Drabble – Dienstag, den 29.11.2022

Die Regeln: 100 Wörter, 3 davon sind die Gewürfelten. Beugen geht, ebenso wie Mehrzahl und zusammengesetzte Begriffe. Synonyme gehen nicht. Einen Preis gibt es auch nicht, der Lohn ist das entkrampfen der Hirnwindungen nach vollbrachter Tat.

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Minimal-Autarkie

Selbstfürsorge, wie schaut die bei mir aus? In meinem früheren Leben habe ich mir darüber so lange keine Gedanken gemacht, bis das Maß an Leid nach Korrektur schrie. Heute sorge ich für mich spirituell durch Innenschau, Gebet und Meditation sowie auf körperlich-spiritueller Ebene durch eine lose und immer wieder veränderbare Folge von Übungen am frühen Morgen. Zusammengesuchtes aus Halswirbelsäulen-Gymnastik, Yoga und Qi-Gong.

Das kann überall praktiziert werden, daheim hat es den Teppich und unterwegs die Matte, die ist immer dabei. Es braucht keine Fitnessstudios mit ihren Maschinen, nur den eigenen Körper. Unabhängigkeit von Umständen und Institutionen – wenigstens im kleinen Rahmen.

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Gewürfelt wurde hier.
Mehrfach-würfeln macht es übrigens nur anders, nicht leichter 😉
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Montag, 221128

Neues Wort gelernt:
Low Performer.

Klingt eigentlich qualifiziert, Low Carb ist doch auch in aller Munde. Leider ist nicht jede Reduktion positiv assoziiert, schon gar nicht, wenn es um die so genannten Low-Performer geht. Für die gab es früher andere, weniger wohlklingende Bezeichungen. Faule Sau zum Beispiel. Womit den Schweinen Unrecht getan wurde, nur weil ein Geschöpf sich auf das unbedingt Notwendige beschränkt, ist es nicht gleich faul.

Der Low-Performer ist ja keineswegs untätig, nur werden seine Tätigkeiten landläufig eben nicht als produktiv angesehen. Wer so wie ich mal dieser Spezies über die Schulter geschaut hat, bekommt ein etwas anderes Bild vermittelt. Sie arbeiten schon hart, wer einmal eine Menge Gesetzestexte über Anforderungsprofile für diese oder jene Entgeldgruppe lesen musste oder gar im regen Austausch mit einem Rechtsanwalt stand, weiß, wieviel Mühe so etwas machen kann. Kommt dann noch eine potentielle Behinderung dazu, steht einem tagesfüllenden Programm nichts mehr im Wege. Achtung: Meiner Erfahrung nach gibt es auch unter zu Recht als behindert bezeichneten Menschen solche und solche. Wer trotz Behinderung sein Tagewerk ausfüllt, hat meine uneingeschränkte Hochachtuung!

Selbst hatte ich einige Male Gelegenheit, den Werdegang mehrerer so genannter Low-Performer sportlich interessiert zu verfolgen. Die werden ja auch nicht als solche geboren, jedenfalls nicht alle. Irgendwann fällt ein innerer Vorhang und dann ist Dienst nach Vorschrift. Tja. Das ersehnte Ziel ist (natürlich abhängig vom Lebensalter respektive weitere Zukunftspläne) eine möglichst ertragreiche Kündigungsschutzklage, die den weiteren Lebensweg zumindest unterstützend mit absichert. Die Leidtragenden in dem Spiel sind in der Regel die Kollegen, die ihren Job noch ernst nehmen und für den Low Performer mitarbeiten müssen.

In kleinen Betrieben findet man den Low Performer darum so gut wie nicht. Nicht nur, weil Nichtsnützigkeit hier gleich auffällt, sondern wegen dem eingeschränkten Kündigungsschutz in solchen Gewerken. In größeren Betrieben, vorzugsweise Konzernen sieht das ganz anders aus. Kann doch nicht gutgehen, dachte ich schon öfter. Doch, ging gut, und manchen Ex-Kollegen sehe ich vor meinem geistigen Auge seinen gerichtlich ausgehandelten Vergleich oder Aufhebungsvertrag als sexuelle Stimulanz unterm Badezimmerspiegel hängen, eine hervoragende allmorgendliche Tageseinstimmung für eine hoffentlich gesegnete Zukunft.

