Sonntag, 240428

Sanft entschlafen, die rechten Worte in der richtigen Datei und Ruhe ist. Am 12.8 läuft eh der Vertrag aus und die Seite war nur noch für Spammer interessant. 11 Jahre selbst hosten waren lehrreich, aber genug ist genug.

R.I.P. Wassertiger

Noch ein paar Eindrücke der gestrigen über 13000 Schritte gegen die senile Bettflucht, gegen die Schlaflosigkeit. Wirkt nur bedingt, tat trotzdem gut.

Samstag, 240420

Vonne Rolle

Von der Rolle sein, nah dran, aber unverwandt mit dem „aus der Rolle fallen“ (Theaterjargon) – das war so ein Ausspruch meines Vaters, der so ziemlich alle denkbaren physischen und psychischen menschlichen Derangiertheiten umfasste. Ein Ausspruch, der auch heute noch bekannt ist und der seinen Ursprung in den so genannten Steherrennen hat.

Steherrennen gibt es vereinzelt noch, sind aber aus der Mode gekommen, sie hatten ihre große Zeit von den 20er bis 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Auch Wuppertal hatte am Stadion Zoo bis Anfang der 70er Jahre eine Radrennbahn, die für Steherrennen genutzt wurde. Der Sport bildet eine Peripherie zwischen Motorsport und klassischen Radrennsport – vorneweg ein Motorrad, der Schrittmacher, im Windschatten, ohne Verbindung zum Motorrad der Steher, immer dicht an der Rolle des Motorrad-Abstandhalters. Die Wortwurzel der Steherrennen liegt nicht, wie man vermuten könnte, im stehenden Motorradfahrer, der solcherart den größtmöglichen Windschatten erzeugte, sondern in den „Steher-Qualitäten“ des Radfahrers, im Sinne von Ausdauer und Durchhaltewillen, siehe auch „seinen Mann stehen“.

Nicht nur sportliches Können, sondern hier vor allem die Paarung und die „Feinabstimmung“ zwischen Schrittmacher und Steher bestimmten die Chancen auf den Sieg. Sie verständigten sich angesichts des Motorenlärms mit kurzen Ruflauten, die der Schrittmacher durch nach hinten offenen „Ohrtrichtern“ am Helm wahrnehmen konnte. Der Schrittmacher musste einerseits fordern, aber auch Rücksicht auf den Steher nehmen, ein feines, menschliches Zusammenspiel über längeren Zeitraum bei bis zu 100 Km/H.

Gerne wäre ich bei Dir gewesen, Vater. Bei Dir, der Du in deiner Jugend diese Rennen sehen durftest – was dich so beeindruckt zu haben schien, dass Du viel später noch davon erzähltest. Du warst sportlich, liebtest Radfahren, aber ein Teamplayer warst Du nie (so wenig wie ich einer bin, muss ich ehrlicherweise sagen). Ich habe dich nicht so kennengelernt, aber du musst begeisterungsfähig gewesen sein, damals. Diese Begeisterung hätte ich gerne mit Dir geteilt, später, zu meiner Zeit, spürte ich davon nicht mehr viel. Steherqualitäten dagegen hattest Du und konntest sie auch mir weitergeben.

Stadion Zoo zu Wuppertal, 1928. Die so genannte „Schildwand“ steht noch, die ehemalige Radrennbahn ist größtenteils überbaut worden

Sonntag, 240414

Triggerwarnung – las ich gerade bei der Wildgans. Ein völlig überstrapazierter Begriff, der in letzter Zeit allerorten zu lesen/zu hören ist. So als solle der schöne neue Mensch allzeit gewarnt werden/sein, was im Leben unangenehm berühren und/oder erinnern könnte. Hallo – denkt es in mir – unangenehme Gefühle sind doch auch Teil des Lebens, immer schon gewesen. Das Beste an ihnen ist doch, dass sie nicht nur einen Anfang, sondern auch ein Ende haben, zu ihrer Zeit , und uns nebenbei auch etwas lehren wollen.

