240130 – Drabble-Dienstag

Die Regeln – 100 Wörter, die drei Vorgegebenen müssen enthalten sein. Beugen geht, Synonyme gehen nicht. Überschriften zählen nicht mit. Zum Zeichenzähler geht es hier. Viel Spaß!

Hier die Wörter für Dienstag, den 30.1.2024:

alltäglich – Lichtstrahl – leeren

Er spielt seine Geige so unglaublich fein, der junge Mann auf meinem Weg in der Fußgängerzone. Irgend etwas zwischen Gipsy und Neoklassik, es berührt mich tief.

Wenige bleiben mit mir stehen, neben mir verweilt eine ältere Dame, nicht minder ergriffen wie ich es bin. Diese sich wärmend im Bauch ausbreitende Melodie, Trauer gepaart mit tiefer Lebensfreude, derweil der Kopf sich zu leeren scheint.

Der junge Mann unterbricht dankend sein Spiel, meine Nachbarin und ich schauen uns an. Spüren Sie das, sage ich, um etwas zu sagen. Ein Lichtstrahl für die Seele, antwortet sie leise. Wie wenig alltäglich sind solche Begegnungen.

100 Worte sind 100 Worte zuviel und reichen doch nicht im Ansatz aus, diese wenigen Minuten zu beschreiben. Diese unseren feuchten Augen. Meine spontane Frage, die unter anderen Umständen als übergriffig empfunden worden wäre. Darf ich Sie mal drücken? Natürlich, sagt sie freudestrahlend. Mit ausgebreiteten Armen gehen wir aufeinander zu, spüren kurz einander, wünschen uns einen friedvollen Tag, bevor wir wieder unserer Wege gehen.

♥︎

Montag, 240129

Schlaflos

Schwer zu sagen, warum. An Sauerstoffmangel kann es angesichts eines ausgedehnten Spaziergangs am späten Nachmittag nicht liegen.

Lebensumstände, die ich nicht, teils noch nicht ändern kann, die mich dennoch bewegen und beschäftigen. Stichworte Arbeit und Familie. Man kennt das.

Beim Worte finden stellt sich etwas Ruhe ein und Madame gesellt sich zu mir. Na dann, willkommen, Montag.

Samstag, 240127

Ausgelesen, hat gedauert, weil mir ein neues Phon dazwischenkam: Kein guter Mann von Andreas Izquierdo. Erst dominierte eine Mischung aus Nachdenklichkeit und Belustigung, dann Wut und am Ende habe ich geheult. Passiert nicht oft.

Oben angeknüpft: Das Ende wird gut, und isses nicht gut, isses nicht das Ende. Ich kann solch einen Scheiß nicht mehr hören. Wer hat uns eigentlich vollendete Glückseligkeit versprochen? Leben ist und irgendwann ist es vorüber. Gut ist, ein paar Sachen hierlassen zu dürfen, dann. Aufgelöst, transzendiert, nicht transformiert. Aber auch dafür gibt es keine Garantie, selbst mit viel täglicher Arbeit und Aufmerksamkeit nicht.

Arbeit an meiner selbst – auch das kann ich nicht mehr hören. Wer haut sich schon gerne selbst mit dem Hammer auf den Kopf? Versuche ich es mit dem Verstand – gute Nacht. Und so lasse ich fließen, was aufsteigt, staune oft, bleibe wach und klar.

Europa freundet sich gerade mit dem Gedanken an, dass Amerika demnächst wieder republikanisch regiert wird. Der Neue Alte will zuerst den „deep State“ ausheben und hat schon das erste Mal gelogen. Will er doch nur die Schaltstellen der Macht mit eigenen Leuten versehen. „Die Welt in Ordnung bringen“ will er auch, darunter tut er es natürlich nicht. Und so wird wieder einer Präsident, der sich des Vokabulars der Nationalsozialisten bedient, was den politischen und/oder persönlichen Gegner angeht, dem Gesetze nur für die anderen gelten. Ein Demagoge und Despot vor dem Herrn, der schneller lügen kann als ein Pferd laufen. Entspricht wohl dem Geist der Zeit, eine Zeit, in der die Welt von Greisen regiert wird, Greise, die altersbedingte Defizite mit schierer Machtgeilheit kompensieren. Psychopathen und Narzissten allerorten. War es je anders? Nicht wirklich, wurde nur besser verpackt und ging nicht so schnell um die Welt wie heute. Außerdem war ich jünger, bewegte mich in einem Kokon aus Chemie, so dass mir einiges davon am Arsch lang ging. Das ist heute anders.

Sags mit Musik – und hierbleiben könnte auch spannend werden, im Zeitalter der Demagogen.

240123 – Drabble-Dienstag

Die Regeln – 100 Wörter, die drei Vorgegebenen müssen enthalten sein. Beugen geht, Synonyme gehen nicht. Überschriften zählen nicht mit. Zum Zeichenzähler geht es hier. Viel Spaß!

