Weil das Leben nicht nur ein Ende, sondern auch, wie in meinem Fall, ein recht fortgeschrittenes Mittelstück hat.
Milieu-Studie
Unsere Werkstatt kommt in die Jahre, wie auch das übrige Equipment samt Mitarbeiter. Es tropft von der Decke, auch wenn es nicht regnet und ein Lichtschalter macht mehr als verunsichernde Geräusche beim schalten. Natürlich bin ich ein guter, weil pflichtbewusster Mitarbeiter und melde das Ganze Vorschrifts-gemäß, weil ich nicht dafür angegangen werden möchte, wenn die Bude hier gewässert wird – oder abbrennt. je nachdem, was zuerst eskaliert. Und so mache ich Bilder, schildere den Sachverhalt samt detaillierter lokaler Beschreibung in einer Mail an den Facility-Manager, der es im übrigen überhaupt nicht leiden kann, wenn man ihn ganz altmodisch als Hausmeister tituliert. CC Chef, weil der muss es auch wissen. Betreff-Zeile vergessen, was reinschreiben?
Ich entscheide mich für molto rotto, weil es so schön morbid klingt. Ich liebe die italienische Kultur und Sprache – spätestens seit Gianna Nannini 1985 auf Rock am Ring blank zog – sogar mit Hingabe. Später hörte ich dann, dass mein Chef fragend durch die Nachbarabteilung, die auch seiner Hoheit untersteht, zog, und sich von seinen südeuropäischen Kollegen aufklären ließ. Hatte er mich doch in Verdacht, wieder mal etwas mindestens zweideutiges, wenn nicht sittenwidriges von mir gegeben zu haben. Viel kaputt klang dann auch für ihn unverdächtig und eher beschreibend denn unverschämt.
Selbst bin ich froh, in meinem fortgeschrittenen Lebensalter den Weg der Mäßigung beschreiten zu dürfen. Es gab eine Zeit, da hätte ich geschrieben: Tutto nel Culo – allumfassend eben 😉