Sonntag, 210627

Die zweite Impfung ist seit gestern dito drin, nach einer bescheidenen Nacht geht es mir nun recht gut. Der Arm schmerzt ein wenig, wie Muskelkater, nicht der Rede wert. Und in zwei Wochen geht dank digitalen Impfausweis auch wieder Öffentlichkeit etwas einfacher. Falls von mir gewünscht, woran ja begründete Zweifel bestehen. Aber zu können, wenn man möchte, hat auch seinen Wert. Hauptsache erst mal Impfschutz.

Die Nacht – es war ungewohnt laut, bis 4 Uhr in der Frühe. Besoffene Kiddies, teils die alten Lieder plärrend, super, denke ich dann, während ich mir meine Hohlraumversiegelung wieder in die Ohren schiebe. Wenn ich den Kiez nicht so lieben täte.

Sonst so? Wir haben gern gesehenen Besuch, das zweite Wochenende in Folge. Interessant, wie das Gekatze damit umgeht. Während Jungkatze ausnahmslos jeden freudig begrüßt und immer mit dabei ist, gibt Altkater den angepissten Vollasi ab, mault, jammert und randaliert in der Nacht. Alter Mann eben. Wobei leichte Gewöhnungstendenzen erkennbar waren, dieses Wochenende. Auch da ist also Hoffnung.

Kinder dagegen – aus gegebenen Anlass:

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Mittwoch, 210623

85 db Dauerbeschallung, das ist irgendwo zwischen Hauptverkehrsstraße und Preßlufthammer, dank Hohlraumversiegelung via Otoplastik auf ein erträgliches Maß reduziert. Mensch ist dann für sich, mit gestopften Ohren. Bleiben noch die unvermeidlichen optischen und olfaktorischen Reize, bei den erfreulicherweise seltenen Begegnungen. Hohlraumversiegelt Scherze treiben geht auch: Freundliche Miene, den Besucher ein paar Sätze reden lassen, zustimmend nickend gestenreich die Hohlraumversiegelung entfernen und interessiert nachfragen, was des Gegenüber Begehr denn nun sei. War es von Belang, wird es wiederholt. Königsklasse: Disziplinarische Gespräche mit dem Vorgesetzten. Nein, ernsthaft, das würde ich natürlich nicht tun. Dann bleiben die Dinger drin …

Sonst so: Still ruht der See. Also abseits der Dauerbeschallung. Nachdenklichkeit angesichts der elterlichen Lebensumstände. Es macht etwas mit mir, der Situations-bedingt verstärkte Kontakt. Wer sagt eigentlich, dass am Ende alles gut wird? Überhaupt, definiere „gut“. Jemand meinte mal, gut sei nicht unbedingt schön, und vermeintlich schönes nicht zwangsläufig auch gut. Manchmal habe ich Lust, so Sprüche in irgend eine Kiste zu versenken, zunageln, ab in die Wupper. Gute Reise, klug geschissene Lebensweisheiten. Leben geht auch ganz gut (!) ohne Kalendersprüche, zumindest vorüber, der Zeit ist es wurscht, was ich von ihr halte. Kann ich auch gleich das werten, das urteilen einstellen, bei so viel Gleichgültigkeit. Hat auch für mich enorme Vorteile, die Dinge so zu nehmen, wie sie nun mal sind.

Konsequent dazu passend mein neues Gewand:

Mal sehen, ob der Alte recht behalten soll.

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Sonntag, 210620

Morgen ist Sommersonnenwende, eine von für mich vier wichtigen Jahres-Zeitmarken, neben der Wintersonnenwende und den so genannten Tag-Nacht-Gleichen, Pari zwischen Licht und Dunkelheit, die sich dann den Tag hälftig teilen und Beginn von Frühling wie Herbst markieren. Derzeit ist jedenfalls das Licht dominierend, fordert zu Aktivität aller Art auf und vertreibt zumindest teilweise auch innere Schatten. Gut so.

Sonst so? Gisela schreibt über tiefe Brunnen, mir gefallen Gleichnisse mit Wasser sehr. So wie Wasser an sich faszinierend auf mich wirkt, auf physikalischer Ebene als der Lebensspender überhaupt sowie in seinem Fließverhalten in der Natur, gelenkt von den geologischen Beschaffenheiten der Landschaften, ober- und unterirdisch. Aber auch auf der Meta-Ebene unserer Seelenleben mag ich das Bild des Wassers, das so oft Zusammenhänge sichtbar machen kann, wo andere Sprachen entweder zu abstrakt, zu verkopft wirken, wie die Psychologie zumindest teilweise, oder wie die Astrologie zu sehr esoterisch verbrämt daherkommt (zu Unrecht, finde ich, ist sie doch das Resultat sehr langer Zeit der Beobachtung).

