Freitag, 230818

Es ist tatsächlich ein Frei-Tag, immerhin. Ich schlafe aus, für meine Verhältnisse unglaubliche 7 Stunden beinahe am Stück, mit wüsten Träumen gespickt. Das Langfellmädchen will sich überhaupt mal gar nicht kämmen lassen, ich gebe auf und sage, ok, hast gewonnen. Ist nicht ihre Zeit und außerdem laufen auf der Liebsten PC schon nervöse Frühstückskrawalloserien mit Stoßfeuer, Knochenbrechen und so. Hat halt jeder so seine Tageseinstimmung.

Badezimmer – ich starte die Quetsche, in der Hoffnung auf informative Unterhaltung. Die ersten beiden Worte, die ich höre, sind Russland und Nordkorea. Die Entscheidung, lautlos Fassadenputz zu betreiben, kommt reflexhaft. Ich kann diese Scheiße nicht mehr hören. Macht doch einfach, beendet unser aller Dasein hier oder lasst es besser sein, aber hört auf, ständig darüber zu quatschen.

Heute ist also ein Arbeits-freier Tag. Zumindest, was den Brotjob angeht. Darüber hinaus ist es ein Mutterherumfahressengeh- und Klamottenzurdiakonierfahrhausarbeitstag. Beides hat seine Dringlichkeit und seine Berechtigung, sicher. Von hinten schleicht sich eine Frage an, wann ich denn das letzte Mal so richtig etwas für mich getan hätte. Ach geh, hau ab, jetzt gerade zum Beispiel schreibe ich den ganzen Sermon ins Netz, mir zur Erleichterung und anderen zur Unterhaltung, ist doch schon mal etwas, oder? Win-win auf neudeutsch.

Von wegen Sermon, wo ich gerade dabei bin: Der Wunsch, den Brotjob zu himmeln, wird zunehmend stärker. 45 Jahre Öldreck, Werkstattflair, Lärm und zumindest phasenweise Extremdummheiten reichen, allein der Weg da raus ist unklar. Was Hoffnung macht – immer wenn ich über längeren Zeitraum Ohnmacht fühlen sollte, wurden mir irgendwann Entscheidungen abgenommen. Hier, hast du, und jetzt werde endlich glücklich! Gestern zum Beispiel war von angesteuerten Eisbergen und schlimmen Zahlen die Rede. Das macht Hoffnung, zumindest für mich. Alle anderen sehen das natürlich anders, was ich mehr als gut verstehen kann. Die einen sind zu jung, manch andere brauchen selbst Brotjobs für ihr Ego. Geld braucht darüber hinaus jeder und Mischformen aller Art sind dito existent.

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Schluss jetzt mit Sermon, andere schreiben wirklich hübsche Lyrik. Hier ein wunderschönes Fundstückgedicht über nächtliche Lobpreisungen und so. Zu lesen ist es bei Frau Laengle und natürlich Danke, Frau Sharon Olds für die gelungene Urheberschaft. Zu hören isses hier.

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Freitag, 220812

Angebrütet. So fühle ich mich gerade, unmittelbar nach meiner freitäglichen Lieblingsbeschäftigung – Wohnung saugen. Ist eh schon warm hier, jetzt noch ein wenig wärmer. Sachen stehen noch umher, auch der Tisch wartet darauf, wieder an seinen Platz gestellt zu werden und ich warte darauf, dass das Gekatze die ungewohnt freie Fläche räumt, damit das Tischchen wieder Normalgewicht bekommt. Sonst nehme ich es, wie es ist, mit der Schönen obendrauf, die währenddessen stur sitzen bleibt. Jetzt nicht, ist warm.

Vollmond ist auch. Supermond, heißt es. Mir reicht der normale Vollmond schon, fängt der auch noch an, mit Superlativen. Aufgeblasener Trabant, mir reicht deine Normalgröße völlig, Wasser- und Träumeschieber.

Ich könnte jetzt Lokalzeit gucken, bergisches Klein-Klein. Das lasse ich, weil ich gerade eine sinnarmen Eintrag schreibe und weil mir diese Stadt wegen dem ausgefallenen Urlaub gerade ein wenig zum Halse heraus hängt. Die gegenwärtige Wurschtigkeit und das latente mich-angepisst-fühlen muss wohl auch mit dem dicken Ding da oben zusammenhängen. Die Liebste trifft eine Freundin. Meine Freunde haben alle keine Zeit, haben Arbeit und Familie, so wie ich auch. Oder wohnen sonst wo, jedenfalls zu weit weg. Außerdem ist morgen Samstag, da kann ich ausschlafen, stehe erst um 5 statt um 3.20 Uhr auf (grinst da wer?). Morgenroutine, dann einkaufen. Anschließend Mutter besuchen, dann Mutter mitnehmen zum Vater ins Heim. Wochenende fängt bei mir so gegen Zwei an, dann bin ich meist wieder hier.

Vater hat Humor, so zwischendurch jedenfalls. Ich solle doch nicht auf irgendwas verzichten, nur um ihn zu besuchen, meinte er neulich. Is klar, Vatter, als du so alt warst wie ich jetzt, ging die große Reise los. Neidisch? Nein. Möchte nur mal aus der Stadt raus, fürn paar Stunden, bin ansonsten gern zuhause. Und ich erzähle auch niemanden, wie ich mich fühle, wenn ich um 3.20 aufstehe, um 6 anfange, zu werkeln um 2 schnell dusche, um danach zum testen zu fahren und anschließend schön mit 30 Km/h (höchstens) über die A46 zu dir, weil du mir verdammt noch mal leid tust. Weil ich mich dito über Besuch freuen würde, wenn ich so am Arsch wäre wie du. An Tagen wie diesen bin ich um halb Acht im Bett. Mach ich auch nur einmal die Woche, zu mehr reicht es bei mir nicht.

Selbstmitleid? Auch was, ist nur der Scheißmond. Und außerdem bin ich es jetzt los, Blogland ist geduldig und Freitag Abend ruht hier eh still der See. Wer dennoch mitliest, darf sich seinen Teil denken und es besser machen. Wobei ich das alles schon gut mache, für mich. Ich bin ja auch nicht meine Leser 🙂

Bevor ich mich jetzt noch weiter emotional und verbal versteige, höre ich mal lieber auf. Die Schöne ist auch wieder vom Tisch, der Rest vom Budenzauber kann Ballast-frei beseitigt werden.

Schlusslied: Einer singt, ein anderer schreibt.

Ok, einer geht noch. Wenn schon dem inneren Kind via Ablenkung der nackte Arsch gezeigt wird – mein letzter „Therapeut“ sprach in dem Zusammenhang von der „kalten Schulter“, aber die hat gerade schön warm – also wenn schon, dann denn schon …