Pfingstmontag, 230529

Passt nicht zum Feiertag, muss jetzt aber heraus. Herr Jens Spahn von der CDU möchte die (dynamisch gestaffelte) „Rente mit 63″ abschaffen, und zwar sofort. Fachkräftemangel und so weiter, Gerade erst gemerkt? Herr Spahn, ich habe Ausdrücke für Sie, die ich hier nicht wiedergeben möchte. Aber – weiter so, ihr bekommt die AfD noch über 20%, wenn ihr so weiter macht.
PS: Ich habe nicht die geringste Neigung, für eure Dummheit 51 Berufsjahre zu arbeiten.

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So richtig heiter wird es auch jetzt nicht. Nach langer Zeit waren wir wieder mal im Kino. Film geguckt und geweint. Sieht ja keiner. Absolut sehenswert.

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Und – Belohnung auf dem Heimweg. Der Film lief am späteren Nachmittag, und so war die Kneipe komplett leer, als wir lang kamen. Um die Stimmung aufzuheitern, fragte ich höflich nach einem freien Tisch für 2 Personen – das ginge so gerade eben noch. Netter Kultladen mit lecker Essen.

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Bilder vom Heimweg.

Und – die beiden runden den Schluss ab …

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Sonntag, 230326

Ausgehen.

Ich kann nicht sagen, wann wir zum letzten Mal im Kino waren, das ist Jahre her, und mit dem gemeinsamen Ausgehen war es in letzter Zeit auch nicht so dolle, also wird es Zeit. Ein Film ist ausgeguckt, dazu später mehr.

Vorher etwas essen wäre gut. Mein Favorit findet keine Gnade bei der Liebsten, waren wir neulich schon. Immer das Gleiche. Ich experimentiere nicht gerne, wenn Bewährtes zur Wahl steht, aber es gibt Kräfte im Leben, gegen die Mensch machtlos ist. Also wird sich umgeschaut, alles voll, hamse reserviert, nee, tut uns leid. In einem Ableger der so genannten jungen und lebhaften Gastronomie finden wir noch einen Katzentisch, immerhin. Die Bude ist bumsvoll, die Bedienung bemüht, das Essen vorsichtig formuliert überschaubar und überteuert. Nepp, denke ich, und mit Blick auf manche berufliche Erfahrung der letzten Jahre geht mir durch den Kopf, du arbeitest für Nepp und gibst dein Geld zumindest teilweise wieder für ebensolchen aus. Stimmt so objektiv betrachtet nicht, klar, fühlt sich aber jetzt gerade so an. Ein kräftiger Wind, mitten in der Fußgängerzone absichtsvoll gut und geräuschvoll geführt, schließt das Ganze ab und provoziert temporäre Geringschätzung.

Wir haben Zeit und so fällt der Liebsten der neulich zerschmissene Zahnputzbecher ein, eine Geschichte für sich, vielleicht dazu später mehr. Ersatz muss her und ein großer Drogeriemarkt hat noch geöffnet, also rein da.

Die Luft ist zum schneiden, keine Ahnung, wie die Kollegen hier gesund bleiben. Die Liebste sucht und findet passenden Ersatz für das Malheure, wir stehen an der Kasse. Da ist kein Code dran, brüllt die Dame an der Kasse in Richtung Kollegin, die daraufhin verschwindet, Richtung Lager, wie ich höre, Ersatz für den Ersatz holen.

Es dauert, mir ist langweilig und ich lege los: Das Lager ist in Langerfeld, Langerfeld ist 15 Kilometer weiter. Die Kollegin steht verschwitzt vor der verschlossenen Tür, flucht laut über den vergessenen Schlüssel und ruft den Hausmeister an. Der flucht über den versauten Samstag-Abend und kommt mit rotgesoffener Birne verspätet zu Fuß, weil sein Fahrrad nen Platten hat und der Führerschein eh lange Geschichte ist …

Drama kann ich, denke ich, während der Ersatz-Ersatz bezahlt wird.

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Das Kino ist in Oberbarmen, genauer auf Wupperfeld, also in etwa dort, wo Wuppertal anfängt, den letzten Rest vom eingebildeten guten Ruf zu verlieren. Eine Ecke, die ich kenne, meine Oma mütterlicherseits lebte und starb hier. Wir haben immer noch Zeit, im Foyer der Kinos gibt es nur so Bistro-Stehtische, gegenüber auf der anderen Seite der B7 ist ein Cafe, da will ich hin. Griechisch, wie mittlerweile der ganze Stadtteil. Obwohl in einer guten halben Stunde Schluss sein soll, ist es voll und megalaut, aber heimelig mit nettem Service. Wir nehmen zwischen zwei Cappuccino und staunen über die quietschbunten Torten in der Auslage. Definitiv ein Ort zum wiederkommen.

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Der Film


Wer bei diesem Film nicht lacht, hat keinen Humor.
Wer bei diesem Film nicht weint, hat kein Herz.

Berliner Zeitung

Wir finden unsere Plätze und schnell wird es sehr voll, die Vorstellung in dem kleinen Programm-Kino ist ausverkauft. Ich hatte ganz vergessen, wie sehr zusammengedrängte Menschen riechen können und halte gegen die aufkommende Platzangst. Der Film ist absolut sehenswert und berührend (spoilern werde ich hier nicht). Was mir auffällt – ein Großteil der Mitbesucher lacht an Stellen, die ich absolut nicht komisch finde. Und umgekehrt. Keine Ahnung, warum und mit wem hier was nicht stimmen könnte, falls. Ort der Handlung ist eine Psychiatrie, Zeit zu Beginn am Anfang der 70er, also diese Aufbruchszeit in die Moderne, die sich experimentell ausbreitete, während das Alte immer noch präsent war.

Ein richtig guter Film, der uns beide auf unterschiedliche Weise berührt. Die Liebste, weil sie als junge Frau mal in ebensolcher arbeitete, mich, weil ich immer schon diese merkwürdige Anziehung solcher Orte auf mich verspürte. Mir selbst sind sie als Patient erspart geblieben, hätte durchaus anders kommen können. Im Gegensatz zu meinen Ahnen. Ein Onkel väterlicherseits war Dauergast in einer „Anstalt“ der 30er Jahre, meine Familie teilweise in der Folge Opfer von Stigmatisierung bis hin zu Zwangssterilisation, Verstümmelung und frühem Tod. Währen die Erinnerung an die Erzählungen wieder in mir hochkommt, wird mir übel, verstärkt durch die jüngsten Ereignisse letztes Jahr mit meinem verstorbenen Vater.

Jack Nicolson holt mich wieder aus dem Tief, während wir schweigsam heimwärts ziehen. Alles in allem ein gelungener Abend.

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