Karfreitag, 230407

Still ruht der See, selbst habe ich Kater in den Knochen, die Autoräder gestern. Tatsächlich habe ich es noch geschafft, die zu wechseln. Wie das kam – ein Parkplatz direkt vor der Türe, Bedingung Nummer Eins. Nach dem Nachmittagsschläfchen dann ein Blick auf den Wetterradar, genau noch ein Stunde trocken, hieß es da. Bedingung Nummer Zwei also auch erfüllt, äußerer Druck. Den braucht es, um den Stein ins rollen zu kriegen, bei mir. Zwei Kraftakte an einem Tag (der erste war eine Grundreinigung des seit vielen Jahren komplett verölten Werkstattbodens) – meine ramponierten Leisten jubeln mir gerade Beifall heißend zu.

Zeit zum erholen hat es ja jetzt.

Sonst so?
Persönliches beim Wassertiger.
Tagesgemäß – Abschied, Trauer und Vergebung.
Abgesang, Teil 3

~

Sonntag, 220306

Alte Bekannte

In meinem Bauch, da wohnt ein Tier. Wenn es sich meldet, zieht sich nicht nur der Magen zusammen, alles andere reagiert ebenso, auf ungesunde Weise. Es hat spezielle Ernährungsgewohnheiten, das Tier. Seine Leib- und Magenspeise (ich höre es gerade leise kichern) sind lose Nervenenden. Es knabbert daran wie an Salzstangen. Der restliche Ernährungsplan ist auch nicht ohne. Vor allem nimmt es zu viel, von allem. Unmaß heißt das, glaube ich. Zu viel Ratio, zu viel Information, zu viel Bilder, zu viel Analyse, zu viel vermeintliche Logik, zu viele natürlich vergebliche Versuche, in anderer Menschen Köpfe zu stecken.

Wir sind alte Bekannte, das Tier und ich. Es wurde zeitgleich mit mir in diese Welt gesetzt. Es ließ sich eine Weile milde stimmen mit einer Menge Alkohol und anderer Sachen. Bis es sich daran gewöhnte, immer mehr Toleranz entwickelte, sozusagen. Es war kein Weg für ein gutes Miteinander und bald lief das Tier zur Höchstform auf, entwickelte sich vom heimlichen zum unheimlichen Machthaber meiner unsterblichen Seele, mit allen gruseligen Begleiterscheinungen. Später dann, viel später fand ich heraus, wie wir miteinander klar kommen. Es ist ein einfacher Satz nur, wenige Worte, die nicht aus meinem Mund kommen, Worte, die gefühlt und nicht gesprochen werden. Worte, die der Stille bedürfen, die aus dem unterlassen aller Aktivitäten wachsen, aus dem zur-Ruhe-kommen alles mehr oder weniger sinnvollen Tuns entstehen.

Ich bin bei Dir, fürchte Dich doch nicht, ich bin immer bei Dir.

~ ~ ~

Sonst so?

Ich bin der Kümmerling. Kümmere mich um alles, das macht gutes Karma, glaube ich, keine Ahnung. Hat mit der ersehnten Ruhe nicht viel zu schaffen, ist aber schlicht von Nöten. Bei den Eltern zum Beispiel. Speicher saugen, Keller fegen, Flusensieb säubern, Müll herunter und Wäsche herauf bringen, lästige Korrespondenz in Vollmacht erledigen, so Sachen eben. Zuhause geht es dann weiter, und manchmal bekommt das bizarre Züge.

