Pfingstsonntag, 230528



Ich wünsche uns allen frohe Pfingsttage 🌞



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Na und?

Klingt provokant, dieses „Na und“, angesichts der Schwere mancher Verletzungen. Und dennoch ist viel Wahrheit damit verbunden.

Anfang 2000

Seit ein paar Monaten trocken und clean – plärrte dieses Lied permanent aus meinem Kassettenrecorder im Auto, während ich die Welt neu entdeckte. Ursachenforschung, Analyse, der Versuch, etwas mit dem Verstand zu erfassen, nicht mit dem Herzen, noch gefangen im Prinzip Schuld. Erst viel später las ich die beiden für mich sehr bedeutungsschweren Worte vom Pfarrer Kappes: Na und? Frei zitiert meinte er damit folgendes – Du hast diese oder jene Familiengeschichte, diese oder jene Diagnose – na und? Willst du heil werden, willst du mit ganzer Seele, mit ganzem Herzen heil werden? Das allein zählt.

Heil werden ist (auch) eine Entscheidung.

Who made who, who made you?
Who made who, ain’t nobody told you?
Who made who, who made you?
If you made them and they made you
Who picked up the bill, and who made who?

Freitag, 230310

Auf gute Zusammenarbeit

Du weißt wahrscheinlich sehr wenig von mir, darum möchte ich mich dir kurz vorstellen: Gestatten, ich bin deine Seele. Und ja, ich höre dich schon stöhnen, nicht schon wieder so ein esoterisches Erklärungsmodell. Keine Angst, ich fasse mich kurz.

Ich bin der Teil in dir, der unsterblich und unzerstörbar ist. Dein göttliches ICH BIN, das durch die Existenzen wandert, um zu lernen, um einst im Licht bleiben zu dürfen. Mein Name führt oft zu Verwechselungen und Irrtümern; so sprechen die Menschen von seelischen Erkrankungen, aber das stimmt nicht. Ich kann nicht krank werden, das können nur dein Körper, deine Gefühle, dein Geist und vor allem dein Ego. Im Gegenteil, wenn du den Zugang zu mir findest, kann ich dir helfen, wieder umfassend zu genesen.

Wie das, fragst du? Und wo ich mich denn versteckt halte? Gute Frage, man hat mich schon oft gesucht, mal wurde behauptet ich wöge genau 21 Gramm, andere vermuten mich in deinem Unterbauch, wieder andere in deinem Gehirn und die Lyriker behaupten gar, ich wohne in deinem Herzen. Das schmeichelt, trifft es aber nicht.

ICH BIN – um in deiner Sprache zu bleiben – am ehesten Energie. Eine Art Energie, die dein ganzes Wesen durchwirkt und doch oft regelrecht belagert wird. Kein Teil deines Mensch-seins ist von der Natur her mein Feind, alles hat seinen Platz in meinen Inkarnationen. Leider wird gerne einzelnen Bereichen unmäßig viel Raum zugestanden oder genau das Gegenteil, viel zu wenig davon. Vernachlässigst du deinen Körper durch zuwenig Bewegung und falsche Kost oder betreibst du Körperkult mit Betonung auf dein Äußeres? Zwingst du deinen Geist (wird auch gern mit mir verwechselt) täglich zu Höchstleistungen und wunderst dich dann über körperliche Spannungserscheinungen?

Das größte Hemmnis auf dem Weg zu mir ist jedoch gerade der Teil, den du zum überleben am vermeintlich nötigsten brauchst – dein irdischens „ich bin“, dein Ego. Dein so hoch geschätzter „freier Wille“, ohne den du vor einem offenen Kühlschrank verhungern würdest. Das war einst der eigentliche evolutionäre Sinn deines Egos, dein Überleben zu sichern. Von anmaßenden Aufblähen war nie die Rede.

Der Weg zu mir – du findest mich in der Stille, im Alleinsein, in der Ruhe, wenn dein Körper, dein Geist, deine Emotionen und dein Ego ein wenig zurücktreten. Wenn du mit dem Rest deiner frei drehenden Gedanken allein bist, wenn du durch deine körperlichen Beschwerden hindurch gegangen bist, wenn du mit deiner ruhigen Atmung allein bist. Dann kannst du mich fühlen und ich kann meine eigentliche Arbeit machen, dich führen, auf deinem Weg. Dir helfen, deine Verletzungen anzunehmen, dich stärker machen, im göttlichen Sinne.

Ich kann dir helfen, der Mensch zu werden, zu dem du gedacht bist. Ich kann dir helfen, zum Vertrauen zu finden, auch und gerade in unruhigen Zeiten. Da mein Wesen nicht irdisch ist, kann ich dir Zugang zu göttlicher Führung verschaffen.

