Montag, 220411

Schiefe Fresse

So langsam lässt die Betäubung nach, aber immer noch sieht mein Gesicht arg asymetrisch aus. Mal läuft etwas unkontrolliert außenbords und erste Schmerzen stellen sich ein. Ein Weisheitszahn ist heraus, ging tatsächlich sehr schnell, wie sie mir versprochen haben. Die Nase darf ich mir nicht putzen, derweil dort oben Neben- und Kieferhöhle dicht beieinander liegen. Seis drum, ich gehe heute eh nicht weg und den Katzen isses wurscht, wie ich ausschaue. Lokale Betäubung war natürlich in Ordnung, auf eine Sedierung zuvor wollten sie sich nicht einlassen, Versicherungsrecht und so, keine Begleitperson. Da müsste ich einen Termin machen und wiederkommen, eben mit irgendwem an meiner Seite. Dazu hatte ich erst recht keine Lust, besteht der Großteil der Marter doch für mich in der Warterei. Wenn ihr wüsstet, in welchen Zuständen ich schon allein durch die Stadt gegangen bin…. dachte ich und beließ es bei dem Gedanken, krude Lebenserinnerungen haben keine Chance gegen Versicherungsrecht. Also raus damit, jetzt und hier. Ein passendes Finale nach einem unguten Wochenende. Darüber hinaus Preise eingeholt, zum Wiederaufbau anderer Ruinen, die aber noch zum kauen benötigt werden. Wird weitergehen, nach Ostern. Geschoben habe ich lange genug. Auch die längsten Abschiede finden irgendwann ihr Ende und dieses Jahr scheint dafür geschaffen. So Gott will, in mehrfacher Hinsicht.

Sonst so?

40 Jahre Hosenscheiß. Dazu passt eine kleine Doku-Reihe über ihren illegalen Gig in Ostberlin, sehenswert. Und ja, 60 wird er auch bald, dieses Jahr, der Andi Frege alias Campino. Paar Tage nach mir, auch im Juni. Keine große Sache, es werden viele dieses Jahr 60, so sie denn noch leben, wir waren zahlreich. Aber nur einer hat so ein nettes Liedchen dazu geschrieben:

Wird wohl auch gefeiert werden, dieses Jahr …

Sonntag, 220116

Prioritäten setzen.

10.20 Uhr. Ich möchte:

  • Blogeintrag schreiben
  • Gemüse für heute Abend vorbereiten
  • Gymnastik / Yoga machen
  • Frühstücken
  • Fassadenputz in eigener Sache betreiben

Nebenan drängt eine hungrige Frau zur Entscheidung. Tja. Und so wird die Schreibe kurz, körperliche Erdung kann auch komisch riechend stattfinden und alles andere hat Zeit.

Sonst so?

Beim hören eines alten Liedes kamen mir Zweifel, mit Blick auf die gesellschaftlichen Erscheinungen unserer Zeit. Es gibt wirklich nichts, was sich nicht missbrauchen ließe, inhaltlich. Für mich, für meinesgleichen damals waren solche Töne und Klänge wichtig, zur inneren Befreiung aus der Enge der Welt, in der wir hineingeboren wurden. Höre ich es heute, erzeugt es mit Blick auf meine Geschichte immer noch ordentlich Gänsehaut – aber auch Nachdenklichkeit, derweil so einige aus ihrer Einfalt heraus exakt gleich argumentieren.

So what, ich find es immer noch sehr geil:

Come on! Can you hear it?
The call of the wild

10.32 Uhr – in der Kürze liegt die Würze… 😉
~

Sonntag, 210124

Auch Sonntags früh aufzustehen, kann sich manchmal lohnen, wie heute früh zum Beispiel. Schnee im Tal der Wupper, ein seltener Besuch hier. Der Zauber hält natürlich nicht lange, mittlerweile ist nur noch zerfahrener Matsch übrig. Schönheit hat ein kurze Halbwertszeit, Glück oder das, was Mensch darunter landläufig versteht, ebenso. Manche versuchen dem natürlichen Verfall ein Schnippchen zu schlagen, Bildhauer zum Beispiel. Oder Die Erbauer manch historischer Gemäuer, sofern diese etwas Zeitloses, die Kriege, überleben durften. Architekten und Sprengmeister, zwei Enden eines Seiles, das wusste schon Heinrich Böll, wie er in einem meiner Lieblingsromane fein erzählt hat. Menschenwerke – nicht für die Ewigkeit gedacht.

Wo sind sie eigentlich alle hin? Lemmy zum Beispiel, der außer an die deutsche Bank sowie an die Firma Marshall an rein nichts geglaubt hat und das auch lautstark kund tat. Andere leben noch, die hier zum Beispiel, Heldin meiner Jugend und heute mit 66 Jahren Mutter eines 10-jährigen Mädchens. Eigentlich unterscheide ich mich mit meiner Graberei nach längst vergangenen Schätzen bei Youtube zumindest zeitweise wenig von meinem Vater, dessen liebste Beschäftigung darin besteht, Bilder von Vorgestern, von seinen zahllosen Reisen, zu schauen. Irgendwie erschreckend das, aber hilft die Zeit des Wartens zu überbrücken, jeder auf seine Weise. Auf den Frühling, auf den Tod, auf das Leben davor, auf das Frühstück, Gegenwart, ich komme gleich. 

So. Musik zum Thema Vorgestern und zum heiligen Sonntag …

*

Früher

In regelmäßigen Abständen stoße ich im Netz auf Postings meinesgleichen Geburtsjahrgangs, wo sich in epischer Breite darüber ausgelassen wird, das früher alles besser war. Wo sich bitterlich über die Kinder beklagt wird, die doch nur ihren Vorbildern folgen. So wie wir im übrigen damals auch. Was genau geht da in den Köpfen nur vor, frage ich mich immer öfter.

Früher war alles besser?

1. War es nicht, war anders.
2. Zeiten ändern sich.
3. Seid euren Kindern entsprechende Vorbilder.
4. Gerade, was Konsum angeht.
5. Erwartet nicht, das sie euch gleich folgen.

„Früher, hör auf mit früher,
ich will es nicht mehr hör’n.
Damals war es auch nicht anders,
mich kann das alles nicht stör’n.“

Auch, wenn ich dieses Lied mittlerweile mit gehörigen Abstand „zu früher“ höre, es hat immer noch etwas 🙂