Mittwoch, 240313

Ein bewegendes Buch geht zu Ende. Eine Geschichte von entwurzelten Geschwistern, speziell dem Jüngsten der Dreien. Wie Menschen im Laufe ihres Lebens zu ihrer Bestimmung finden. Sicher nicht nur, aber auch mein Thema.

Lesenswert

Wir sind von Geburt an auf der Titanic….Was ich sagen will: Wir gehen unter, wir werden das hier nicht überleben, das ist bereits entschieden. Nichts kann das ändern. Aber wir können wählen, ob wir schreiend und panisch umherlaufen oder ob wir wie die Musiker sind, die tapfer und in Würde weiterspielen, obwohl das Schiff versinkt, …“

Benedict Wells
Vom Ende der Einsamkeit

Präsent sein schließt Verinnerlichung nicht aus, ebenso wenig die Traumwelten, ohne die es nicht nur nichts zu schreiben gäbe, auch das Gewicht mancher Wirklichkeit wäre nur schwer zu ertragen.

Samstag, 240127

Ausgelesen, hat gedauert, weil mir ein neues Phon dazwischenkam: Kein guter Mann von Andreas Izquierdo. Erst dominierte eine Mischung aus Nachdenklichkeit und Belustigung, dann Wut und am Ende habe ich geheult. Passiert nicht oft.

Oben angeknüpft: Das Ende wird gut, und isses nicht gut, isses nicht das Ende. Ich kann solch einen Scheiß nicht mehr hören. Wer hat uns eigentlich vollendete Glückseligkeit versprochen? Leben ist und irgendwann ist es vorüber. Gut ist, ein paar Sachen hierlassen zu dürfen, dann. Aufgelöst, transzendiert, nicht transformiert. Aber auch dafür gibt es keine Garantie, selbst mit viel täglicher Arbeit und Aufmerksamkeit nicht.

Arbeit an meiner selbst – auch das kann ich nicht mehr hören. Wer haut sich schon gerne selbst mit dem Hammer auf den Kopf? Versuche ich es mit dem Verstand – gute Nacht. Und so lasse ich fließen, was aufsteigt, staune oft, bleibe wach und klar.

Europa freundet sich gerade mit dem Gedanken an, dass Amerika demnächst wieder republikanisch regiert wird. Der Neue Alte will zuerst den „deep State“ ausheben und hat schon das erste Mal gelogen. Will er doch nur die Schaltstellen der Macht mit eigenen Leuten versehen. „Die Welt in Ordnung bringen“ will er auch, darunter tut er es natürlich nicht. Und so wird wieder einer Präsident, der sich des Vokabulars der Nationalsozialisten bedient, was den politischen und/oder persönlichen Gegner angeht, dem Gesetze nur für die anderen gelten. Ein Demagoge und Despot vor dem Herrn, der schneller lügen kann als ein Pferd laufen. Entspricht wohl dem Geist der Zeit, eine Zeit, in der die Welt von Greisen regiert wird, Greise, die altersbedingte Defizite mit schierer Machtgeilheit kompensieren. Psychopathen und Narzissten allerorten. War es je anders? Nicht wirklich, wurde nur besser verpackt und ging nicht so schnell um die Welt wie heute. Außerdem war ich jünger, bewegte mich in einem Kokon aus Chemie, so dass mir einiges davon am Arsch lang ging. Das ist heute anders.

Sags mit Musik – und hierbleiben könnte auch spannend werden, im Zeitalter der Demagogen.

Sonntag, 220123

Die Stimmung einfangen, bevor sie verfliegt.

Die Nacht dauerte von Eins bis Sechs, fünf Stunden sind gute Kür. Vielleicht ist es diese sonntägliche Stille, die mich nicht mehr schlafen lässt, obwohl ich könnte, heute. Eine Stille, die nur hier und da von ein paar Raben verhalten unterbrochen wird. Die Jungkatze braucht in der Regel fünf Minuten, um herauszufinden, dass ich wach bin. Sie kommt kuscheln und beschallt mich mit ihrem sonoren Schnurren. Davon abgesehen kommt sie auch, wenn ich schlafe. Ihr Wille geschehe.

Mit dem aufstehen kommen die Geräusche, das scheppern der Uralt-Rollläden, die Verrichtungen im Bad, das knarzen der Dielen, Geschirr wird weggeräumt. Bahnhof, denke ich. Gleise – geh-leise. Assoziationen, die ich nicht mehr ausspreche, das mitleidige Kopf- und Augenverdrehen meines sozialen Umfeldes betrübt mich zu sehr. Du und deine 80er-Sprüche. Aber lachen tun sie doch, sogar an- , nicht aus.