Ich bin bei dir – immer – auf gute Zusammenarbeit!

Samstag, 230225

Ich habe einmal in einem dieser größeren Meetings einen der Freunde getroffen, der klagte – er hatte ein ziemlich verdorbenes Leben hinter sich –, dass Gott trotz seiner vielen Gebete ihm nicht geholfen habe. Ich konnte ihm eigentlich nur sehr direkt und sehr deutlich erwidern: „Schaff diesen Gott ab, denn der ist nur dein eigenes Ego! Du wolltest, dass deine eigenen Wünsche erfüllt werden, und du dein Leben fortsetzen kannst ohne dein Leben zu verändern.” Und so geht das halt nicht!

Heinz Kappes, Stuttgart 1982

Ich würde mein Leben nicht als verdorben bezeichnen, eher als erfüllt, wenn auch auf zahllosen Irr- und Umwegen. Das macht Hoffnung auf Fortsetzung, in welcher Form auch immer. Mein Gott ist kein Wünsche-Automat, der gegen Bezahlung das passende liefert. So manchen Traum habe ich, wenn ich ihn schon nicht beerdigen wollte, so doch auf Seite legen müssen, nicht zuletzt deshalb, weil ich selbst nicht in der Lage war/bin, meinen Teil zum umfänglich guten Gelingen beizusteuern. Was bleibt, ist die Gegenwart, und die schaut besser aus, als sie sich oftmals anfühlt. Wenn ich dem nachspüre, fühle ich keinen Mangel mehr, sondern Dankbarkeit.

Montag, 221226

Es ging erstaunlich gut, die Corona-bedingte Isolation hier zu zweit, seit mittlerweile 8 Tagen, was für mich keine Selbstverständlichkeit ist, rückblickend. Morgen fangen wir an, damit aufzuhören. Ärger machen uns beiden noch die Bronchien, aber ansonsten geht es mir, geht es uns gut. Gott sei Dank 🙏 

Um Mutter kümmerten sich Tante & Co sowie das große Kind samt Anverwandtschaft, so dass niemand allein sein musste, der das nicht wollte. Es gab eine Zeit, in der mir allein-sein sehr schwer gefallen ist, darum ist mir heute der Blick diesbezüglich auf meine Nächsten wichtig. So eine gewisse Grundverlorenheit ist mir erhalten geblieben, das darf sein und gehört offensichtlich zu mir. Wenn ich mich an den Menschensohn, dessen Geburtstag wir dieser Tage feierten erinnere, verschwindet dieses uralte Relikt für eine Zeit aus meinem Herzen.

Eigentlich ist es so einfach, wenn für einen Moment das Ego und die alten Schmerzen Pause haben.

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Sonntag, 221120

Ewigkeitssonntag, so heißt der Heutige, das klingt in meinen Ohren irgendwie angenehmer als der landläufig bekannte Totensonntag. Die brauchen keine Sonntage mehr, haben sie doch im Idealfall tagtäglich ihre Ruhe. Die Ewigkeit dagegen kichert leise ob ihren Ehrentag. Weiß sie doch mit unserer ziemlich willkürlichen kalendarischen Zeiteinteilung recht wenig anzufangen. Was ist schon ein Sonntag für die Ewigkeit? Aber immerhin, denkt sie, erinnert Mensch sich dann an mich.

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Ein anderes Thema, eher bezogen auf unsere Endlichkeit oder besser, wie finde ich in dieser verdammt kurzen Zeitspanne Erfüllung? Es gab eine Zeit, da war ich als suchtkranker Mensch heilfroh, eine Fachärztin für Psychiatrie als langjährige Therapeutin zu haben, neben meinen regelmäßigen Gruppenbesuchen in der Selbsthilfe. Vor noch nicht so langer Zeit war ich froh und dankbar, die Unterstützung eines Mannes vom Fach auf dem Weg in eine Reha-Klinik gefunden zu haben.

Die Wege sind so verschieden wie wir Menschen und das Angebot ist riesig, wenn man nicht gerade normalbegüterter Kassenpatient ist. Coachs und Therapeuten gibt es so viele, für jeden, der zum einen zahlen kann und will, zum anderen, auch bereit ist, sich auf die heutigen Methoden einzulassen, mögen sie eine echte Hilfe sein. All dies habe ich in weiten Teilen zurückgelassen, von einer verdammt lebenserfahrenen Ergo-Frau mal abgesehen, die mich einmal im Monat mit guten Impulsen versorgt. Den Facharzt gibt es auch noch, alle 4 Monate sage ich mal Guten Tag dort. Ich weiß, er kann mir den Arsch retten, gerade im Kontext mit meiner nicht enden wollenden Erwerbstätigkeit. Er braucht es nicht zu tun, aber das Wissen darum finde ich hilfreich.

