Sonntag, 210418

Im Bad höre ich Radio, ein Bericht über die kanadischen Ureinwohner, die sich zunehmend mehr ihrer ursprünglichen Kultur besinnen. Gestern noch sehe ich eine Doku über die so genannte Identitäre Bewegung, die nach außen hin ähnliches anstrebt. Und dann sehe ich Menschen in Deutschland auf der Straße, die mit den stilistischen Mitteln der amerikanischen Ureinwohner (oder aus irgend einem anderen Erdteil entliehen) die Herausforderungen des Jahres 2021 hier in Germanien bewältigen wollen. Aha. Mir wird ein wenig schwindelig dabei … Wobei auch ich ein Mensch bin, der feine Schwingungen wahrnehmen kann, gute und weniger gute Energien spürt, allem nach außen manchmal dargestellten Habitus zum Trotz.

Sei`s drum, es darf und muss ein jeder für sich selbst herausfinden, was passt. Vielleicht täte uns allen eine kulturelle Rückbesinnung abseits vom allgemeinen Taschen-füllen auch mal ganz gut. Und ein Blick auf die Millionen Menschen, die ihre Kultur hierher mitgebracht haben, geht auch in Ordnung. Mich beschäftigt schon viele Jahre eines: Was genau bleibt aus diesen vielen scheinbar so verschiedenen Kulturkreisen unseres Planeten übrig, wenn man alles Äußere gnadenlos eindampft, wenn man die, so scheint es, Sucht nach Unterscheidung der Menschen voneinander außer Acht lässt. Was bleibt im Kern übrig, dann? Wo liegen unsere Gemeinsamkeiten, der kleinste gemeinsame Nenner, wenn man möchte? Es gibt ihn, ich weiß es. Manche nennen ihn bedingungslose Liebe zu allem, was ist. Ein weites Feld…

Sonst so?

Gestern Abend war ich mal wieder draußen, Füße vertreten, unbekannte Ecken erkunden, gleich vor der Haustür. Wer will, kann mitlaufen (Spielerei mit dem GPX, interessiert sehr wahrscheinlich niemanden, fällt wohl in die alte Kategorie Guck` mal, was ich kann) Herausragen fand ich neben dem ersten zarten Grün und dem teils tollen Licht die Ruine des alten Turms, siehe Bilder, den ich noch nicht kannte. Solche Anblicke erinnern mich an Traumbilder aus sehr schlechten Zeiten. Auferstanden aus Ruinen…

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Gemeinschaft

Kalte, nasse Novembertage fördern (nicht nur) bei mir die Grübelei. Früh wach geworden, kreisen die Gedanken schon. Aufstehen, die Morgenroutine abarbeiten und nun schreiben …

Die Sehnsucht nach Gemeinschaft in mir. „Einzelgänger“ schon so lange ich denken kann, Außenseiter, immer am Rand. Irgendwann machte ich aus der Not eine Tugend und gefiel mir in der Rolle des Nerds, wie man heute sagen würde. Früher gab es da andere Ausdrücke  …  Psycho war noch fast schmeichelhaft. Da gleiches immer Gleiches sucht und findet, war meine Gesellschaft irgendwann dem entsprechend.

Gemeinschaft in der Arbeitswelt habe ich nicht gefunden. Anstelle dessen Egoismus und Rücksichtslosigkeit, Gier, Neid, Boshaftigkeit. (Gleiches ??) Was folgte, war ein totaler Rückzug auf mich selbst, auf eine Funktion, für die ich bezahlt werde. Ein Nimbus der Unberührbarkeit, ein gewandelter Psycho, der nunmehr, wenn auch geschnitten, so doch für seine fachliche Kompetenz Anerkennung fand.

Beruflich hat sich daran nichts geändert, zu groß ist das Streben nach dem schützenden Kokon. Was dazu führte, dass vor langer Zeit schon in einem ansonsten glänzenden Arbeitszeugnis der sonst so übliche Verweis auf das Sozialverhalten schlicht fehlte. Wertung durch Unterlassung, auch hübsch. Damit habe ich beizeiten kokettiert, wenn mir wer schräge Töne vorwarf. Ich habe eben kein Sozialverhalten, sogar von höchster Stelle anerkannt …

Gemeinschaft in Familie … so allmählich bekomme ich ein Gefühl dafür. Nach weit über einem halben Jahrhundert, aber besser spät als nie. Wärme, die mich durchströmt, wenn die Kinder hier sind, wenn wir alle auf engstem Raum gemeinsam mit den beiden Katern hocken. Auch die Ahnen … wenn schon nicht liebevoll, so doch zumindest heute von einem gegenseitigen Respekt gezeichnet, auf den letzten Metern. Immerhin.

So allmählich weitet sich der Fokus. Seit vielen Jahren schon innerhalb der Gemeinschaft der anonymen Alkoholiker, aber zunehmend auch in der Welt „da draußen“ Vertrauen wächst, in die Schöpfung, in meine mich liebende höhere Macht, in ein geheimnisvolles Gleichgewicht der Kräfte, Vertrauen in Zusammenhänge, die mein eingeschränktes Ego nicht versteht, aber spürt. Da ist Veränderung und sie ist langsam, was die Aussicht auf eine gewisse Stabilität mit sich bringt.

Soviel dazu – der Tag geht gegen Mittag, Brunch steht an.
Habt einen guten Sonntag.

Und – auch, wenn sie nicht scheint …

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