Hier die Wörter für Dienstag, den 23.1.2024:
abreißen – Gaststätte – nachweisbar

★★★

Monte Petrol, Anfang der 80er …

Irgendjemand hat ihm dieses Schild umgehangen, das sonst um diese Zeit verkehrt herum im staubblinden Fenster der Gaststätte hängt. „Heute Ruhetag“ – heißt es dort. Er liegt solcherart dekoriert wie ein Käfer rücklings auf dem Boden und bekommt vom Gejohle der am Tresen stehenden Meute nichts mit, er ist nachweisbar nicht mehr Herr der Lage.

Das ändert sich erst, als sich einer der Idioten anschickt, das Los der armen gefallenen Seele auch noch fotographisch zu dokumentieren, auf dass der glorreiche Abend noch lange in Erinnerung bliebe. Hätte er doch das Blitzlicht ausgeschaltet, dann wäre dem Laden der folgende Abriss erspart geblieben.

🔹​

Dichtung und/oder Wahrheit? Einer weiß es 🙂

Samstag, 240120

Tut sich was im Leisetreterland, das sich anschickt, den Gernelauten nicht das Feld zu überlassen. Wenn jetzt noch die Hurraschreier einsehen, dass nicht jeder Streit sie etwas angeht, sind wir schon ein wenig weiter.

Befinden? Bienenstock im Hirn, es summt hochfrequenzig und kopfschmerzt. Ist dann so, mal abwarten, was frische Luft und ein wenig Bewegung (Mutter per Bus gleich) so ausrichtet.

Anrichten lässt sich auch einiges. Das große Kind wünscht sich zum nahen Geburtstag eine Kettensäge, wie fein. Die Kleine, sagt er, reicht. Na schön, denkt es nach vollzogener Recherche in mir, mit nem 30er Schwert kann man nicht so gut Artgenossen zerteilen, so dass das Ding sehr wahrscheinlich bestimmungsgemäß eingesetzt wird.

Oh schwarze Seele.

Wo es gerade so gut läuft – die Liebste hat heute Erste Hilfe, also ein versauter, wenn auch wichtiger Samstag. Die Stimmung ist dementsprechend. Fein, sage ich, kann sich die Kollegin X. doch als Übungspüppchen hervortuen, dann kannst du ihr mal ganz offiziell die Rippen brechen. Oh, kaputt, sorry … mein Talent als Tageseinstimmungscoach war schon mal besser, ist also noch Luft nach oben heute. Schuld hat nur der Bienenstock da oben.

Zum Ende noch ein schaurigschönes Frostbild vom gestrigen sehr frühen Morgen.

Goldig Wuppertal

Mittwoch, 240117

4.00 Uhr, der Tag fängt an wie jeder Tag. Morgenroutine, Tee-Zeremonie und die Übungen, um die Nachtgeister zu vertreiben. Oder Freundschaft mit ihnen zu schließen. Alles wie immer? Beinahe, In DLF-Kultur wird über Ennio Morricone berichtet, der 2020 verstarb. Morri…was? Da war doch mal was. Soundtrack und so. Aber auch die hier sind auf ewig mit The good, the bad, and the Ugly verbunden. Ich gehe mal suchen, beim Streamer der Wahl.

Und so stehe ich mit blanken Füßen im heißen Wüstenstaub, stähle meinen kaum gealterten Körper mit dem kompletten 66er-Album vom Ennio im Ohr. Statt Wasserflasche gibt es den Grünen aus der Thermoskanne und in der Hüfte baumelt lose der Colt. So einfach in die Welt – Gut, Böse, Häßlich. Wohl dem, der unterscheiden kann, denke ich später, als ich das Haus verlasse. War ja mal ne interessante Tageseinstimmung.

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240116 – Drabble-Dienstag

Die Regeln – 100 Wörter, die drei Vorgegebenen müssen enthalten sein. Beugen geht, Synonyme gehen nicht. Überschriften zählen nicht mit. Zum Zeichenzähler geht es hier. Viel Spaß!

Hier die Wörter für Dienstag, den 16.1.2024:
bieder – Tiefkühltruhe – abzählen

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Auf dem Heimweg zieht ihm der kalte Fettdunst der nahen Frittenbude durch die Nase und löst leisen Ekel aus. Wie gut dagegen, gleich ganz bieder selbst in der Küche zu stehen und Essen zuzubereiten.

Autonomie in der Versorgung, er zeigt es dem Kleinen. Wie man Mengen abzählt, Wok, Hackmesser, Schneidebrett und Topf benutzt. Schenkt ihm selbiges zum Achtzehnten, was dankbar aufgenommen wird.

Überzähliges kommt in die Tiefkühltruhe, für hektische Tage ohne Kochzeit. Ach, denkt er, ginge das mit schönen Gefühlen doch auch so. So eine kleine Portion Glück auftauen, bei Bedarf. Aber das gibt es nur frisch, im göttlichen Supermarkt.

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