Wasser auf der Meta-Ebene also. Der Fluss als Sinnbild des Lebensstromes gefällt mir, in seinem Lauf von Quelle bis zu seiner Mündung in einen See, in einem Meer. Mit seiner allmählich wachsenden Größe, seiner sich mit der Landschaft verändernden Fließgeschwindigkeit, seine ruhigen Zonen, seinen Stromschnellen und Untiefen. Auch das Bild des Wassers, bezogen auf seine Reinheit, seine Klarheit oder eben auch als trübes Gewässer, gefällt mir. So wie sich manches „klärt“, wenn es nur lange genug in Ruhe gestanden hat, mal eine Weile nicht bewegt wird.

Es fiele mir noch mehr dazu ein, würde hier nicht mit Recht nach Frühstück gequengelt. Prioritäten setzen also, wie so oft. Musik vielleicht geht noch …

Satz des Tages:

Hier ist ja alles schief!

Levon, 5, aus Berlin, schwitzend den Wuppertaler Nordhang erklimmend.

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Samstag, 210619

Manchmal wünsche ich mir, ich könnte Lyrik. Kann ich aber nicht, irgend etwas fehlt. Lesen tue ich sie gerne, was mich fasziniert, ist die Verschlüsselung der Kernbotschaft und der Interpretationsspielraum, den manche Zeilen lassen. Stammt wohl aus einer Zeit, in der Klartext auch schon mal den Kopf kosten konnte, und irgendwie ist das zumindest teilweise auch heute noch so. Klartext kann ich, viel zu oft viel zu emotional überfrachtet, aber es geht. Gleichnisse, Märchen und Fabeln gehen auch, die Türen stehen mir offen. Wer wie ich in den finsteren Wupperbergen aufwuchs, ist mit Trollen, Zwergen, Feen, Kobolden und dergleichen sowieso auf „Du“.

Sonst so? Klebewetter, die Katzen liegen lang auf kühlende Fliesen oder Dielenböden. Mich erwartet meine samstägliche Runde, Supermarkt, Eltern. Lieber Besuch kommt auch, am Nachmittag. An solchen Tagen wie heute überkommen mich leise Zweifel, ob mein Purismus in Sachen Technik nicht vielleicht doch verbesserungswürdig sein könnte. Ein Kältekompressor im Auto wäre irgendwie doch nett…bis zum nächsten Wartungstermin auf jeden Fall. Se `s drum, Fenster auf, fertig.

Musik zum Thema.

So, das Frühstück möchte hinaus (Achtung, Klartext), danach darf ich unter die Menschen, wenn ich nicht verhungern möchte. Soziale Wesen … geht so, zumindest was meine Person angeht. Ihr Leser*innen seid mir im genau rechten Abstand, immer schön in Deckung, das kann ich. Zeitweise aber brauche selbst ich auch meinesgleichen, Menschen eben. Nicht weil ich Gesellschaft grundsätzlich so toll finde, nein, eher aus Selbsterhalt. Dann und wann kann es auch nett sein, dem Vernehmen nach sogar für die anderen.

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Dienstag, 210615

Ananda rettet eine Maus. So bin ich auch, Käfer, Spinnen, verirrte alte Falter und so werden meist umsichtig mit Hilfe eines Glases und Papier reisefertig gemacht und außenbords befördert. Wo dann wieder die Gesetze der Wildnis (!) herrschen, fressen und gefressen werden. So macht der alte Falter Sinn, auch wenn er nur ein paar Stunden flattert, um dann wem als Proteinlieferant zu dienen. Immer noch besser, als in der Werkstatt zu verrecken (muss ich mal näher drüber nachdenken …)

Wildnis, die zweite. Auf dem Weg in den Werktag gerade eben durfte ich das kurze Intermezzo eines rabenschwarzen Jungkaters und einer Elster im vorübergehen bestaunen. Der kleine Kerl wollte sie natürlich morden, war aber dem ebenso hübschen wie klugen Vogel mit der hässlichen Stimme (noch) nicht gewachsen. Der hob immer zeitig ab, ließ sich auf dem nächstbesten Zaun oder Ast nieder und lachte den kleinen Kerl böse aus. Wer zuletzt lacht, dachte ich und zog weiter.

