Dienstag, 230321

Neumond und ein Weckversuch

Neumond mit enormer Müdigkeit und dazu passende Leere. Das dicke, runde, gerade nicht sichtbare Ding muss wieder einmal herhalten. Dazu Frühlingsanfang, gestern schon, und eine Menge lärmender Vögel am frühen Morgen. Hier lärmen nur Maschinen, es ruft laut die Arbeit, wohlan, dann gibt es nur einen lausig dürren Neumondeintrag heute.

Kleine Weckhilfe, ich liebe den Humor der Band.
Und auch sonst jeden Einzelnen der Truppe.
Anachronistisch und schräg, passt schon.

Samstag, 230318

Familientage. Volles Haus und auswärtiges Essen. Kiez-Cafe und Kiez-Restaurant – da, wo Klartext gesprochen und der Teller noch voll gemacht wird, wo für eine Karaffe Leitungswasser nichts genommen wird. Heimat, Zuhause? Irgendwie schon, ich komme von hier. Könnte aber auch andernorts sein, mit meiner Ortsbindung ist es nicht so weit her. Allerdings erkennt man meine Herkunft spätestens dann, wenn ich den Mund aufmache. Unverkennbar Wuppertal eben.

So, mangels kluger Gedanke lasse ich Bilder sprechen.

Dürfen nicht fehlen.

Und – Diakoniekirche (Kreuzkiche) Wuppertal, mit Schlappen.

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Sonntag, 230312

Ein unspektakulärer, stiller, grauer Sonntag-Morgen, in mentaler Vorbereitung auf ein Brunch-Treffen mit Freunden, die wir schon lange nicht gesehen haben. Während des morgendlichen Fassadenputzes läuft das Radio, ich höre erstmalig in einem Interview von Jörg Phil Friederich, Philosoph, IT-Experte und Publizist. Er spricht von Postoptimismus und hat auch ein Buch dazu herausgebracht, das morgen erscheint. Mal schauen, ob ich es mir besorge, das Thema klingt für mich ansprechend. Im Kern geht es ihm darum, wie eine Welt, in der es die Kinder eben nicht „besser haben“, im Sinne von immer mehr Konsum, wie eben diese Welt auch mit ihren neuen Herausforderungen ein lebbarer Ort sein kann, abseits vom uns seit Jahrzehnten als Allheilmittel gepredigtem Konsum. Beschäftigt mich schon sehr lange, bedingt durch meine Lebensgeschichte.

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Passt nur am Rande zum Thema oben – ich gehe in die Stadt, möchte noch Zitronensäure zum reinigen meiner vermockten Thermoskannen besorgen und habe Zeit. Die Sonne geht gerade unter und so zieht es mich wieder auf das Kaufhof-Parkdeck, mal sehen, wie lange der Laden noch auf hat (Achtung, Post-Optimismus) und ich Gelegenheit habe, schaurig-schöne Bilder meiner Heimatstadt von oben zu machen. Ganz nebenbei freue ich mich, durch Geschäfte laufen zu können ohne jeglichen Impuls, irgend etwas einkaufen zu müssen, vom Gewünschten mal abgesehen. Diese Stadt ist etwas für den zweiten Blick, beim ersten freut man sich, sie wieder verlassen zu können. Wer jedoch ein Faible für dunkle Ecken und reichlich Geschichte hat, lernt den morbiden Charme Wuppertals schätzen.

Bilder eurer Hässlichkeit mit Abendsonne.

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Und zum Schluss – es soll auch Katzen geben, die von beiderlei Geschlecht geliebt werden.

smartcapture

Freitag, 230310

Auf gute Zusammenarbeit

Du weißt wahrscheinlich sehr wenig von mir, darum möchte ich mich dir kurz vorstellen: Gestatten, ich bin deine Seele. Und ja, ich höre dich schon stöhnen, nicht schon wieder so ein esoterisches Erklärungsmodell. Keine Angst, ich fasse mich kurz.