Mit meine 60 Jahren bin ich wahrscheinlich so etwas wie austherapiert. Was neue Erkenntnisse nicht ausschließt. Was zu mir finden soll, wird kommen. Meine innere Ruhe verdanke ich meinem Glauben, meiner höheren Macht, die mir immer wieder gerade auch abseits vom therapeutischen Geschehen Menschen geschickt hat, die mir ungemein hilfreich waren. Dafür bin ich sehr dankbar.

Aber – jeder Mensch auf seine Weise.

Donnerstag, 221103

Ein typischer November-Eintrag.

Heimkommen. Im mehrfachen Sinne. Windige, meerige Familientage sind vorüber, Geselligkeit hatte ebenso ihren Platz wie das Alleinsein und die Trauer. Die ist immer wieder zu Gast und das wird so lange dauern, wie es dauert. Ein Teil davon ist mir im Laufe meines Lebens zur zweiten Natur geworden, obgleich ich Humor habe und gerne lache. Das Loch von einst gibt es nicht mehr in gehabter Form, ich fühle mich schon getragen und geborgen, alles in allem. Mit den wahrscheinlich bei allen Menschen üblichen Schwankungen.

Bei aller Vertrautheit um mich herum fühlt sich diese Zeit für mich immer auch nach Abschied an, und damit meine ich nicht nur den Tod meines Vaters und den hoffentlich noch ein Weilchen dauernden Seitenwechsel meiner Mutter. Abschied von so mancher Körperlichkeit, auch von der eigenen Vitalität, der zunehmend degenerative Kräfte zu schaffen machen. Abschied von manchen Beziehungsbild, den ich so vor 10 oder 15 Jahren nicht hingenommen hätte. Aber etwas anderes gesellt sich zu mir – Tiefgang, im Rahmen des mir möglichen. Auch wenn alter Pessimismus sich immer wieder Bahn brechen möchte, spüre ich doch Vertrauen in den großen Plan, Zuversicht und Hoffnung. So kann das gerne weitergehen, allerdings wird mir zunehmend klarer – von allein wird das nicht unbedingt etwas. Eine gerichtete Lebensführung ist unerlässlich dazu, gelegentliche Pendeleien inbegriffen.

Mittwoch, 221018

Nicht ehe der Mensch versagt hat, kann er wahre Demut erlernen. Demut erwächst aus einem tiefen Dankbarkeitsgefühl zu Gott, weil es uns die Kraft gibt, über Fehler der Vergangenheit hinauszuwachsen. Demut ist keineswegs mit Selbstachtung unvereinbar. Der wahre Mensch respektiert sich selbst und andere und ist dennoch demütig; und ein demütiger Mensch übt Nachsicht – und nicht Kritik – gegenüber den Schwächen seiner Mitmenschen. Er ist streng mit sich selbst und nachsichtig mit anderen.

https://aa-welt.de/store/24stunden/18-10.htm

Manchmal denke ich, unfassbar, alles wurde schon mal vor mir gelebt, erlebt, weitergegeben und aufgeschrieben. Und ich musste gut 4 Jahrzehnte alt werden, um überhaupt beginnen zu können, mich damit auseinanderzusetzen. Demut heißt für mich nicht im Staub kriechen und sich selbst kasteien oder sonstwem unterwerfen. Sondern eine Macht, größer als ich selbst anerkennen zu können. In Selbstachtung und Würde. Das Versagen ist leider fester Bestandteil auf dem Weg dorthin. Ohne Pleiten, Pech & Pannen ist wohl kein kritischens Hinterfragen möglich.

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Netzfund zum Thema Entscheidungen finden. Damit eiere ich gern umher, merkwürdigerweise am liebsten mit den vermeintlichen Kleinigkeiten, die größeren Sachen habe ich schneller klar und kann dann auch dazu stehen. Die Wahl eines adäquaten T-Shirts am Morgen dagegen kann mich verrückt machen 😉

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Zum Schluss noch das beliebte Suchspiel – wo ist vorne und hinten und was überhaupt ist es 🙂

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Freitag, 221014

Vater. Die Bilder gehen mir nicht aus dem Kopf. Ablenkung hilft auch nur bedingt. Mir fallen die Worte einer schon lange verstorbenen Freundin wieder ein. Wenn ich meinen eigenen Körper nicht mehr tragen kann, ist es schnell vorbei. War es bei ihr auch, aber das scheint nicht allgemeingültig zu sein. Dazu ist er recht klar im Kopf, trotz fortschreitender Demenz. Wenigstens erkennt er mich und meine Mutter. Sprechen fällt ihm sehr schwer, Toilettengänge sind unmöglich geworden, mit allen daraus folgenden Konsequenzen, auch mit Blick auf die Personaldecke der Station. Was für ein Elend. Wir waren uns den größten Teil unserer gemeinsamen Zeit nicht grün, aber das habe ich ihm nie gewünscht.