Weiter ziehen – auch so ein Stichwort, im Kontext mit der Liebe oder dem, was dafür gehalten wird. Dünnes Eis, hierüber zu schreiben ohne die eigene Gegenwart und/oder Vergangenheit nicht übermäßig zu offenbaren, zumal ich (heute) niemand bin, der schnell das Feld räumt, wenn es holpert. Das war mal anders, dafür zahlt Mensch früher oder später, so auch ich meinerzeit. Allein bin ich damit sicher nicht (gewesen), so viele Parallelen durfte ich schauen. Den krassesten Fall lieferte aus meiner Sicht ein Beinahe-Schwiegervater, lange her. Drei Ehen, von gut-bürgerlich über links-liberal/weltoffen hin zu gut 20 Jahre jünger rund komplett abgedreht. Mal kurz die beziehungstechnische Evolution auf ein knappes Leben eingedampft. So nicht, meint der innere König leise, aber bestimmt.

Ja, und wo das so hinführen kann zeigt uns wieder einmal LINDEMANN sehr gut, der König nickt stumm.

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Montag, 210614

Ein arbeitsfreier Tag, der zum Teil den Eltern gewidmet ist, zum Teil dem Haushalt. Es bleibt auch noch Zeit zum still sitzen und nach Möglichkeit nichts zu denken. Gute Sache, das liebe ich an den Katzen, ebenso ihr Talent, ihre persönliche Meditations- oder Dröselzeit von jetzt auf gleich zu unterbrechen, weil gerade etwas wichtiger wird. Nur die Objekte der Begierden unterscheiden sich nicht unwesentlich. Jedenfalls fühle ich mich ihnen sehr verbunden, manchmal, beim Löcher-in-die Luft-gucken, den Geist fliegen oder auch irrlichtern lassen, abseits von all den wichtigen Dingen des Tages.

Sonst so? Vom gestrigen Sonntag bleiben noch ein paar Bilder von der kleine Runde gestern. So `n Farbklecks zum Beispiel, auf dem katholischen Friedhof Hochstraße, hier im Tal der Wupper.

Oder ein Grabschmuck, der mich verweilen ließ, weil so noch nicht gesehen. Das Grab einer Frau mit einem langen Leben. War sie weit gereist oder in mehreren Ländern zuhause? Verstand sie sich als Kosmopolit, als Weltenbürger? Ihre Angehörigen werden es wohl wissen.

Bizarrer Baumwuchs…

Und – ein Teil des Schreibers Antlitz, Produkt der dröselden sonntäglichen Muße. Wenn schon absichtslos hochgeladen, darf es auch zur Schau gestellt werden. Einzig die sich verändernde Farbgebung stimmt nachdenklich, wird doch aus dem melierten Irgendwas so langsam ein fettes Grau.

Von wegen dröseln 😉

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Sonntag, 210613

Gestern Abend, gegen Sechs. Es gibt noch etwas zu erledigen, Post wegbringen, Sachen abholen, profane Gründe, das Haus zu verlassen. Ich staune über die vielen Menschen, die offenen Läden, die vollbesetzten Biergärten, das pralle Leben. Glückseligkeit allerorten und ich bin es nicht mehr gewohnt. Menschenansammlungen machen mir Unwohlsein oder verstärken Vorhandenes, je nach Blickrichtung. Sind sie echt, die Gesichter mit dem halben Liter Weizen im Gesicht oder der dicken Eiswaffel? Mich reizt es nicht, auch mit Blick auf die Zettelwirtschaft, digitale Wüste. Zu laut, zu voll, zu aufgesetzt, zu ungewohnt wirkt die Stimmung auf mich. Die Mitternachtsseele vermisst den kühlenden Schatten und flüchtet sich in St. Laurentius

Es ist Messe, in jeder zweiten Bank sitzen einige wenige Menschen. Maskiert möchte ich Platz nehmen, jemand sagt HALLO, eine nette junge Frau nötigt mich freundlich, aber bestimmt zur Adressabgabe. Ich schüttle den Kopf und wende mich um zum gehen. Als ich fast schon wieder draußen bin, höre ich sie, mir folgend. Hallo, Sie können dort sitzen, wenn Sie möchten… und zeigt auf eine Bank ganz hinten. Die Katzenbank für Menschen wie mich. Und so nehme ich einen Moment Platz, kann zwar nichts von der Show weiter vorne sehen, aber hören, das reicht mir. Liturgien sagen mir nichts, und das aufgeblähte Drumherum der Katholen erinnert mich irgendwie an die Sonne, das Weizenbier, die Gesichter. Nach einigen Minuten gehe ich.

Es ist nicht nur Messe, auch eine überregionale Veranstaltung, wie mir ein Infotisch im Eingangsbereich sagt. Beim gehen schaue ich die beiden Kärtchen, die ich eingesteckt habe, weil sie mich ansprechen.

