meinen fünf mal 12 Lebensjahren? Oft genug ein emotionaler und geistiger Eremit, Teilzeit-Familienmensch, der sich schwer mit der Vorstellung tut, die anderen könnten ihn tatsächlich so lieben und wertschätzen, wie er ist, jetzt und hier. Und ja, Achtung, Gegenverkehr – kriege ich das bei den anderen immer so hin? Dualitäten allerorten, wie immer.

Und nein, ich suche nicht den Sinn des Lebens. Ich lebe, das ist Sinn genug, analog zum mich-finden-wollen, was genau so müßig ist. Ich stelle mich, wenn ich es versuche, auf den Punkt zu bringen, den Herausforderungen meiner Zeit, bin da, wo ich gebraucht werde, zeitweise aus einem irgendwie gearteten Pflichtgefühl heraus, selten nur noch aus Berechnung, das eigene, arg zerzauste Karma aufzuwerten und manchmal auch aus Liebe, das fühlt sich so an, weil es warm und dicht ist.

Kappes spricht von einer „Sucht, gebraucht zu werden“. Wieder so eine Stolperfalle des eigenen Egos. Wenn dagegen die eigene Intuition (die beiden sind Geschwister, Ego und Intuition) das gefühlte oder gelebte mit ausreichend vergangener Zeit und einem positivem Körpergefühl abnickt, dann geht das in Ordnung, kann so weiter gehen, dann dient es nicht nur dem eigenen Selbstzweck, sondern dem Bedürfnis nach Entwicklung, Heilung, weiterkommen. Kann sogar Freude machen, was für manche gesegnete Frohnaturen seltsam klingen mag, für ein Nachtschattengewächs mit zunehmender Liebe zum Licht, wie ich eines bin, dagegen noch ein recht junges Pflänzchen ist.

So, und nun habe ich genug vermeintlich oder tatsächlich Gehaltvolles von mir gegeben und darf auch mal ganz unverdächtig ein leicht frivoles Bild von mir zeigen, nicht Sepia, wie eingangs geschrieben, sondern Drei-Farben-farbreduziert. Mit Fünf mal Zwölf geht das in Ordnung, ohne die Absicht, noch irgendwelche Preise gewinnen zu wollen 😉

Donnerstag, 220616

Eigentlich wollte ich über so Banalitäten schreiben. Meine Blutspende gestern. Die Schlägerei auf der Gathe auf dem Weg dorthin, die ich mit dem Rad umfahren habe. Die Erkenntnis, dass dieses alte Rad nicht mehr zu mir passt. Über komische Radiobeiträge der Katholen zum Feiertag heute.

Und dann schaue ich das Filmchen weiter unten und vergesse irgendwie alles andere. Berührt mich tief im innersten, geht es doch um nichts weniger als irgendwo dazugehören, zuhause sein, seinesgleichen finden. Trauer leben, Hoffnung finden, Allein sein, All-eins sein, fliegen lernen.

I can`t change?
Ein Film über einen komischen Vogel ❤
Danke dafür, liebe Springerin.

Sonntag, 220501

Der erste Mai, heute haben sie wieder alle ihren Spaß mit der Exekutive, die hiesigen Autonomen. Oder umgekehrt. Hat ein wenig Tradition hier in der Stadt, sich aufm Exe oder aufm Schuster zu versammeln, um dann anschließend mit der Polizei Hase und Igel zu spielen. Seis drum, lassen wir der Jugend ihren Lauf, Hauptsache, sie ramponieren nicht mein Autochen bei ihrem Treiben.

Sonst so? Getrübte Stimmung, angesichts der Weltlage und auch familiär. Verankert im Glauben, las ich neulich hier, und ja, alles kommt so, wie es kommen soll. Etwas an alledem zu ändern ist nicht an mir, also weiter machen. Arbeit und Aufgaben privat lenken ab, machen irgendeinen Sinn und schaffen möglicherweise Pluspunkte weiter oben. Meditation hält das Innenleben zusammen, zentriert die Fliehkräfte des Geistes. Und – das schöne frische Grün da draußen hebt ein wenig die Stimmung, auch gut.

Alle Materie, das Universum, die Erde, ja selbst unsere Körper sind allem Anschein nach ein Teil des Schöpfungsgeschehens. Je mehr die Physiker und Astronauten die Materie aufklären, desto mehr wird sie zur mathematischen Formel, desto abstrakter wird sie. In ihrer letzten Analyse ist die Materie ein Gedanke. Sobald der göttliche Gedanke sich im Rahmen von Zeit und Raum ausdrückt, wird er zur Materie. Unsere Gedanken – innerhalb der Begrenzung von Zeit und Raum – können nur materielle Dinge wahrnehmen. Aber wir können annehmen, dass außerhalb unserer eigenen Zeit- und Raumvorstellung der ewige Schöpfungsgedanke waltet, den wir Gott nennen.

Quelle: 24 Stunden am Tag

Eine andere Art der Meditation bietet das Video weiter unten, bei vollem Bildschirm. Und regnen könnte es auch mal wieder.

