Die Nacht war unruhig und die Träume wirr. Wer hat denn schon mal einen Tiger in der Wohnung? Wäre beinahe gut gegangen. Wach werden mit Harnstau bis obenan, den Vollmond und alles andere gleich mit verfluchend den Tag beginnen. Währenddessen scheint der Tiger der Nacht auf erträgliche Maße geschrumpft und schleicht mir um die Beine, bevor er sich in dem von mir gerade frisch zusammengefegten Dreck wälzt. Da ist also Hoffnung für den Tag und Luft nach oben.
Meine Mitfahrerin steigt zu, ich staune wieder einmal über ihr Outfit. Sie sieht oft aus wie auf dem Weg zu einer angenehmen Gesellschaft, dabei haben wir das gleiche Ziel. Ihr erstes Statement über das Leben provoziert einen Lachanfall meinerseits, und das muss man mit mir erst mal hinkriegen, morgens um halb Sechs. Arbeit, Arbeit, Arbeit, meint sie. Auch Samstag, immer nur Arbeit – und manchmal ein bischen Sex, fügt sie hinzu, auf dass ich beinahe ins Lenkrad beiße. Auch im weiteren Verlauf der kleinen Reise bin ich schwer von Begriff und leicht zu erheitern. Sie braucht Klamotten für die Hochzeit ihres Ältesten demnächst und will am Wochenende nach Dochtemunt, was ich in meiner frühmorgentlichen geistigen Trägheit nicht eingeordnet bekomme, drei mal nachfrage, bis sie wütend sagt, Na, Dochtemunt! Endlich fällt der Groschen und analog erhellt sich die Stimmung weiter.
Manche Menschen sind gesegnet und selbst ein Segen, morgens um halb Sechs.
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