Sonntag, 240414

Triggerwarnung – las ich gerade bei der Wildgans. Ein völlig überstrapazierter Begriff, der in letzter Zeit allerorten zu lesen/zu hören ist. So als solle der schöne neue Mensch allzeit gewarnt werden/sein, was im Leben unangenehm berühren und/oder erinnern könnte. Hallo – denkt es in mir – unangenehme Gefühle sind doch auch Teil des Lebens, immer schon gewesen. Das Beste an ihnen ist doch, dass sie nicht nur einen Anfang, sondern auch ein Ende haben, zu ihrer Zeit , und uns nebenbei auch etwas lehren wollen.

Neulich sah ich schon die erste Fußmatte mit dem fein eingewirkten Aufdruck „Triggerwarnung“. Da kann man sich was bei denken, ist so ein Ding doch drehbar, je nach Stimmung oder herrschenden Verhältnissen, drinnen wie draußen. So kann beim verlassen der Wohnung vor der bösen Welt gewarnt werden, oder – Mensch, der Einlass begehrt, vor dem, was in der Wohnhöhle möglicherweise vorzufinden sein könnte. Ok, ich steigere mich da in was hinein – war nur Spaß, das mit der Matte. Allerdings gibt es „konfigurierbare Fußabtreter“ und somit zumindest die theoretische Möglichkeit der Verwirklichung meiner Ausführungen.

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Noch ein paar Kiezbilder – vielleicht sollten manche Stadtviertel nicht nur am Beginn der Einfallstraßen zur „Tempo-30-Zone“ deklariert werden, sondern auch noch den Zusatz „Triggerwarnung“ erhalten …

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11 Gedanken zu “Sonntag, 240414

  1. Diese Abschirmmentalität kann ich auch oft schwer nachvollziehen, aber anscheinend ist die Realität den Menschen heute nicht mehr zumutbar. Den Bubbles sei Dank bleibt es uns erspart irgendetwas anderes zu sehen oder zu lesen als das, was wir uns selbst aussuchen. Nur dumm, wenn man dann das Handy weglegt und rausgeht in die wirkliche Welt …

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  2. Der Rundgang gefällt mir gut, gerade mit den Kleinigkeiten, die einen Anblick bieten zwischen zweckfreier Kunst, was es sein könnte, oder Depression, was man schnell wieder wegdenken müsste, aber eben ohne Triggerwarnung, weil nicht alles Negative im Leben gleich einem Trauma daherkommt, sondern bloss nicht schön ist.
    Gestern hörte ich imir mal wieder beim Hundespaziergang einen DLF-Kulturbeitrag an, was ich gerne unterwegs tue, damit mich Maxis schwäche- und angstbedingte Trödelei weniger nerven kann (ja, da ist tatsächlich echtes Trauma dahinter, und den Hund warnt niemand, es würde auch nichts nützen, die muss da mit Geduld durchgeleitet werden). Jedenfalls fand ich den Beitrag der Philologieprofessorin Melanie Möller sehr gut, die ein Buch geschrieben hat über ‚Die Überforderung, einen Freiraum zu haben‘, wobei es in erster Linie om das derzeit so oft thematisierte nachträglich Entfernen diskriminierender Begriffe aus Büchern geht, eine allzugut gemeinte Zensur, statt den Menschen ein eigenes Urteil zuzutrauen und zuzumuten.

    https://www.deutschlandfunkkultur.de/der-entmuendigte-leser-streitschrift-fuer-die-freiheit-der-literatur-dlf-kultur-6c7031e7-100.html

    Ich bin schon als ziemlich kleines Kind immer aus dem Zimmer gegangen, wenn mir im Fernsehen etwas unangenehm zu werden schien und das halte ich immer noch so, dass ich nicht alles konsumiere, was andere auf Bestsellerlisten sehen wollen. Das gilt auch für Blogs und ihre Einträge, die nach einem kurzen Blick normalerweise schliesslich auch noch nicht ausreichen, um unangenehm nachzuwirken, sondern nur angerissen ausreichen, nicht weiterzulesen.

    Nach meinem Empfinden lösen Triggerwarnungen eher schon vage Angst aus, bevor überhaupt ein eigenes Urteil entstehen kann, ob da etwas auf einen zukäme, dem man ausweichen möchte.
    Anderes im Alltag wirkt ungefiltert auf einen ein, ohne dass eine Bedenklichkeitserklärung draufklebt und die Realität ist so unausweichlich präsent, dass man auch die Signale selber anaylysieren muss, um sich distanzieren zu können.

    Ein positiver „Trigger“ – gibt es schlieslich auch – ist für mich das 3. Foto mit dem lediglich am rechten Bildrand angedeuteten Kirchturm und dem „Steinhaufen“, denn es erinnert mich an einen Besuch in Budapest, wo ich auf dem Burghügel vor der Maria Magdalena Kirche rechts davon mit Natursteinen einen ganz ähnlich wirkenden Anblick gesehen habe meine, gesehen zu haben, und das macht mir Freude.

    Hab einen schönen Sonntag!

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  3. Inzwischen hat man teilweise das Gefühl, alle werden von allem getriggert.
    Wo ich es nachvollziehen kann, aber da wird meist eine andere Wortwahl genutzt, ist Suizidgefährdung und Presseberichte.
    Aber ansonsten frage ich mich auch ein ums andere Mal, wem soll ich denn mehr trauen als mir selbst, ich beginne etwas zu lesen und merke dann, es tut mir nicht gut. Dann höre ich doch aus eigenem Antrieb auf, oder? Wer zwingt mich denn, auf Teufel komm raus weiterzulesen?
    Wenn ich es nicht schaffe, meine Grenzen wohldosiert auszutesten, dann wird mein Spielraum immer kleiner statt größer. Meiner Meinung nach jedenfalls.

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