Mit Blick auf den Trubel denke ich an Geistliche, die sich wundern, wo die Menschen bleiben. Vielleicht – wenn mehr Klartext über unser aller Befindlichkeiten gesprochen würde, hätte eine Messe bessere Chancen gegen Weizenbier, Eis, Currywurst, Hedon in allen Farben. Keine Ahnung, vielleicht liegt es an der Mitternachtsseele, die sich aus gegebenen Anlass gerade verstärkt mit Verfall, Tod, mehr oder eher weniger erfüllte Leben und dergleichen auseinandersetzt, aber auch ihr gefällt die etwas befremdliche Sonne.

Apropos Mitternachtsseele…

Ich mag die Sonne, die Palmen und das Meer
Ich mag den Himmel, schau‘ den Wolken hinterher
Ich mag den kalten Mond, wenn er voll und rund
Und ich mag dich mit einem Knebel in dem Mund
Ich mag volle Gläser, die Straßen wenn sie leer
Ich mag die Tiere, Menschen nicht so sehr

So, und weil der Schatten nie das letzte Wort haben soll, noch ein paar Licht-Bilder zum Schluss, abseits vom Trubel auf dem Laurentius…

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Mittwoch, 210609

Frohe Kunde: ER ist wieder da, der Werkstatt-Kater. Zwei Wochen ward er nicht gesehen, wir haben uns um den Streuner schon Sorgen gemacht. Und dann stand er neulich am frühen Morgen wieder vor der Tür und forderte Futter, in alter Frische. Also beinahe in alter Frische, sein Schwanz hatte Länge und Haare gelassen. Prompt wurde der arme Chinese wieder verdächtigt, er hätte mal genascht. Allerdings wurde der Gedanke allgemein für absurd befunden, hätte der den bedauernswerten Kater, hungerleidend, wie er ausschaut, nach einhelliger Meinung doch eher am Stück zubereitet.

Wie auch immer, der Kater ist wieder da, wenn auch leicht lädiert und der Chinese verdient mehr Respekt, nicht nur mit Blick auf seine Ernährungsgewohnheiten. So sagen wir SIE zu ihm, weil das ist er net gwohnt.

Unsere Diva dagegen kommt so schnell nicht in Verlegenheit, größeres Unglück zu erleiden, so sie denn beim umherfläzen auf dem Boden gesehen wird. Allenfalls ist die Verlegenheit an mir, beizeiten nicht aufstehen zu können, wenn gnädige Frau anderer Meinung ist…

Aufstehen – ein gutes Stichwort und Übergang zum nächsten Thema. Haben doch einige mir mehr oder weniger gut bekannte Menschen derzeit gesundheitliche Herausforderungen zu meistern. Neben allen erdenklich guten Wünschen fällt mir dazu ein Liedchen ein, das mich neulich gefunden hat.

Speziell für S. —

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Mittwoch, 210602

WordPress meint, ich hätte einen „Lauf“, weil ich drei Tage in Folge hier etwas von mir gegeben habe. Was nichts über die Qualität des so Gelaufenen aussagt, aber offensichtlich gibt es Fleißpunkte, auch etwas wert. Da will ich nicht enttäuschen und hänge prompt noch einen hinten dran, die Nummer Vier im Lauf.

Das waren jetzt 311 Zeichen, ohne Leerzeichen 260 sowie 52 Wörter, ohne wirklich etwas zu sagen. Wem darf ich die nächste Rede schreiben?

Sonst so – bin ich nun bemüht, bisher nicht gekannte Qualität in diesen Eintrag zu bringen. Versprochen. Der geneigte Leser mag sich erinnern, vor gut 2 Jahren hatte die Grinsekatz den Kaffee auf, sozusagen, bekam von professioneller Seite gesagt, was gute Freunde, sofern noch vorhanden, eh schon längst wussten: Keramik-Syndrom, Sprung in der Schüssel, auf gut Deutsch: Hat sie nicht alle. Im Gefolge der Ereignisse bemühte ich mich also um geeignete Hilfe, allerdings ohne nachhaltigen Erfolg und erklärte mich nach mehreren vergeblichen Versuchen selbst für austherapiert. Arg vorschnell, im Nachgang betrachtet.

Hätte ich damals gewusst, dass es UWE gibt – was wäre mir erspart geblieben. Oder vorenthalten, ganz, von welcher Seite man so schaut. Je größer der Dachschaden, desto schöner der Blick auf die Sterne, das wusste schon meine Omma. Und so habe ich einfach weiter gemacht, mit schreiben, hier und dort. Hat auch therapeutischen Nutzen, irgendwie 🙂

Tschakka!