Ich bin der Teil in dir, der unsterblich und unzerstörbar ist. Dein göttliches ICH BIN, das durch die Existenzen wandert, um zu lernen, um einst im Licht bleiben zu dürfen. Mein Name führt oft zu Verwechselungen und Irrtümern; so sprechen die Menschen von seelischen Erkrankungen, aber das stimmt nicht. Ich kann nicht krank werden, das können nur dein Körper, deine Gefühle, dein Geist und vor allem dein Ego. Im Gegenteil, wenn du den Zugang zu mir findest, kann ich dir helfen, wieder umfassend zu genesen.

Wie das, fragst du? Und wo ich mich denn versteckt halte? Gute Frage, man hat mich schon oft gesucht, mal wurde behauptet ich wöge genau 21 Gramm, andere vermuten mich in deinem Unterbauch, wieder andere in deinem Gehirn und die Lyriker behaupten gar, ich wohne in deinem Herzen. Das schmeichelt, trifft es aber nicht.

ICH BIN – um in deiner Sprache zu bleiben – am ehesten Energie. Eine Art Energie, die dein ganzes Wesen durchwirkt und doch oft regelrecht belagert wird. Kein Teil deines Mensch-seins ist von der Natur her mein Feind, alles hat seinen Platz in meinen Inkarnationen. Leider wird gerne einzelnen Bereichen unmäßig viel Raum zugestanden oder genau das Gegenteil, viel zu wenig davon. Vernachlässigst du deinen Körper durch zuwenig Bewegung und falsche Kost oder betreibst du Körperkult mit Betonung auf dein Äußeres? Zwingst du deinen Geist (wird auch gern mit mir verwechselt) täglich zu Höchstleistungen und wunderst dich dann über körperliche Spannungserscheinungen?

Das größte Hemmnis auf dem Weg zu mir ist jedoch gerade der Teil, den du zum überleben am vermeintlich nötigsten brauchst – dein irdischens „ich bin“, dein Ego. Dein so hoch geschätzter „freier Wille“, ohne den du vor einem offenen Kühlschrank verhungern würdest. Das war einst der eigentliche evolutionäre Sinn deines Egos, dein Überleben zu sichern. Von anmaßenden Aufblähen war nie die Rede.

Der Weg zu mir – du findest mich in der Stille, im Alleinsein, in der Ruhe, wenn dein Körper, dein Geist, deine Emotionen und dein Ego ein wenig zurücktreten. Wenn du mit dem Rest deiner frei drehenden Gedanken allein bist, wenn du durch deine körperlichen Beschwerden hindurch gegangen bist, wenn du mit deiner ruhigen Atmung allein bist. Dann kannst du mich fühlen und ich kann meine eigentliche Arbeit machen, dich führen, auf deinem Weg. Dir helfen, deine Verletzungen anzunehmen, dich stärker machen, im göttlichen Sinne.

Ich kann dir helfen, der Mensch zu werden, zu dem du gedacht bist. Ich kann dir helfen, zum Vertrauen zu finden, auch und gerade in unruhigen Zeiten. Da mein Wesen nicht irdisch ist, kann ich dir Zugang zu göttlicher Führung verschaffen.

Ich bin bei dir – immer – auf gute Zusammenarbeit!

Mittwoch, 230308

Nachrichten, gestern Abend und Heute früh.

Die reine Wahrheit, sie kommt wohl nie „am Stück“ ans Licht. Gestern Abend war in den Nachrichten folgende Meldung zu hören, die Sprengung der Nordstream-Röhren betreffend: Man habe das Schiff gefunden, von dem aus ein Taucherteam operiert hätte, es handele sich um eine ukrainische Einsatzgruppe. Sofort folgte die Spekulation, es könne natürlich auch eine falsch gelegte Fährte sein. Heute früh dann war keine Rede mehr von einer ukrainischen Gruppe, nur noch von dem gefundenen Schiff. All dies passt scheinbar nicht in die Erzählung über ein in Not geratenes, befreundetes Land.