So geschehen dieser Tage. Die Waschmaschine nimmt kein Wasser mehr. Das war kein böser Wille von ihr, es ging schlicht nichts mehr durch den Hahn hindurch, dauerhaft geschlossen, Dank Kalk und viel Zeit. Also bewaffne ich mich mit einer Schieblehre und versuche, das gülden schimmernde Innenleben zu definieren, soweit man das kann, ohne es zu demontieren. Es gibt bekanntlich eine Menge davon, so können ein paar Zahlen nicht schaden. Damit versehen führe ich Telefonate, mit Handwerksbetrieben auf dem Weg. Nö, sagen die verkaufen tun wir nix, kommen aber gerne gucken. Vielen Dank, kann ich selbst, sage ich und freunde mich mit einem Baumarktbesuch an. Ich mag die Märkte nicht, aber was nützt es. Also hin und suchen und messen, gucken, das rechte finden und wieder heraus, nach Hause. Wasser abgedreht, altes Zeug heraus gedreht, Neues herein, zuvor noch geguckt, ob eine Dichtung dabei ist, Wasser wieder an, nochmal gucken, alles schön dicht. Freude und Danksagung nach oben, ab auf das Sofa, Belohnungsschläfchen.

Derweil irgendwann kommt die Liebste heim. Wach, wie ich mittlerweile bin, höre sie im Bad rumoren, die Wäsche ist ihr Ding. Dann höre ich sie meinen Namen rufen und irgend etwas gefällt mir an ihrer Stimme nicht, also stehe ich zeitnah auf. Gehe ins Bad und sehe sie in einer riesigen Pfütze stehen. Mir rutscht das Herz in die Hose, das Tier freut sich über den Besuch auf der Durchreise nach weiter unten und kichert wieder. Scheiße – Kran gerissen oder was, bist zu blöd zum schrauben? Setze mich, nachdem die Sauerei beseitigt und alles abgetrocknet ist, aufm Klodeckel und beäuge mit Hilfe eines Hand-Flakscheinwerfers den Kran, derweil die Maschine noch einmal das gleiche tut wie gerade eben. Nichts geschieht, alles trocken, der Kran unversehrt.

So langsam zweifele ich an meinem Verstand. Wo kam das verdammte Wasser her? Die Maschine ist relativ neu und kein Billigprodukt, eher unwahrscheinlich, dass da schon was ist. Frage mal nach einem detaillierten Tätigkeitsbericht und höre heraus, dass nach erfolgter Wäsche die Schublade für Waschpulver und so herausgezogen wurde, zwecks einer Säuberung. Ein Riesenteil, das nicht so recht in das Waschbecken passt. Na, schon jemand eine Ahnung? Richtig. Das Wasser muss zum einen Ende hinein gelaufen sein und unbemerkt aus dem anderen wieder hinaus, das außenbords hing. Erinnert irgendwie an dem kaputten Duschvorhang, der alles unter Wasser setzt, nur weil er außen umher hängt…

Toll, Toll, sage ich. Machst hier Gaslighting mit mir, kippst n Eimer Wasser aus und suggerierst mir, zu blöd zu allem zu sein. Wir lachen und selbst das Tier hat Spaß. Immerhin.

*

Karfreitag, 210402

Die Woche steckt mir in den Knochen, gut ist, dass wir daheim bleiben. Obgleich mir die Sippe schon fehlt. Es kommen auch andere Zeiten. Und sonst? Im Radio war gerade von Trost, vom trösten die Rede. Lange Zeit in meinem Leben war ich untröstlich, sozusagen. Das ist heute Gott sei Dank anders, hier und da darf ich auch Trost weiter geben, wenn ich kann und es angemessen ist.

Irgendwann ist für alle Menschen ein erstes Mal, eine Zeit, wo etwas völlig Neues erfahren, gefühlt wird. Derjenige kann von Glück sagen, wenn er/sie dann Menschen um sich hat, denen das für ihn Neue schon vertraut ist, Menschen, die beistehen können und sei es nur als Zuhörer. War mir nie so bewusst wie in der letzten Zeit, die Jahre bedingen viele erste Male für mich, von denen ich bei Gelegenheit erzählen kann, wenn es denn jemand hören möchte.

Was noch? Das erste Mal (!) den kranken Arm getapet, dank Anregung von Fabulierlust, Danke dafür nochmal. Eine für mich einigermaßen brauchbare Anleitung dazu fand ich hier, mal sehen, ob und wie das hilft.

Und – bin ja schon eine Weile wach – aber unmittelbar nach dem wach werden fühle ich mich so, wie die hier ausschaut…

*