Kann einem schon einen gewissen Respekt abzollen. Allerdings zahlt Mensch für alles einen Preis, soviel ist sicher. Und manch Geister, der ich mich bedienen könnte, werde ich möglicherweise nicht mehr los. Ein verschissenes Karma ist so angenehm auch nicht, zumal das Universum immer antwortet.

Darum:

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Samstag, 221126

Küchenarbeit, ich putze und schnippele Gemüse für den Ofen. Mit Musik geht das besser, aus den fettigen, aber funktionstüchtigen alten PC-Lautsprechern auf dem Hängeschrank wummert Social Distortion, so wie vor gar nicht allzu langer Zeit regelmäßig auf der A46. Die Wege nachhause vom Vater im Altenheim. Bilder tauchen auf, das Bett, unkontrolliert rinnendes Wasser, die Hilflosigkeit. Und wieder dieses Gefühl aus der Tiefe, die unsichtbare Tränenpumpe. Heute schafft sie es nicht so ganz, irgendwo in der Brust bleibt die Energie stecken und die Augen bleiben trocken. Zumindest bis die Zwiebeln gehackt werden wollen, für die Marinade.

Trauer hat viele Gesichter und sie zeigt sich wann sie will. Musik weckt sie, ebenso wie manche Gegenstände. Da gibt es auch noch Mutter. Samstag ist Muttertag. Sachen erledigen, Post sichten, dies und das einscannen agieren, reagieren, machen, tun gut sein lassen. Das Übliche. Heute habe ich unter anderen den Vater aufgehangen, also sein Bild. Wo hat denn der sein Restwerkzeug, es findest sich kein Nagel, wäre eh zu schwer, der große Rahmen. Schränke werden gesichtet, ich werde fündig. Meine praktische Ader habe ich auch von ihm, ich kann mir helfen, wenn es sein muss. Nur habe ich angesichts meiner maroden Gelenke immer weniger Lust dazu. Aber manchmal ist es halt unvermeidlich. Auch hier – Grummeln im Bauch, die geschäftige Werktätigkeit fordert ein Mindestmaß an Geist und die Tränenpumpe schweigt.

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Die Wissenschaft hat viele Ausdrücke für manche Zustände. Ich habe manchmal auf viele Ausdrücke für die Wissenschaft, aber das ist sehr subjektiv und soll sie nicht abwerten. Bei uns jedenfalls gibt es eine Hüterin der gesammelten Weisheiten, siehe unten. Zwar ist sie noch nicht so alt, so aber auf dem besten Wege, mal eine weise alte Katze zu werden.

Beim meditieren ist sie auch gerne dabei, sie liebt das grüne Kissen ❤️

Es duftet nach Essen, Zeit, hier zu schließen.
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Drabble – drei Worte für Dienstag, den 29.11.2022

Die Regeln: 100 Wörter, 3 davon sind die Gewürfelten. Beugen geht, ebenso wie Mehrzahl und zusammengesetzte Begriffe. Synonyme gehen nicht. Einen Preis gibt es auch nicht, der Lohn ist das entkrampfen der Hirnwindungen nach vollbrachter Tat.

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Im nächsten Leben werde ich Zufallswort-App-Programmierer 😉

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Gewürfelt wurde hier.
Mehrfach-würfeln macht es übrigens nur anders, nicht leichter 😉
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Mittwoch, 221123

Gegen Null

Heute ist wieder Neumond, wieder steht der Mond im Sternbild Skorpion, wie am Todestag meines Vaters, heute vor genau einem Monat.

Der Neumond steht für Rückzug nach innen, loslassen von altem und für Neustart. Eine Tagesqualität, die für Lebende und Sterbende wohl gleichermaßen gilt. Wünsche ich ihm jedenfalls, dort, wo er jetzt ist.

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Ich lebe (noch), also muss ich essen, damit das vorerst so bleibt. Vorzugsweise gutes Zeug, weniger der potentiellen Fristverlängerung wegen, mehr um deren Qualität zu steigern. Manchmal ist der Fernseher dabei hilfreich, der Vorkoster bietet schonmal gute Inspiration. Wurzelzeug ist eine gute Sache, auf körperlicher Ebene sowieso und – Achtung weit hergeholt – auch auf mentaler Ebene, der möglichen Erdung wegen. Wurzeln schlagen. Oder so. Jedenfalls habe ich es dem dicken Koch nachgemacht und war begeistert. Sehr lecker.