Ich weiß nicht, was an alledem ist, spüre nur dem Kontext der Meldungen nach. Wenn dem wirklich so ist, dann wäre eine Kursänderung mehr als überfällig. Was nicht im Interesse der Nato sein kann, darum wird das Thema Nordstream wohl klein gehalten bleiben.

Update 7.30 Uhr
DLF sendete gerade ein Interview mit Verteidigungsminister Pistorius, mit Fragen auch zu dem Thema Nordstream. Wenn sich der Verdacht (ich denke, die Ermittlergruppe ist mit ihren Erkenntnissen über einen bloßen „Verdacht“ hinaus, sonst wäre sie nicht an die Öffentlichkeit gegangen), also wenn sie der Verdacht bestätigen würde, wie dann die politische Reaktion ausschauen könnte. Der Minister wich aus, die Möglichkeit wäre 50:50, ob es tatsächlich eine ukrainische Gruppe oder eine falsch gelegte Fährte gewesen sei. Keine klare Antwort ist auch eine Antwort.

Update: Erinnerung.

Wir werden das beenden. Und zugleich gut daran verdienen. Natürlich ist dies eine Ungeheuerlichkeit, deren Ausmaß alle Dimensionen sprengen würde, wenn sich dieser Gedankengang bewahrheiten würde und beweisen ließe. Fakt ist, ohne staatlich unterstützte logistische, finanzielle und sachkundige Unterstützung wäre so ein Anschlag nie möglich gewesen. Was die Staaten angeht – was nicht sein darf, kann auch nicht sein. Von daher wird dieser Verdacht auch nicht einmal angedeutet und selbst bei handfester Beweislage nicht öffentlich werden. Unsere Schutzmacht und größter Außenhandelspartner tut so etwas nicht. Dazu kommt, dass derzeit nur die Russen dies laut aussprechen, aus Gründen. Und aus anderen Gründen glaubt ihnen derzeit kaum einer.

Es gibt zwei Gedankenstränge in den Köpfen, so fühlt sich das derzeit an. Die einen denken strategisch und glauben an ein von den Russen inszeniertes Geschehen, um Deutschland dazu zu bewegen, ihre Beziehungen zur Ukraine in Frage zu stellen und somit auch die militärische Unterstützung. Ausgeschlossen ist das nicht. Selbst glaube ich allerdings eher an banale, machtpolitische, monetäre Zusammenhänge. Wie auch immer, unsere Kinder werden einst vor den dann geöffneten Archiven stehen, so wie wir jetzt gerade in das Geschehen der 70er, 80er und 90er Jahre Einblick bekommen, soweit die Dokumente nicht umfassend geschwärzt sind.

Freitag, 230303

Interessante Erfahrung, sich mal wieder in einer Randgruppe wiederzufinden, die gerade öffentlich zerrissen wird. HA, mögen manche jetzt sagen, siehste mal, wie das ist. Na ja, mag ich dann antworten, der Krieg ist kein Virus, so wie neulich. Letzteren kann man mit Wissenschaft beikommen, beim Krieg ist das anders. Da hilft keine Vernunft, wie man sieht. Im übrigen ist mir dieses Randgruppendasein schon vertraut, das hatte ich zeitlebens inne, gewisserweise. Darüber hinaus ist es mir scheißegal, ob meine Haltung die der Mehrheit oder der Minderheit entspricht und wer in Teilen noch so denkt wie ich. Das wiederum ist neu und fühlt sich nebenbei auch noch gut an.

Kleine Melodie zum Thema.

Gut angefühlt haben sich auch die ersten Sonnenstrahlen gestern Morgen. Ein werkfreier Tag mit Erledigungen downtown.

Ölberg, Wuppertal, Blick aufs Städtchen.

Montag, 230227

Milieu-Studie.
Zugehört und aufgeschrieben.