Ein Kommentar von mir, der irgendwie auch hier rein passt:

Wiedergeburt

Ein Leben reicht definitiv nicht. 
Mir schon, aber meiner höheren Macht nicht. 
Wollte schon dieses nicht, 
wäre bei meiner Ankunft beinahe wieder hochgefahren. 
Und du bleibts schön hier! 
– so schallte es., derweil mir ein Arzt den Arsch verwackelte, 
um mir das atmen beizubringen.

Herausforderung nach langem Zögern angenommen.

*

Sonst so?
Buchtipp, Werbung, unbezahlt, aber gerne geschehen:
Roman Pestak, Alles für nichts.

Brutaler Realismus, der arg zum nachdenken anregt.
Genau mein Humor.

Und – der nun schon nicht mehr ganz so stillen Stille sei es gehuldigt, mit angepasster Musik. Ludos Neue klingt auch gut. Schon wieder unbezahlte Werbung. Kind des Systems, warum kannst du auch nicht selbst musizieren …

~

Samstag, 200815

Die Nacht war sehr kurz, ob es an der Hitze hier in der Wohnung lag oder an meiner derzeitigen Lektüre – wohl eine Mischung aus beiden. Lesestoff: Derzeit alles von Carlos Ruiz Zafón, der uns leider viel zu früh voraus gegangen ist. Gerade habe ich den dritten Band der Serie „Friedhof der vergessenen Bücher“ in Arbeit. Eine fesselnde Mischung aus 60% Kriminalistik & Zeitgeschichte, 20% Liebe und 20% Horror/Magie, in veränderlichen Anteilen. „Marina“ habe ich (zwischendurch) nach dem „Schatten des Windes“ gelesen, das Buch steht für sich allein und hat einen höheren Anteil Magie/Horror – ebenso mega spannend.

Sonst so? Leben ordnet sich neu. Bin viel mit mir allein, pflege einige wenige Kontakte. Derzeitige Herausforderungen sind Urlaubsvertretung des Kollegen sowie die übliche Dauerbaustelle Eltern. Herausfordernd auch die regelmäßigen Visiten in einschlägigen Kaufmannsläden. Alle wieder da, viele übellaunig, gereizt und sowieso hat keiner Zeit. Dinge, die ich nicht ändern kann. Mit guter Laune voran gehen, ist auch nicht so einfach, in manchen Stimmungen hat ein versuchsweise freundliches Grinsen eine leicht dämonischen Einschlag. Da bleibe ich besser bei einer freundlichen oder wenigstens würdevollen Distanz, nach Möglichkeit, auch wenn mir diese als Arroganz ausgelegt werden sollte. Sei`s drum.

Apropos (ver-)kaufen. Alle wollen oder müssen es, ich auch. Mich selbst, in alter Frische. Handwerkliche Edel-Prostitution sozusagen. Neulich kam ein Brief von dem Rententräger. Der stand erst mal 5 Tage ungeöffnet auf der Küchenanrichte, weil, schon klar, was da drin steht. Wenn Sie noch weiterhin, bis März 2029, so fleißig sind, dann versprechen wir ihnen eine Zahl X. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich 51 Berufsjahre auf dem Buckel und wäre fast 67 Jahre alt. Diese Pisser… Ja, ich weiß, mir geht es vergleichsweise gut und öfter mal bedanke ich mich auch dafür. Sieht also alles nach einer längeren Fortsetzung der Käuflichkeit aus.

PS: Beim betrachten des Filmchens ging mir so einiges durch den Kopf.

  • Zum einen war ich, als „Kauf mich“ herauskam, 27 Jahre jünger als heute. In erster Ehe verheiratet, zu dieser Zeit (das änderte sich in den Folgejahren erheblich) weder glücklich noch unglücklich, aber stets besoffen (das wiederum blieb noch einige Jahre).
  • Die Kapelle hat auch bei ihrem Auftritt vor knapp zwei Jahren in Berlin nichts von ihrer Ausstrahlung eingebüßt. Die blühten in kleinen Klubs immer schon auf.
  • Das besungene Prinzip gilt unverändert bis heute. Nur die so genannte Wertschöpfung hat sich stark verändert. Produziert wird anderswo, hierzulande wird heute vorwiegend damit Geld verdient, anderen zum Geld verdienen zu verhelfen. Oder zum ausgeben.
  • So ein feierliches Gedränge mit Stagediving ist mit Corona wohl endgültig Geschichte.

Buch-Tipp

„Ich bete nicht um Regen, ich bete Regen. Dabei fühle ich den Regen, rieche die nasse Luft, spüre Regentropfen auf meiner Haut. Halte keine Fürbitten, wenn Du betest. Du gibst den Dingen dann zuviel Macht über dich. Fühle so, als wäre dein Wunsch schon in Erfüllung“

Die Antwort auf das ungläubige Staunen des Freundes, der seinem indianischen Freund beim rituellen Gebet zuschaut. Wortlos, still.

Frei zitiert aus dem Buch:

51hmg1tklul

Lesenswert, für den, der offen dafür ist.