Mittwoch, 230927

Vielleicht isses wieder mal der Mond schuld.
Für C. und alle anderen, die sich in den Worten wiederfinden.

Gefühlt allein, lebenslänglich. Kein Mensch kann das je wieder gutmachen, was irgendwann vor Urzeiten daneben ging, weil die damalig Verantwortlichen zu sehr in ihre eigenen Überlebens- und Dämonenkämpfe verstrickt waren. Müßig, darüber nachzusinnen.

Im Grunde gibt es für dieses Gefühl keine passenden Worte. Es trifft unterschiedslos Männer wie Frauen, einzig die Reaktionen darauf mögen sich geschlechtsspezifisch hormonell bedingt unterscheiden, ich weiß es nicht. Promiskuität und/oder die Sucht danach, ständig beschäftigt sein zu müssen, sind mögliche äußere Entsprechungen. Oder Lebensentscheidungen für Menschen, die selbst ständig beschäftigt sein müssen.

Ist auch ne Nummer, sich dem zu stellen. Still zu werden, sich dem hinzugeben, dadurch zu gehen. Es gibt keine irdische Erlösung mit diesem seelischen Zuschnitt, aber es gibt ein Gefühl göttlicher Geborgenheit sowie die Gewißheit, dass ausnahmslos alles einen Anfang und ein Ende hat, auch solche Gefühlsschübe. Alkohol und Drogen haben bei mir dieses Gefühl nur maskiert (Grüße aus der Parallelwelt) das Wiederauftauchen verhindert, verzögert, günstigstenfalls. Ungünstigstenfalls verstärken bewußtseinsverändernde Mittel (bei mir) den Wunsch nach jenseitiger Erlösung. Hat lange gebraucht, mir das einzugestehen.

Mit glücklicher Fügung findet sich mit den Jahren ein Gegenüber, das mit solch einem Menschen an der Seite leben kann. Ein Mensch, der da bleibt und nicht abhaut, auch wenn es mal eng wird. Loyalität bietet und fordert. Eines der größten Geschenke, das Menschen sich gegenseitig machen können.

Give me things that don’t get lost
Like a coin that won’t get tossed

Donnerstag, 230713

Sollen wirklich alle Dämme brechen? Ist Kernschmelze aushaltbar? Im Grunde reicht der liebevolle Blick. Den Menschen am Stück anzunehmen. Wobei miteinander reden nicht schadet, meistens. Wenn man mitbekommt, ab wann besser geschwiegen werden sollte.

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Wir nutzen die gut 6 Minuten am frühen Morgen, meine Mitfahrerin und ich. Wie gehts, gut geschlafen, und so kommt eigentlich jeden Tag ein kleiner Dialog zustande. Manchmal holpert die Verständigung, die Umlaute und so, vor allem die mit den Pünktchen. Dazu kommt die frühe Stunde, meine temporäre geistige Trägheit sowie gewisse straßenverkehrstechnische Herausforderungen, aber mit ein wenig Phantasie und dem wiederholten einsetzen mehrerer Begriffe findet sich immer der passende Sinn.

Dann wieder sind die Dinge klar, kurz und bündig umschrieben. Was ihr wichtig ist, passt in wenige Worte, deren Reihenfolge alles andere als beliebig ist.

Mein Gott
Meine Kinder
Mein Mann

Sie erzählt von ihrem Großen und dass die Mama für alle Söhne immer die erste Liebe sei. Das sitzt, bei einem wie mir, der aus einer zumindest in Teilen dysfunktionalen Familie stammt, wie es heute heißt. Sie leiert keine Stereotype herunter, wenn sie so etwas sagt, sie strahlt innerlich und äußerlich dabei, was mich schwer beeindruckt und mir das Gefühl gibt, noch viel lernen zu können.

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Montag, 221226

Es ging erstaunlich gut, die Corona-bedingte Isolation hier zu zweit, seit mittlerweile 8 Tagen, was für mich keine Selbstverständlichkeit ist, rückblickend. Morgen fangen wir an, damit aufzuhören. Ärger machen uns beiden noch die Bronchien, aber ansonsten geht es mir, geht es uns gut. Gott sei Dank 🙏 

Um Mutter kümmerten sich Tante & Co sowie das große Kind samt Anverwandtschaft, so dass niemand allein sein musste, der das nicht wollte. Es gab eine Zeit, in der mir allein-sein sehr schwer gefallen ist, darum ist mir heute der Blick diesbezüglich auf meine Nächsten wichtig. So eine gewisse Grundverlorenheit ist mir erhalten geblieben, das darf sein und gehört offensichtlich zu mir. Wenn ich mich an den Menschensohn, dessen Geburtstag wir dieser Tage feierten erinnere, verschwindet dieses uralte Relikt für eine Zeit aus meinem Herzen.

Eigentlich ist es so einfach, wenn für einen Moment das Ego und die alten Schmerzen Pause haben.

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Mittwoch, 210106

Das Ende der so genannten Rauh-Nächte – sie schenkten mir eine Menge Träume, die mir wieder einmal zeigten, wo es noch etwas zu tun gibt, in mir. Und – beschenkten mich mit dem heutigen ersten Arbeitstag im neuen Jahr. Wie das so schmeckt, mag sich ein jeder selbst vorstellen – jedenfalls läuft alles noch, in alter Frische. Kein Grund zur Klage, ich habe trocken, warm und prinzipiell auch die Zeit, die ich brauche. Wären nicht die 85 Dezibel Dauerbeschallung, ich wäre stumm vor Glück und nicht, weil mich eh keiner hören kann.

Sonst so? Es gibt ein neues Wort in meinem Leben: Aplomb, im Sinne von aufrecht, gerade oder auch mit Nachdruck. Gefunden in dem Roman von Hellmut Krausser, Einsamkeit und Sex und Mitleid, den ich mir besorgt habe, nachdem ich neulich auf einen alten Blogeintrag von mir gestoßen bin (die Klickzahlen machten mich stutzig, offenbar ein ansprechender Titel). Das Buch ist wesentlich umfangreicher als der Film, feinste, kräftige, das Herz berührende Prosa. Sehr zu empfehlen!

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