Unterhalten sich zwei alte Säcke über das frühestmögliche Renteneintrittsdatum, ab einem gewissen Lebensalter das neue Thema Nummer 1. Jahreszahlen werden genannt und verworfen, alles nicht ohne. Man lässt uns nicht einfach so raus, sagt der eine. Nee, unter 50 nicht, sagt der andere. Berufsjahre, nicht Lebensjahre. Versteh`se getz, warum ich so bin? meint Nummer eins. Wenn ich zu nett bin, laufe ich mit knapp 70 noch hier rum, so lieb, wie mich alle haben. Vergisset, sagt der andere, da hasse ordentlich taktische Fehler gemacht. Hast se alle dran gewöhnt, an deine große Fresse, du warst doch immer schon so Scheiße. Die kennen dat getz nich anders, Luft nach oben ist nicht, krisse direkt ne Verhaltensbedingte angehangen. Und/oder ne Strafanzeige wegen sonstwas. Un netter werden is auch nich, dann machen se sich erst recht alle Sorgen um dich.

Klassischer Fall von festgefahren.

Sonntag, 230226

Eindrücke vom Samstag Abend.

Solche Momente, die perfekt scheinen, weil gerade einmal nichts im Kopf kreist. Oder besser gesagt, doch, irgend etwas ist immer, aber es stört nicht. Das Cafe ist verträumt, wenige Gäste, im Hintergrund läuft Radio Wuppertal, zum Glück leise. In 90 Minuten ist auch hier Wochenende, ich liebe diese Zeit. Lesen, schreiben, Waffel mit alles und Kaffee, aus dem Fenster schauen, Gedanken vermischen sich mit dem Geruch von heißen Kirschen und verflüchtigen sich. Für einen Moment ist die Welt immer noch so, wie sie nun mal ist, aber ich kann sie gut sein lassen.

Es ist halb Sieben durch und ich laufe unschlüssig durch die Stadt. Der Himmel möchte eingefangen werden, bildhaft, also nehme ich die Treppen hoch zum Parkdeck des hiesigen Kaufhof. Von dort hat man einerseits einen grandiosen Ausblick über die geballte Hässlichkeit der Elberfelder Nachkriegsinnenstadt von oben, aber der Romantiker in mir interessiert sich jetzt gerade nur für den Blick nach Westen, mit Mondsichel. Das Licht dieser Stunde ist einfach zu schön.

St Laurentius hat geöffnet, ich nutze die Gunst der Stunde und verweile. Mir sind die katholischen Riten und Gebräuche fremd, aber die Stimmung ist einladend, vorne singt jemand leise zur Gitarre, diskret hinter einem Pfeiler verborgen. Wer will, kann das Gespräch suchen oder sich segnen lassen. Ich sitze still, bis mich die aufsteigende Kälte langsam heimwärts zieht.

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Samstag, 230225

Ich habe einmal in einem dieser größeren Meetings einen der Freunde getroffen, der klagte – er hatte ein ziemlich verdorbenes Leben hinter sich –, dass Gott trotz seiner vielen Gebete ihm nicht geholfen habe. Ich konnte ihm eigentlich nur sehr direkt und sehr deutlich erwidern: „Schaff diesen Gott ab, denn der ist nur dein eigenes Ego! Du wolltest, dass deine eigenen Wünsche erfüllt werden, und du dein Leben fortsetzen kannst ohne dein Leben zu verändern.” Und so geht das halt nicht!

Heinz Kappes, Stuttgart 1982

Ich würde mein Leben nicht als verdorben bezeichnen, eher als erfüllt, wenn auch auf zahllosen Irr- und Umwegen. Das macht Hoffnung auf Fortsetzung, in welcher Form auch immer. Mein Gott ist kein Wünsche-Automat, der gegen Bezahlung das passende liefert. So manchen Traum habe ich, wenn ich ihn schon nicht beerdigen wollte, so doch auf Seite legen müssen, nicht zuletzt deshalb, weil ich selbst nicht in der Lage war/bin, meinen Teil zum umfänglich guten Gelingen beizusteuern. Was bleibt, ist die Gegenwart, und die schaut besser aus, als sie sich oftmals anfühlt. Wenn ich dem nachspüre, fühle ich keinen Mangel mehr, sondern Dankbarkeit.