Wurzel-Ofengemüse
Für 2 Personen

1 Pastinake
1 Petersilienwurzel
3 kleine Möhren
1 Rotebeete-Knolle
4 kleine Topinambur
2 Schwarzwurzeln
1 Zwiebel, gehackt
3 Knoblauch-Zehen
Pfeffer, Salz, Bratöl

Putzen, gleich große Streifen schneiden, mit Öl, Salz, Pfeffer, Zwiebeln und Knoblauch vermengen,180 Grad, 20-25 Minuten auf Blech mit Ober-Unterhitze/Umluft

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Drabble – Dienstag, den 22.11.2022

Die Regeln: 100 Wörter, 3 davon sind die Gewürfelten. Beugen geht, ebenso wie Mehrzahl und zusammengesetzte Begriffe. Synonyme gehen nicht. Einen Preis gibt es auch nicht, der Lohn ist das entkrampfen der Hirnwindungen nach vollbrachter Tat.

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Transformation

Nebel steigt vom Fluss auf, in der Schwärze der Nacht. Noch ist der Tag fern, die Glocken rufen zum ersten Gebet, Zeit für die Matutin. Bruder Johannes macht sich auf dem Weg, für ihn ist es immer noch ein Wunder, hier in dieser Abgeschiedenheit leben zu dürfen und dennoch der Welt zugewandt zu sein. Langsam verblasst die Zeit, damals, als er wie eine Dampfwalze von Party zu Party zog. Erfahrungen, die ihm in seinem neuen Leben sehr zugute kommen, das draußen, in der Jugendarbeit. Gebannt hören sie ihm zu und schenken ihm Vertrauen, man hört, er weiß, wovon er spricht.

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Sonntag, 221120

Ewigkeitssonntag, so heißt der Heutige, das klingt in meinen Ohren irgendwie angenehmer als der landläufig bekannte Totensonntag. Die brauchen keine Sonntage mehr, haben sie doch im Idealfall tagtäglich ihre Ruhe. Die Ewigkeit dagegen kichert leise ob ihren Ehrentag. Weiß sie doch mit unserer ziemlich willkürlichen kalendarischen Zeiteinteilung recht wenig anzufangen. Was ist schon ein Sonntag für die Ewigkeit? Aber immerhin, denkt sie, erinnert Mensch sich dann an mich.

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Ein anderes Thema, eher bezogen auf unsere Endlichkeit oder besser, wie finde ich in dieser verdammt kurzen Zeitspanne Erfüllung? Es gab eine Zeit, da war ich als suchtkranker Mensch heilfroh, eine Fachärztin für Psychiatrie als langjährige Therapeutin zu haben, neben meinen regelmäßigen Gruppenbesuchen in der Selbsthilfe. Vor noch nicht so langer Zeit war ich froh und dankbar, die Unterstützung eines Mannes vom Fach auf dem Weg in eine Reha-Klinik gefunden zu haben.

Die Wege sind so verschieden wie wir Menschen und das Angebot ist riesig, wenn man nicht gerade normalbegüterter Kassenpatient ist. Coachs und Therapeuten gibt es so viele, für jeden, der zum einen zahlen kann und will, zum anderen, auch bereit ist, sich auf die heutigen Methoden einzulassen, mögen sie eine echte Hilfe sein. All dies habe ich in weiten Teilen zurückgelassen, von einer verdammt lebenserfahrenen Ergo-Frau mal abgesehen, die mich einmal im Monat mit guten Impulsen versorgt. Den Facharzt gibt es auch noch, alle 4 Monate sage ich mal Guten Tag dort. Ich weiß, er kann mir den Arsch retten, gerade im Kontext mit meiner nicht enden wollenden Erwerbstätigkeit. Er braucht es nicht zu tun, aber das Wissen darum finde ich hilfreich.

Mit meine 60 Jahren bin ich wahrscheinlich so etwas wie austherapiert. Was neue Erkenntnisse nicht ausschließt. Was zu mir finden soll, wird kommen. Meine innere Ruhe verdanke ich meinem Glauben, meiner höheren Macht, die mir immer wieder gerade auch abseits vom therapeutischen Geschehen Menschen geschickt hat, die mir ungemein hilfreich waren. Dafür bin ich sehr dankbar.