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Sonntag, 220306

Alte Bekannte

In meinem Bauch, da wohnt ein Tier. Wenn es sich meldet, zieht sich nicht nur der Magen zusammen, alles andere reagiert ebenso, auf ungesunde Weise. Es hat spezielle Ernährungsgewohnheiten, das Tier. Seine Leib- und Magenspeise (ich höre es gerade leise kichern) sind lose Nervenenden. Es knabbert daran wie an Salzstangen. Der restliche Ernährungsplan ist auch nicht ohne. Vor allem nimmt es zu viel, von allem. Unmaß heißt das, glaube ich. Zu viel Ratio, zu viel Information, zu viel Bilder, zu viel Analyse, zu viel vermeintliche Logik, zu viele natürlich vergebliche Versuche, in anderer Menschen Köpfe zu stecken.

Wir sind alte Bekannte, das Tier und ich. Es wurde zeitgleich mit mir in diese Welt gesetzt. Es ließ sich eine Weile milde stimmen mit einer Menge Alkohol und anderer Sachen. Bis es sich daran gewöhnte, immer mehr Toleranz entwickelte, sozusagen. Es war kein Weg für ein gutes Miteinander und bald lief das Tier zur Höchstform auf, entwickelte sich vom heimlichen zum unheimlichen Machthaber meiner unsterblichen Seele, mit allen gruseligen Begleiterscheinungen. Später dann, viel später fand ich heraus, wie wir miteinander klar kommen. Es ist ein einfacher Satz nur, wenige Worte, die nicht aus meinem Mund kommen, Worte, die gefühlt und nicht gesprochen werden. Worte, die der Stille bedürfen, die aus dem unterlassen aller Aktivitäten wachsen, aus dem zur-Ruhe-kommen alles mehr oder weniger sinnvollen Tuns entstehen.

Ich bin bei Dir, fürchte Dich doch nicht, ich bin immer bei Dir.

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Sonst so?

Ich bin der Kümmerling. Kümmere mich um alles, das macht gutes Karma, glaube ich, keine Ahnung. Hat mit der ersehnten Ruhe nicht viel zu schaffen, ist aber schlicht von Nöten. Bei den Eltern zum Beispiel. Speicher saugen, Keller fegen, Flusensieb säubern, Müll herunter und Wäsche herauf bringen, lästige Korrespondenz in Vollmacht erledigen, so Sachen eben. Zuhause geht es dann weiter, und manchmal bekommt das bizarre Züge.

So geschehen dieser Tage. Die Waschmaschine nimmt kein Wasser mehr. Das war kein böser Wille von ihr, es ging schlicht nichts mehr durch den Hahn hindurch, dauerhaft geschlossen, Dank Kalk und viel Zeit. Also bewaffne ich mich mit einer Schieblehre und versuche, das gülden schimmernde Innenleben zu definieren, soweit man das kann, ohne es zu demontieren. Es gibt bekanntlich eine Menge davon, so können ein paar Zahlen nicht schaden. Damit versehen führe ich Telefonate, mit Handwerksbetrieben auf dem Weg. Nö, sagen die verkaufen tun wir nix, kommen aber gerne gucken. Vielen Dank, kann ich selbst, sage ich und freunde mich mit einem Baumarktbesuch an. Ich mag die Märkte nicht, aber was nützt es. Also hin und suchen und messen, gucken, das rechte finden und wieder heraus, nach Hause. Wasser abgedreht, altes Zeug heraus gedreht, Neues herein, zuvor noch geguckt, ob eine Dichtung dabei ist, Wasser wieder an, nochmal gucken, alles schön dicht. Freude und Danksagung nach oben, ab auf das Sofa, Belohnungsschläfchen.

Derweil irgendwann kommt die Liebste heim. Wach, wie ich mittlerweile bin, höre sie im Bad rumoren, die Wäsche ist ihr Ding. Dann höre ich sie meinen Namen rufen und irgend etwas gefällt mir an ihrer Stimme nicht, also stehe ich zeitnah auf. Gehe ins Bad und sehe sie in einer riesigen Pfütze stehen. Mir rutscht das Herz in die Hose, das Tier freut sich über den Besuch auf der Durchreise nach weiter unten und kichert wieder. Scheiße – Kran gerissen oder was, bist zu blöd zum schrauben? Setze mich, nachdem die Sauerei beseitigt und alles abgetrocknet ist, aufm Klodeckel und beäuge mit Hilfe eines Hand-Flakscheinwerfers den Kran, derweil die Maschine noch einmal das gleiche tut wie gerade eben. Nichts geschieht, alles trocken, der Kran unversehrt.

So langsam zweifele ich an meinem Verstand. Wo kam das verdammte Wasser her? Die Maschine ist relativ neu und kein Billigprodukt, eher unwahrscheinlich, dass da schon was ist. Frage mal nach einem detaillierten Tätigkeitsbericht und höre heraus, dass nach erfolgter Wäsche die Schublade für Waschpulver und so herausgezogen wurde, zwecks einer Säuberung. Ein Riesenteil, das nicht so recht in das Waschbecken passt. Na, schon jemand eine Ahnung? Richtig. Das Wasser muss zum einen Ende hinein gelaufen sein und unbemerkt aus dem anderen wieder hinaus, das außenbords hing. Erinnert irgendwie an dem kaputten Duschvorhang, der alles unter Wasser setzt, nur weil er außen umher hängt…

Toll, Toll, sage ich. Machst hier Gaslighting mit mir, kippst n Eimer Wasser aus und suggerierst mir, zu blöd zu allem zu sein. Wir lachen und selbst das Tier hat Spaß. Immerhin.

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