Dazu kommt ein mittlerweile wieder stattlicher Stapel Post, den es abzuarbeiten gilt. Pflegeheim, Krankenkasse, Pflegedienst für die Mutter, alle haben Wünsche. Lesen, verstehen, Rechnungen begleichen, alles scannen und ab in die Cloud, damit alles jederzeit und überall greifbar ist. Hat sich schon so oft als sehr nützlich herausgestellt. Nützlich – machen – kann ich. Nur das Elend kann ich nicht beseitigen. Beten kann ich, aber der große Chef hat seine eigene Vorstellung von Zeit.

Draußen singt ein Vogel wie im Frühling. Junge, stell mal deinen Kalender nach, möchte ich ihm sagen. Mach ich natürlich nicht, zum einen wärs ihm sowieso gleich, ob da ein Mensch was sagt oder nicht, zum anderen gefällt mir sein Gesang. Nach Lage der Dinge bekommen wir hier wohl ganzjährig Wachstumssaison. Urwald bergisches Land oder so. Am Unterlauf der Wupper sieht es eh schon aus wie am Amazonas.

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Sonntag, 221009

Vollmond im Widder.
Gefühlslage – Karg und verlassen.
Es ist nur ein Gefühl, hat also einen Anfang und ein Ende.
Ich bin nicht mein Gefühl und nicht mein Ego.
Auch nicht meine Gedanken.

Einer ist immer bei mir.

Die gute Nachricht: Die getrennt lebenden Eltern gesunden. Bei meiner Mutter überrascht mich das nicht, freut mich dennoch natürlich. Selbst Vater hat Corona überstanden, ich stehe im telefonischen Kontakt mit der Station. Vielleicht gehen nächste Woche wieder Besuche. Freue ich mich für ihn? Ja und Nein. Er will gehen. Aber was heißt das schon, gehen wollen. Die Entscheidung fällt er nicht, zumal er Suizid ablehnt. Ist auch keine Lösung, glaube ich. Unheimliche Zwischenwelten verlängern nur das irdische anhaften an das alte Leben. Wir werden geholt. Auch mein Vater.

Vollmondlied – ich bitte um Nachsicht.

Mittwoch, 220928

Im Jahr des Wassertigers 2022 regieren kranke Egos und verletzte Emotionen. Der Blick in die Nachrichten macht Gänsehaut, die Welt scheint weit weg von Nächstenliebe oder wenigstens ein Mindestmaß an Verstand. Sei`s drum, alles Dinge und Umstände, die ich nicht ändern kann. Das zu unterscheiden ist für mich fundamental wichtig. Warum sich nen Kopp machen über etwas, was nicht im geringsten in meiner Macht liegt. Vorbereiten? Auf was? Ich gehe hier nicht weg. Wohin auch. Baue keine Bunker außer den einen für meine Seele. Einen kleinen Vorrat Trinkwasser lege ich an und horte für ein paar Tage dröges Zeug zum essen, fertig.

Gern hätte ich es nett und vor allem vorhersehbar. Seit das mit dem Weihnachtsmann klar ist, hasse ich Überraschungen. Beständig auskömmlich hätte ich es gern. Was ich schon gerne hätte – Drauf geschissen, das gibt es nicht. Also weitermachen, Nachrichten limitieren und die innere Emigration vorbereiten. Und – ganz wichtig – vertrauen, auf den großen Plan. Das ist, auch wenn ich das so oft mißbrauchte Wort hasse – alternativlos.

So, und jetzt etwas erbauliches in Sachen technische Schönheit. Blau ist bekanntlich die Farbe der Introvertierten und der Psychopathen. Also, mir als Blogger gefällt das Bild 😉

Schräge Musik zum schrägen Eintrag.

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Nachtrag: Seit sofort gibt es die Wupperpostille werbefrei. Kostet 48€/Jahr und hat dann 6GB Datenvolumen statt 3 zuvor. Achtung, Kostenfalle: Eine für das erste Jahr kostenlose Domain lässt sich anwählen, muss aber nicht gewählt werden. Kostet nämlich ab dem zweiten Jahr extra, ab 15€, je nach Endung. Hier sieht man mein Vertrauen in eine glanzvolle Zukunft über ein Jahr hinaus – ich habs gelassen, mit der eigenen Domain 😉