Und das am einen ersten Mai, hier auf dem Ölberg. Sonst um diese Zeit ein Sammelpunkt für jene, die keine Lust haben, ihre berechtigte Kritik am Kapitalismus auf konventionelle Weise zu artikulieren. Lediglich ein paar Autos von Polizei und Ordnungsamt fahren Streife über`n Berg, zum Äußersten bereit, was Gruppenbildung angeht. Nicht nur, was die Autonomen betrifft. Nicht, dass ich mich hier als heimlicher Sympathisant oute, mit Krawall und brennenden Autos habe ich es nicht so. Nur so wie bislang scheint es nicht weiter zu gehen, soviel ist klar.
Vieles soll ich glauben, dieser Tage. Offen gesagt bin ich mittlerweile voller Zweifel, wenn ich mir das Elend um mich herum anschaue. Die einen müssen sich mit etwas mehr als die Hälfte ihres oft schon nicht üppigen Gehaltes durchschlagen (ok, mit Blick nach USA, wo diese Menschen sofort auf der Straße stehen, schon mal etwas), andere haben noch und halten den Beutel zu, weil, wer weiß, wie lange noch. Konsum ist eh gerade nicht so leicht, selbst für den, der kann und will. Von den immer zahlreicheren Mitmenschen, die respektlos als „abgehängt“ tituliert werden, nicht zu reden. Auch nicht von den zahllosen Klein-Selbstständigen, die oft vor den Trümmern ihrer Existenz, ihres Lebenswerkes stehen.
Und ich? Komme derzeit zurecht und bin dankbar dafür. Gehe voller Widerwillen einkaufen, weil ich Masken hasse. Sie verunsichern mich, meine maskierten Mitmenschen, weil ich ihre Gesichter nicht wirklich sehen kann. Gestörtes Frühwarnsystem. Habe selbst mit Tüchern umherexperimentiert und noch keine wirklich praktikable, schnell einsetzbare, hygienische und einigermaßen formstabile Lösung gefunden, die mir nicht Atemnot verursacht und nicht auf Dauer beim drehen des Kopfes verrutscht. Abstand halten geht in Ordnung, nicht nur wegen der Viren. Gut wäre auch ein Redeverbot in den Läden, oder wenigstens ein beschränken auf das Unvermeidbare. Wenn alle ihre Gosche halten würden, würden weniger keimbelastete Aerosole versprüht, Mundschutz ein Stück weit obsolet und als Beifang sozusagen hier und da auch die psychische Hygiene gepflegt.
Was bleibt, ist dieses Gefühl von Unsicherheit, weil die reale Gefahr so schwer einschätzbar und die zahlreichen Expertenmeinungen (setze ich bewusst nicht in Anführungsstriche) für einen virologisch Unbedarften schwer nachvollziehbar sind. Unsicherheit auch politisch, weil ich real die Gefahr sehe, dass Versammlungsverbote manchen möglicherweise nicht nur der Ansteckung wegen recht sind. Unsicherheit auch, weil unklar, welcher Partei von alledem auf Dauer profitieren wird. Derzeit noch schart sich die Mehrheit um die Regierenden, die zwar ihr Bestes geben, aber auch keinen Königsweg im Umgang mit der Pandemie wissen. Beneidenswert sind sie nicht, in diesen Tagen. Tägliches Abwägen der verschiedenen Risiken, auf der einen Seite massives menschliches und wirtschaftliches Elend, auf der anderen Seite die Möglichkeit eines Kollapses der medizinischen Versorgung. Sie sind gefordert, einerseits abseits von Dogmen und Überzeugungen pragmatische und Partei-übergreifende Lösungen zu finden und andererseits zu verhindern, das interessierte Kräfte die Gunst der Stunde nutzen, den Staat nach ihren Vorstellungen umzubauen, siehe Ungarn oder Polen, Länder, die ich nicht mehr als demokratisch bezeichnen würde, was mein Grundverständnis desse angeht.
Soviel Politik … gelacht habe ich heute Morgen aber auch schon. Nebenan bei Ines findet sich ein guter Beitrag zum Tage, was künstlerisch wertvollen Umgang mit Kapitalismuskritik angeht. Während ich also dort andächtig Funny van Dannen lausche, schaue ich, wem der Beitrag sonst noch so gefällt. Als ich dort die Produkttesterfamilie entdecke, bricht besagte Heiterkeit aus, und dass das jetzt bloß keiner persönlich nimmt 🙂
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