Dienstag, 210921

Wieder so ein Datum, ein Anna-Datum,
weil von vorne wie von hinten lesbar.
Und – Vollmond.

Leider bekomme ich ihn nicht besser eingefangen, mit dem Phon und der Licht-verseuchten Stadt. Aber immerhin etwas. Wenn ich ihn sehe, bleibe ich stehen und staune. Früher war er für mich das Symbol für Durst und gnadenlose Gier. Nachdem ich lernen durfte, dass bei mir demzufolge jeder Tag Vollmond war, konnte ich ihn anschauen und einfach nur staunen, über den Trabanten, der Meere hebt und senkt, über den Zauber der Gravitation und über die Mystik hinter dem hellen Ding. Auf unser Befinden soll er auch einigen Einfluß haben, sagt man. Astrologisch steht der Mond in meinem Geburtshoroskop in seinem Heimathaus, dem Krebs und so ziemlich das meiste von dem, was darüber geschrieben steht, kommt irgendwie hin. Isso. Und damit niemand merkt, was für eine Mimose ich bin, hat mein Schöpfer mir ein großes Maul und eine mitunter ruppige Art verpasst. Aszendent Löwe eben. Das alles im Zeichen der Luft, Sonne im Zwilling. Wenn viel Wasser auf noch mehr Luft trifft, entstehen Wellen. Viel Wellen manchmal. Mensch lernt damit zu leben, auch bei Vollmond, der mir, der ich solcher Art astrologisch gesegnet bin, regelmäßig wüste Träume beschert. Irgendwann habe ich das große Buch der Astrologie zugeklappt und beschlossen, mit alledem irgendwie zu leben, anstelle mit ständig Erklärungen für das eine oder andere herauszusuchen. Kommt Mensch nicht weit mit und führt in der Regel nur zu heftigen Kopfnicken. Oder Schütteln, je nach dem Grad der Erkenntnis.

Sonst so?
Da war doch noch was – genau, 1988 …

*

Netzfund mit Erinnerung

Remscheid, 1988

Unsere Aufgabe als Helfer des THW damals war unter anderen das suchen von Munition und anderen technischen, militärischen Gerät, welches über die Unglücksstelle verstreut lag. Zu diesen Zweck begleitete uns ein sachkundiger Soldat. Man erzählte uns zuvor etwas von „Übungsmunition“, welche der Flieger an Bord gehabt haben sollte. Klang harmlos, aber die Aussage des Soldaten belehrte uns eines besseren. Einzig das Projektil dieser Waffen sei ein anderes, Spreng- und Treibsatz der gleiche.

Ferner hatten wir menschliche Überreste einzusammeln. Zu diesem Zweck standen überall „Fleischwannen“ umher, in welchen dieses zu deponieren sei. Eine Szenerie wie in einem schlechten Horrorfilm, für mich unvergesslich.

Unvergessen auch das Auftreten der Amerikaner. Sie sperrten das ganze Viertel weiträumig ab, hinderten Anwohner daran, ihr Hab und Gut zu sichten, während durch die Hinterhöfe die Plünderer sprangen und sich bedienten. Hier erfuhr ich erstmalig live, was es heißt, in einem besetzen Land zu leben. Unvergessen auch der unselige Auftritt des damaligen Verteidigungsministers Rupert Scholz am darauf folgenden Wochenende in Remscheid, dem ein wütender Empfang bereitet wurde.

Es wurde in diesem Zusammenhang gelogen, das sich die Balken bogen…seit dieser Zeit kann ich nur jedem raten, im Falle eines solch großen Unglücks mehr seiner Intuition zu trauen als irgendwelchen staatlichen Institutionen.