Neulich sah ich schon die erste Fußmatte mit dem fein eingewirkten Aufdruck „Triggerwarnung“. Da kann man sich was bei denken, ist so ein Ding doch drehbar, je nach Stimmung oder herrschenden Verhältnissen, drinnen wie draußen. So kann beim verlassen der Wohnung vor der bösen Welt gewarnt werden, oder – Mensch, der Einlass begehrt, vor dem, was in der Wohnhöhle möglicherweise vorzufinden sein könnte. Ok, ich steigere mich da in was hinein – war nur Spaß, das mit der Matte. Allerdings gibt es „konfigurierbare Fußabtreter“ und somit zumindest die theoretische Möglichkeit der Verwirklichung meiner Ausführungen.

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Noch ein paar Kiezbilder – vielleicht sollten manche Stadtviertel nicht nur am Beginn der Einfallstraßen zur „Tempo-30-Zone“ deklariert werden, sondern auch noch den Zusatz „Triggerwarnung“ erhalten …

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Samstag, 240330

Die Feiertage entzerren das Tagesgeschäft, schaffen freie Zeit, und so mache ich mich per Bus auf dem Weg zur Mutter. Die Luft klar und meine Stimmung gut.

Karlsplatz, ich schaue aus dem Fenster. Alte Dame mit kleinem Hund, an dem irgendwas mit einer Hinterpfote nicht stimmt, die ein kleiner, schwarzer Verbandschuh ziert. Eine weitere alte Dame spricht die beiden an und herzt den Kleinen. Eine Szene wie aus einem Stummfilm, denke ich. Und dass kleine Hunde, zudem noch derangiert, das Herz erwärmen.

Auf den Südhöhen, Richtung Muttern, ich passiere diesen kleinen roten Transporter, an dem ich schon unzählige Male vorbei gegangen bin. Der Name eines Jugendkumpels ziert ihn, verkündet etwas mit Elektrotechnik. Heute sitzt jemand am Steuer und startet gerade. Ich winke, Fenster runter, „Ja bitte?“ – es dauert einen kleinen Augenblick, bis er mich erkennt, nach gut 4 Jahrzehnten. Grau die Haare, Ton in Ton mit  Augen und Stoppelbart, wir plaudern ein paar Minuten. Gleicher Jahrgang, Grundschule und später jugendtrunkene Dummheiten. Visitenkarte, ja, vielleicht auf bald. Ich bin angenehm berührt.

Kaiserwald (der heißt tatsächlich so). Bevor sich der fiese Saharastaub lästig auf Augen und Bronchien legt, versucht sich die Sonne ein letztes Mal durch die dicker werdende Himmelssuppe. Wäre ich wie gewohnt in den Bobbycar gestiegen, wäre mir auch dieses Bild entgangen. Eines von diesen Bildern, die mit KI nur weniger gut werden.

Feines Lichtspiel

Sonntag, 240218

„Send me an Angel“ – so dröhnt es von der Kegelbahn nebenan herüber. Ein mittlerweile 4 Jahrzehnte altes Pop-Liedchen, das ewig lang von allen damaligen Radiostationen runtergeleiert wurde. „Real Live“ hieß die Band.

Stimmt, denke ich, im „realen Leben“ kann man Engel immer gut gebrauchen. Damals wie heute.

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Nachlese – Selbstbild, buntgestiftet

Montag, 231023

Heute genau vor einem Jahr starb mein Vater. Wenn ich ihm nachspüre, dann wird mir bewusst, dass die Wut weniger geworden ist und der Trauer Platz gemacht hat. Ernüchternd immer noch manche Erkenntnis, wie ähnlich ich ihm sehe, im Guten und im weniger Guten.

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Wochenstart: Ausparken auf Monte Petrol – Spiegel eingeklappt, es passt locker noch ne Rundschau Ali-Reklame links und rechts dazwischen.

Have a nice Day!

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Und – passend zum neuen Phon habe ich mir sogenannte Ear-Buds besorgt und bin begeistert. So höre ich früh am Morgen zu den Übungen Kitaro und staune über die Wirkung. Irgendwie bin ich immer noch selbst mein größtes Experiment, wenn auch Gott sei Dank nicht mehr so krass wie in längst vergangenen Zeiten.

