Geduld ist meine Stärke nicht. Das liegt sozusagen in der Familie, da hat sich mein Schöpfer etwas bei gedacht, mich diesbezüglich so mangelhaft auszustatten. Also bekomme ich Übungsaufgaben, die ich ihm liebend gerne zurückgeben würde, frei nach dem Motto: Was soll ich mit dem Scheiß… Das hat er aber nicht so vorgesehen, also muss ich da durch. Stichworte? Familiärer Fahrdienst Wochentags um 17.00 durch die Innenstadt. Anliegen bei Behörden, Krankenkassen, und einiges dergleichen mehr. Als wenn das an sich nicht reichen täte, soll ich die frohe Botschaft der Geduld gleich weitergeben, an meinem kranken Vater, der mich in Sachen Geduld noch locker toppt, rückwärts betrachtet.
Analogien helfen beim Verstehen. Im letzten Jahr ging ich eine Weile regelmäßig zu einer kontemplativen Meditationsgruppe, was mir gut getan hat, aber leider aus Zeitgründen eingeschlafen ist. Im Bewusstsein geblieben ist mir die Praxis dort schon. Sitzen, schweigen, unterbrochen von Geh-Meditation, im Kreis durch den Raum, mal etwas zügiger, auf ein Zeichen dann so langsam als möglich. Jetzt habe ich wieder Gratis-Stunden, nur in einem etwas anderen Umfeld. Statt alter, heimeliger Kirchengemäuer findet die Geh-Meditation in der nicht ganz so heimeligen Geriatrie eines Krankenhauses statt, es riecht nicht nach Weihrauch, sondern nach ganz anderen Sachen. An der Seite meines Vaters dort, der mit seinem Rollator in etwa die Geschwindigkeit des achtsamen Gehens trifft.
An guten Tagen verliert sich so das Gefühl, Vollgas mit angezogener Handbremse durch das Leben gehen zu müssen und wird ausgetauscht von der Ruhe, die ich damals in der alten Kirche empfunden habe. Alles macht seinen Sinn, solcher Art.
Und – stimmt, es ist Sonntag…
Unsere „Ursubstanz“ ist Stille und Leere, für alles Andere ist unser „Verstand“ schuld, wenn wir ihm zuviel Raum lassen. Der Preis für`s Menschsein.
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Ja…
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Interessant, dass du heute ebenfalls über (Geh-)Meditation schreibst. Habe es eben erst gesehen. Mein Vater ist auch krank. Eine große Aufgabe. Ich wünsche dir Geduld und Kraft. Du kannst das.
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Unsere Generation … gute Wünsche auch dir!
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Geduld ist halt so ein Ding. manchmal hat man sie, manchmal nicht. ich habe heute wieder umgedreht, nachdem ich die Warteschlange an der Kasse vor dem Hallenbad gesehen habe. Vertane Lebenszeit. Die Wanne zuhause war mindestens genauso schön.
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Ich finde mich da in vielem wieder.
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…..unabhängig von der Gehmediation: hat die Geduld, die wir aufbringen können nicht damit zu tun, für was oder für wen wir sie aufbringen (müssen? wollen?)?
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Sicher gibt es Situationen, die der Geduld nicht wert sind. Oder schnelle Entscheidung fordern.
Schön, mal wieder von dir zu lesen!
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Wieder mal so treffend beschrieben. Ich bewundere deinen Schreibstil … wirkt so gar nicht von einem ungeduldigen Menschen ausgehend …
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Scott Stossel beschreibt das recht gut …
https://wupperpostille.wordpress.com/2019/12/28/schraube-locker/
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Ich habe vor einigen Jahren Ähnliches gelesen. Der ruhige Erzählstil verbirgt die Traumata, die innere Verfassung. Dennoch können auch ruhige Gedanken unsere innere Verfassung real beeinflussen, ich bin zum Beispiel weniger ängstlich geworden mit der Zeit. Mentales Training aufgrund von Studien, Lektüre, Schreiben …
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Es wird besser, mit den Jahren.
Gott sei Dank.
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Na……wem dankst Du jetzt: Gott, der Zeit oder Dir………? weil: ohne Dich…..
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Wie geschrieben – Gott sei Dank.
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Du inspirierst mich 🙂
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