Aber – jeder Mensch auf seine Weise.

Samstag, 221119

Der Tag gestern – ein gelungener Mix aus Geschäftigkeit und Entspannung. Es geht mir besser, die emotionale Anspannung ist noch vorhanden, aber weniger geworden, mit ihr auch die körperlichen Beschwerden. Wie sich das in der kommenden, wieder werktätigen Woche verhält, wird sich zeigen. Vorerst bleibt das gute Gefühl, alle anstehenden Formalien bewältigt zu haben – plus der wieder spürbaren inneren Ruhe.

Trauer? Ja, aber leise. Das Gefühl der Erleichterung überwiegt. Erleichterung darüber, dass mein Vater erlöst wurde, aber auch Erleichterung darüber, einen Teil der Verantwortung für meine Eltern abgegeben zu haben, zu meiner Entlastung. Das mag egoistisch klingen, ist aber sehr real spürbar.

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So. Genug der Schwere, hier und jetzt. Es hätte einen Insider-Tipp für potentielle Touries, die mal lecker Kaffee trinken, Waffeln essen möchten und dabei nicht dem Innenstadt-Nepp anheim fallen wollen. Cafe Clauß, hier umme Ecke. Ja, das ist Werbung, unbezahlt, aus Überzeugung. Der Erwerb der überall umherstehenden Bücher ist zugunsten vom lokalen Kinderhospiz möglich, die Bedienung bergisch rustikal freundlich und wer Eindrücke für Kurzgeschichten sammeln möchte – Schreibzeuch nicht vergessen 😉

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Der volle Magen fordert einen verdauungsfördernden Spaziergang, und so gehe ich im Anschluss diskret vor mich hingasend (die Sahne) Richtung Märchenturm auf dem Nützenberg, um noch ein paar Dämmerungsbilder einzufangen.

Und da isser, wenn man leise ist, hört man sie rufen. Rapante, Rapante … Glück mit dem Licht, gerade ging die Beleuchtung an.

Beim Abstieg talwärts fange ich noch ein paar Eindrücke von der lokalen Hundewiese ein, netterweise um diese Zeit ohne Hunde.

Und – einen neuen Fetzen hat es auch. Mit Lokal-Bezug, praktisch in der Fremde, auf dass man mich verorten kann, auch wenn ich schweigend nicht am Slang zu erkennen bin.

Passt.

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Drabble – drei Worte für Dienstag, den 22.11.2022

Die Regeln: 100 Wörter, 3 davon sind die Gewürfelten. Beugen geht, ebenso wie Mehrzahl und zusammengesetzte Begriffe. Synonyme gehen nicht. Einen Preis gibt es auch nicht, der Lohn ist das entkrampfen der Hirnwindungen nach vollbrachter Tat.

Irgendwas mit Exzessen vielleicht …

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Gewürfelt wurde hier.
Mehrfach-würfeln macht es übrigens nur anders, nicht leichter 😉
Wortzähler – hier

Donnerstag, 221117

Es regnet, ein gutes Wetter zum ruhen, zum nachspüren, zum Frieden finden. Wenn die Betriebsamkeit allmählich nachlässt, steigt einiges nach oben. Eigentlich auch eine gute Zeit für Hausarbeit, aber die ist immer so laut und die Katzen schlafen so schön. Also lieber am PC sitzen, lesend, schreibend.

Blau

Blau scheint uns der Himmel und das Wasser, in dem sich der Himmel spiegelt. Blau ist auch die Urne meines Vaters, dessen Leben, so oft er konnte, am liebsten draußen stattfand. Fast schmucklos, nur mit einem kleinen silbernen Vogel drapiert. Passt zum Himmel und zum Wasser. Und so auch zu meinem Vater.

Blau war einmal ein beliebter Zustand, das ist lange her. Der letztendlich erfolglose Versuch, irgendwie heimzukommen, vorbei an die innere Leere, vorbei an dem Verstand, vorbei an der Verlassenheit. Blau ist auch abseits vom Rausch ein Gefühl. Tiefe fällt mir ein, eins-sein. Man sagt, Blau sei eine kalte Farbe und doch denke ich irgendwie an Geborgenheit, wenn ich mir die Stille der Ozeane vorstelle.

Abtauchen …

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PS: Da war doch noch was

Ich möchte mich mit dir über deine Zukunft unterhalten 😀