Wie Kitaro vor 40 Jahren zu mir kam, #Experimente

Wir trafen uns bei den üblichen Verdächtigen, die ich aus einer kurzlebigen und tragisch endenden Kneipenszene kannte. Pillen- und Pulverleute, einer verrückter als der andere. Ich fühlte mich wohl, obgleich ich mich bis auf wenige Ausnahmen auf Haschisch und Alkohol beschränkte. Sie war abgehauen, fort aus dem Puff, mit Hund und Bollerwagen ein paar Tage vor dem Sozialamt ausgeharrt, bis die ihr eine Wohnung vermittelten. Sie kam mit zu mir, der ich damals weit ab wohnte. Weich und offen war ihr Körper, es kam zu dieser Zeit nicht oft vor, dass mich eine Frau so annahm, wie ich war.

Gegenwelt, sie verdiente damals bis zu ihrer Flucht an einem Tag soviel wie ich in einem Monat, fuhr des Morgens über die werktätige Welt lachend im offenen Wagen durch die Stadt. Bis sie es nicht mehr aushielt. In ihrer Geldbörse steckte ein altes, verknittertes Bild von ihrem Vater, mit dem kleinen Mädchen an der Hand. Ein vierschrötiger, stiernackiger Kerl in Hosenträgern, Brutalität atmend. Ein Bild, an dem ich mich noch gut erinnere, wenn auch sonst an nicht mehr viel dieser Zeit.

Neben einer schönen Nacht brachte sie Kitaro und Pulver in mein Leben, verschwand nach kurzer Zeit wieder aus selbigen, derweil ihrem Kerl die Einnahmen stockten und er ihren neuen Aufenthaltsort herausfand. Ihren Namen habe ich vergessen, weiß nicht, ob sie noch lebt. Wir waren annähernd gleich jung… mit ihr ging das Marschierpulver (es sollte nicht wiederkommen), Kitaro dagegen blieb.

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Montag, 231016

Seit gestern läuft unsere Heizung, der alte Mann brauchte keine 5 Minuten, um das spitzzukriegen und seinen Lieblingsheizkörper zu okkupieren. Heizkörper sind von Katzenhaaren befreit und das Autochen hat schon Winterräder, Eisbären und Pinguine können kommen.

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Neues Phon, neue Kamera, ich bin begeistert.

Der Werkstattkater:

Und – mon Lilith mit Wort zum Montag:

Third PlaceNordpol in der Nordstadt.

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Sonntag, 231001

Freitag Abend, auf dem Heimweg zu Fuß hier im Kiez. Die steile und teils kurvige Hochstraße will überquert werden, die Ampel ist aus und sowieso nur für Kinder und Greise. Ich höre den Lärm der Sirenen schon, unterschätze aber die Geschwindigkeit des nahenden Notarztwagens, während ich noch knapp vor ihm über die Straße hüpfe. Wie einer mit 61 so hüpft.

Das wäre es jetzt noch gewesen, denke ich. Der notorische Sarkast wird vom Notarztwagen überfahren, gleich unterhalb der beiden größten Friedhöfe hier. Ich liebe den Humor meiner höheren Macht und bin zugleich dankbar, einmal mehr davongekommen zu sein, wie man so sagt. Wobei Davonkommen schon mehrdeutig ist.

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So, genug Besinnliches, flach kann ich auch. Dem Netzfund unten sei Dank durfte ich gestern Abend milde lächelnd einschlummern (Man beachte auch die unten stehenden Worte).

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Und zum Schluss noch ein paar romantische Touri-Bilder aus dem Tal der Wupper. Restlicht und so.

Sonntag, 230924

Netzfund

Bildhafter geht es kaum noch. Ein gutes Symbol für alle Arten von Suchterkrankungen und zwanghaften Verhaltensweisen. Wäre die Lösung nur so leicht, wie das Bild vermuten lässt. Leider hat Vertrautes eine unglaubliche Macht, auch vertraute Beschränkung. Was gegen die Angst hilft, ist Vertrauen in Unvertrautes. Und Menschen, die den Weg schon vorausgegangen sind.

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Sonst so? Die Kreuz- oder Diakoniekirche zu Wuppertal wird gerade hübsch illuminiert.

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Und zum Schluss unser alter Hütekater der roten Laterne. Wüsste ich es nicht besser, ließe der Anblick fragwürdiges Etablissement vermuten.

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